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Testpflicht für Schü­le­r*in­nenNasebohren geht auch Zuhause

Kommentar von Susanne Memarnia

Die Berliner Testpflicht für Schü­le­r*in­nen ist richtig, wenn man die Schulen offenhalten will. Aber warum müssen das die Leh­re­r*in­nen machen?

Irgendwo in Rheinland-Pfalz: Lehrerin erklärt Selbsttest für Schüler, viele Erwachsene schauen zu Foto: dpa

E s ist richtig, am Modell des Wechselunterrichts festzuhalten, auch wenn die Corona-Zahlen gerade wieder steil nach oben gehen. Zumindest für die Kinder und Jugendlichen ist es die bessere Strategie – nicht weil sie in der Schule mehr lernen als Zuhause (das trifft auf viele sicher auch zu), sondern vor allem wegen dem, was Schule sonst noch ist: soziales Miteinander, Treffpunkt mit Freunden, Austausch und Anregung.

In der Pandemie ist alles, was jenseits der eigenen Familie und vier Wände stattfindet, eine Wohltat für Körper und Seele. Das wissen auch Erwachsene, die in letzter Zeit nur deswegen manchmal ins Büro gehen, um dem vermaledeiten Homeoffice für einen Tag zu entkommen. Und die armen 7.-9. Klässler waren seit Dezember nicht mehr in der Schule!

Dass Leh­re­r*in­nen und Erzieher*innen, die großenteils noch ungeimpft sind, primär ein anderes Interesse haben, nämlich nicht noch auf den letzten Metern vor Erreichen der Herdenimmunität krank zu werden, ist zwar verständlich. Aber genau solche Abwägungen muss Politik eben machen. Und es war klug von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) dafür im Gegenzug die Testpflicht an Schulen einzufügen.

Allerdings kann man in Frage stellen, ob dafür wirklich die Schulen zuständig sein müssen und können. Ist es realistisch, dass LehrerInnen mit 12 Kindern gleichzeitig ordnungsgemäße Tests durchführen können? Was passiert mit „positiven“, bis sie wieder abgeholt werden? Warum lernen die Kinder jetzt nicht zusammen mit den Lehrer*innen, wie Testen richtig geht, um es künftig Zuhause – mit oder ohne Eltern – selber zu machen und das Testergebnis mitzubringen?

Man traut den Eltern nicht

Die Antwort ist klar: Weil man den Eltern, beziehungsweise manchen oder einigen, nicht vertraut. Man glaubt offenbar, dass manche entweder zu blöd sind, einen Selbsttest richtig durchzuführen oder gar so unsolidarisch, dass sie ihr Kind trotz positiven Tests in die Schule schicken.

Natürlich wird es das auch geben. Aber man kann im Umkehrschluss nicht alles auf die Schulen abladen, weil man Eltern für unfähig hält. Das hat man beim Homeschooling im Übrigen auch nicht gemacht, da ging man einfach davon aus, dass Eltern es schon schaffen werden mit ihrem Kind Dreisatz oder englische Grammatik zu lernen. Da werden wir gewiss noch einen einfachen Nasebohr-Test hinbekommen.

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Redakteurin taz.Berlin
Jahrgang 1969, seit 2003 bei der taz, erst in Köln, seit 2007 in Berlin. Ist im Berliner Lokalteil verantwortlich für die Themenbereiche Migration und Antirassismus.
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8 Kommentare

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  • "Aber warum müssen das die Leh­re­r*in­nen machen?"

    Hier in Nds reicht ein Zettel mit " Ich habe einen negativen Test gemacht", vielleicht deswegen?

    • @nutzer:

      Das ist auch genau der richtige Weg. Warum sollten kranke Schüler erst in die Schule um zu erfahren, ob sie am Unterricht teilnehmen dürfen.

      • @Martin_25:

        ein Test, der nur zu 50% genaue Ergebnisse liefert, ist für ein Verhindern von Ansteckung ohnehin denkbar schlecht geeignet. Zum Aufspüren von Infektionsherden, aber sehr gut geeignet. Individuelle Ansteckung lässt sich trotz Test gar nicht nicht ausschließen.



        Das es Eltern gibt, die nicht testen wollen, die Fehler bei der Ausführung machen oder einfach aus systemischen Zwängen nicht die Kinder zu Hause lassen können, der Möglichkeiten gibt es viele und niemanden ist ein Vorwurf zu machen.



        Aber wenn man sich schon auf solch ungenaue Tests verlässt, sollte wenigstens kontrolliert werden, wie und ob sie durchgeführt werden.

  • Die Tests sollten von Sanitätern, Krankenschwestern oder anderen qualifiziertem Personal vor Ort durchgeführt werden. Der Senat hatte Zeit sich entsprechend zu kümmern - und laden alles Verantwortung sif andere ab, wie seit Beginn der Pandemie. Das kann von Schule zu Schule fahren und die Tests dort in einem geeigneten Raum der gut durchlüftet werden kann und nicht für den Unterricht genutzt wird, gemacht werden. Da gibt es kein Schummeln und vertun - das mit der Freiwilligkeit funktioniert nicht (Österreich). In den Präsensunterricht sollten nur geimpfte Lehrer - die Gefahr für Kinder, Pädagogen und Familien ist einfach zu gross. Auch hier hätte dafür gesorgt werden können, dass alle Lehrer am Ende der Osterferien geimpft sind. So geht Verantwortungslosigkeit seit 12 Monaten.

    • @marusja meyer:

      Richtig, warum nicht alle Lehrer, die es wollen auch impfen. So tragen sie das Virus nicht von Klasse zu Klasse. Aber darauf kommt die Regierung nicht. Versagen auf ganzer Linie.

  • Ein paar Lehrer*innen oder Erzieher*innen weniger auf der Welt - was soll's..... das ist eben die Prioritätensetzung der Politik und von Frau Memarnia. Und da fragt sich noch jemand, wieso mittlerweile Erzieher*innen und Grundschullehrer*innen händeringend gesucht werden? Bei diesem Respekt vor der Arbeit der Mitglieder dieser Berufsgruppen kein Wunder.

    • @zsuka:

      Auch das Testszenario in der Schule ist mit einem Infektionsrisiko für die testende Erziehungsperson verbunden. Warum Sie Kindern und Eltern misstrauen ist unklar. Die haben doch auch selbst ein Interesse an den Tests.

      • @stadtlandmensch:

        Zum einen ist es viel einfacher, eine überschaubare Personenzahl in der korrekten Durchführung der Tests zu schulen und am besten bei der Impfung zu priorisieren.

        Zum anderen, ein Interesse an einer korrekten Testung haben NUR diejenigen, die solide auf wissenschaftlichem Boden stehen, und das sind zum einen nicht so viele, wie man bis vor einem Jahr glaubte, und zum anderen die Gruppe von der generell die geringste Infektionsgefahr ausgeht. In einigen Baptisten-Hotspots in Ostwestfalen (Espelkamp, Augustdorf etc) verweigert über 1/4 der Eltern die Tests.

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