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Texaner kandidiert zur US-WahlBeto O'Rourke will Präsident werden

Der 46-Jährige Kongressabgeordnete der Demokraten hat Geld, er kann rollerskaten und Reden halten. Seine politischen Ziele bleiben nebulös.

Beto O'Rourke möchte im Auftrag der Demokraten für die Präsidentschaftswahl antreten Foto: AP

New York taz | Robert Francis O'Rourke hat es offiziell gemacht. Der 46jährige Texaner ist der neueste Mann in dem Gedrängel von bereits mehr als einem Dutzend KandidatInnen der Demokratischen Partei um die Präsidentschaft. In seinem Bewerbungsvideo sagte er über sein Land: „Wir sind heute, mehr denn je die letzte große Hoffnung auf der Erde“.

Dabei gestikulierte er wie üblich so heftig mit dem rechten Arm, dass seine neben ihm sitzende Gattin Amy, die ihm schweigend und lächelnd den linken Unterarm hielt, auf der Couch auf und ab wippte. „Beto“ hat in einem Senatswahlkampf im letzten Jahr eine Coolness gezeigt, die ihm nationale Aufmerksamkeit verschaffte.

Er kann rollerskaten, hat in einer Punkband gespielt, er bringt eine junge Familie mit, und er ist in der Lage mit flotten Sprüchen seine Zuhörer in Bann zu halten. Außerdem hat er Geld und ist in der Lage, Dollar-Spenden in zweistelliger Millionenhöhe anzuschaffen. Aber sein bisher größter Pluspunkt war seine Niederlage im vergangenen November. Bei der Senatswahl schaffte er es dem republikanischen Schwergewicht Ted Cruz auf einen Prozentpunkt nahe zu rücken.

Wofür er politisch steht, ist weniger klar. Er nennt seine Kandidatur die „größte Grassrootskampagne, die das Land je gesehen hat“ und er zählt sämtliche Punkte auf – von der Krankenversicherung, bis zur Unabhängigkeit von großen Konzernen – die heutzutage zum Muss für KandidatInnen der Demokratischen Partei gehören. Aber sein Programm ist undeutlich. Bis Ende letzten Jahres saß er sechs Jahre lang als Abgeordneter im Repräsentantenhaus.

O'Rourke machte früher Kampagnen für die Republikaner

Aus dieser Zeit stammen ganze drei Gesetzesinitiativen von ihm. Er hat sich nicht den Progressiven in der Demokratischen Fraktion angeschlossen, sondern war Mitglied des Clinton-Zirkels „New Democratic Caucus“. Und seit Donald Trump Präsident wurde, hat „Beto“ in 30 Prozent der Abstimmungen im Repräsentantenhaus für die Initiativen der RepublikanerInnen gestimmt.

O'Rourke ist in einer irisch-walisischen Familie in El Paso aufgewachsen. In der Grenzstadt, wo Spanisch die zweite Sprache ist, bekam er schon als Kind den Spitznamen „Beto“. Und in der lokalen Politik in El Paso hat er mal Kampagnen für die Demokratische mal für die Republikanische Partei gemacht. Als er Politiker im Stadtrat von El Paso war, Chicano-AktivistInnen zu seinen KritikerInnen.

Er hatte „ihren“ Stadtteil – El Segundo Barrio – zu einem Kunst-Viertel gemacht, was die alteingesessene, zahlungsschwache Latino-Bevölkerung mit Gentrifizierung bedrohte. Auch in Migrationsfragen hat O'Rourke lange ein niedriges Profil bewahrt. Als er im Wahlkampf des letzten Jahr die Mauerpläne von Trump kritisierte, spottete der prominente texanische Demokrat Luis Gutierrez: „Ich bin sehr angenehm überrascht, dass Beto O'Rourke sich plötzlich für Immigration interessiert.“

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6 Kommentare

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  • USA = Augsburger-Puppenkiste !

  • Das Sytem in den USA hat doch immer wieder nur Kandidat*innen hervorgebracht, die extrem viel Geld von der falschen Seite bekommen.... Hoffentlich geht das bei O'Rourke nicht so schnell unter.



    www.theguardian.co...try-climate-change

  • Mit anderen Worten: Ein profilloser Schwätzer. Hat sich Obama liften lassen?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Nun ja.... "profilloser Schwätzer" ist wohl etwas zu hart. O'Rourke begeisterte sich schon in jungen Jahren für Politik und sein Vater, ein einflussreicher Richter, ebnete ihm den Weg - daraus resultiert, daß er bestens vernetzt ist. So konnte er zur Senatswahl auf 80 Mio Dollar Wahlkampfspenden zurückgreifen; eine stolze Summe aber zur Präsidentschaftswahl wird er sicher leicht noch wesentlich mehr mobilisieren können. Und abgesehen von seiner Prinzipienlosigkeit hat er sich doch als fähiger Politiker entpuppt, wie auch Obama einer war. Was ihm von Obama unterscheidet: Obama war im Wahlkampf immer "cool", "gut aufgeräumt" und rhetorisch versiert. O'Rourke wirkt immer, als würden ihm die Gedanken davoneilen; ständig wechselt er die Themen und manchmal wirkt es, als hätte er nach einer Antwort die Frage vergessen. Auch seine Gestik wirkt, als würden einen Cheerleader die Nerven durchgehen......

      Nichtsdestotrotz: O'Rourke kann, und wird sicherlich, noch an seiner Präsentation arbeiten und wenn er sich dem linken Parteiflügel anbiedert, wovon wohl auszugehen ist, ist er im Augenblick wohl der Kandidat, der die besten Chancen gegen Trump hat.

      Allerdings hat er aber eine massive Schwäche: er ist wegen Einbruchs und einer Trunkenheitfahrt gleich zweimal vorbestraft. Waren "Jugendsünden"; alles verjährt, aber ein Trump wird das sehr wahrscheinlich dennoch zum Thema machen.

      Und das auch durchaus zu Recht: egal was man von Trump hält, aber er hat was mit Jürgen Klopp gemeinsam: er stellt sich immer vor seine Jungs. Und O'Rourke nannte die US Polizei vor nicht allzu langer Zeit die "new Jim Crow".

      • @Der Mann, der unter einem Stein hervorkroch:

        "Nichtsdestotrotz: O'Rourke kann, und wird sicherlich, noch an seiner Präsentation arbeiten..."

        Genau das ist das Problem dieser "modernen" Politiker. Der Schwerpunkt liegt auf der Präsentation, nicht auf den Inhalten. Bei O'Rourke ist es offensichtlich sogar völlig egal, für welche Partei er antritt. Hauptsache er verkauft seine Person gut.

        Mit solchen "Fähigkeiten" kann man vielleicht Wahlen gewinnen. Aber man kann damit definitiv kein Land gut regieren.

  • Auf jeden Fall der Wunschkandidat der deutschen urbanen Bewegungslinken, denen Sanders zu links und die Frauen zu sehr Frau oder zu jung waren.