Teurer neuer Bahntunnel: München 21 droht
Ein S-Bahn-Projekt in der bayerischen Landeshauptstadt soll 400 Millionen Euro mehr verschlingen als geplant. Die Kosten sind nicht das einzige Problem.
MÜNCHEN dapd | Erneut droht ein großes Bauprojekt in Deutschland deutlich teurer zu werden als geplant. Wie die Süddeutsche Zeitung am Freitag unter Berufung auf eine Auflistung des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn berichtet, werden die Kosten für die geplante zweite S-Bahn-Stammstrecke in München mit einem Tunnel unter der Innenstadt mit 2,433 Milliarden Euro veranschlagt – statt der bisher von Bahn und Freistaat genannten 2,047 Milliarden Euro.
Begründet werde dies mit der Terminverschiebung um zwei Jahre und höheren Planungskosten. Konkret ausgeführt werde keiner dieser Punkte, heißt es in dem Bericht. Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) soll die dortigen Planungen zudem als mangelhaft kritisieren und Sicherheitsprobleme monieren. Es werde Probleme bei der Verknüpfung der neuen S-Bahn-Trasse mit den bestehenden U-Bahn-Linien geben, schreibt der Münchner Merkur. Vor allem im Hauptbahnhof der bayrischen Landeshauptstadt seien die Voraussetzungen für einen sicheren Betrieb der S-Bahn, etwa bei Notfällen, nicht gegeben.
Der bayerische Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) erklärte, dass es eine inhaltliche Abstimmung der Kostensteigerungen mit dem Freistaat nicht gegeben habe. „Das Vorgehen der DB AG kann nicht hingenommen werden“, kritisierte er. Es könne nicht sein, dass der Aufsichtsrat der Bahn kurz nach der Einigung aller Beteiligten auf die Finanzierung die Gesamtkosten ohne vorherige Abstimmung einseitig in Frage stelle.
„Wir haben am 26. November 2012 unter Beteiligung von DB-Vertretern ein striktes Risikokontrollmanagement vereinbart. Für mich ist es nicht vorstellbar, dass sich die Kosten in gut zwei Wochen zwischen dem Spitzengespräch und dem DB-Aufsichtsrat am 12. Dezember 2012 deutlich erhöht haben.“
„Alternativplannungen“
Der Vorsitzende der Freien-Wähler-Landtagsfraktion, Hubert Aiwanger, forderte dazu auf, in „Alternativplanungen“ einzusteigen. „Sonst stehen wir am Ende mit leeren Händen da wie beim Transrapid. Auch der ist an Kostensteigerungen gestorben.“ Der bayerische Steuerzahler könne das Risiko für eine Finanzierungslücke nicht übernehmen.
Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im bayerischen Landtag, Thomas Mütze, bezeichnete die zweite S-Bahn-Stammstrecke als „riesige Seifenblase kurz vorm Platzen“. „Dass uns hier ein München 21 droht, bei dem am Ende der Freistaat an explodierenden Mehrkosten hängen bleibt, ist absehbar“, sagte er mit Blick auf das Bahnprojekt Stuttgart 21. Zusätzlich zum 400-Millionen-Euro-Loch seien weitere Kostensteigerungen wegen Sicherheitsmängeln an den neuen Bahnsteigen in Höhe Hunderter Millionen Euro zu erwarten.
Leser*innenkommentare
Harald
Gast
Man muss sich mal klarmachen, dass Aufträge im öffentlichen Bereich per Ausschreibung vergeben werden. Um so einen Auftrag zu bekommen wird also lächerlich niedrig angeboten, später heisst es dann, upsi, da ham wir uns wohl verrechnet, das war so nicht absehbar, so geht das nämlich.
In München geht es um den Umbau des Bahnhofs, vor den Kosten drückt sich die Bahn seit Jahren, der neue Tunnel erzwingt aber diesen Umbau, Politik, ja?
robbyy
Gast
Nun, hier spüren die Schwarzen jetzt am eigenen Leib, was es heißt sich mit Vetterleswirtschaft und ohne wirkliche Ahnung auf ein Riesenprojekt mit der Bahn einzulassen...
Bleibt zu hoffen, dass sich auch die CSU ähnlich strikt wie grün/rot in BaWü zeigt und jegliche Übernahme von Mehrkosten ablehnt.... falls sie nicht noch schlechtere Verträge gemacht haben...
Es zeigt sich immer wieder, dass sich einige ihre Taschen auf Kosten der Öffentlichen Hand vollstopfen wollen und die schwarz/gelben Klientelpolitiker denen munter unter die Arme greifen.
Celsus
Gast
Das braucht doch die Welt nicht. Schon jetzt sind die deutschen Fahrpreise europaweit am höchsten. Und gigantnische Ausgaben für nicht erforderliche Gigantomanien statt Investitionen in die breite Fläche lassen die Preise sinnlos explodieren, ohne die erforderlichen Erneuerungen bei Anlagen geleistet zu haben.
Wo bleiben denn diejenigen, die bei jeder Steuererhöhung über negative Auswirkungen auf die Wirtscahft klagen? Sehen die nicht, dass auch die hohen Fahrpreise nicht nur sozial sondern auch wirtschaftlich schädlich sind?
Aber das soziale Problem wird wohl nicht gesehen. Lieber wird den Vorgaben der Kanzlerin bei der privatisierten Bahn gefolgt, die in Richtung eines vorgeschriebenen Personalabbaus gehen. Darunter dann auch Bahnausbesserungswerke, die nur zum Beispiel für regelmäßige Kontrollen der als ICE fahrenden Züge gebraucht worden wären.
magy
Gast
Wohnungen zu bauen wäre sinnvoller, vor allem bezahlbare Wohnungen auch für ältere Menschen, die durch die niedrigen Renten kaum noch Geld zum Überleben haben.
Robert
Gast
Warum wollen die Planer immer die ganz große Lösung, die dann doch keine ist? Ein S-Bahn Ring um die Münchner Innenstadt wäre (überwiegend auf vorhandenen Strecken) schneller und billiger zu bauen. Dann müssen auch nicht mehr alle durch die Innenstadt, wenn sie zum Beispiel vom Norden in den Süden wollen...