Terrorwelle in Pakistan: Dutzende Tote bei Angriffen
Im südwestlichen Belutschistan sterben bei mutmaßlichen Separatistenangriffen auf eine Autobahn, Eisenbahnlinie und Polizeistation viele Menschen.
Nach Kontrolle von Lkw-Fahrern, Autoinsassen und Buspassagieren wurden 23 Personen, die nicht aus der Südwestprovinz Belutschistan kamen, erschossen. 35 Fahrzeuge wurden nach Polizeiangaben in Brand gesteckt, bevor die Täter unerkannt flohen.
Stunden zuvor hatte die separatistische Balochistan Liberation Army (BLA) davor gewarnt, auf der Autobahn zu reisen. Die BLA beschuldigte Sicherheitskräfte in Zivil, unterwegs zu sein. Die Regierung verweist darauf, dass die meisten Opfer Arbeiter aus Punjab seien. Die BLA sieht diese aber auch als legitime Ziele an. Sie beschuldigt Arbeiter aus dem Punjab, von der Ausbeutung Belutschistans zu profitieren.
Die BLA, die von Pakistan, den USA, Großbritannien und der EU als Terrororganisation gelistet wird, bekannte sich später selbst zu diesem Angriff und den anderen offenbar koordinierten Taten des Tages. Diese Behauptungen müssen noch überprüft werden.
Wichtige Zugstrecke nach Anschlag blockiert
Bei einem Anschlag im Bezirk Qalat, ebenfalls in Belutschistan, wurden nach Behördenangaben am Montag vier Polizisten und fünf Zivilisten getötet. Bei einem weiteren Anschlag auf eine Eisenbahnbrücke in der Region Bolat (Belutschistan) starb mindestens eine Person, nach anderen Berichten wurden sechs verkohlte Leichen gefunden. Die Bahnverbindung zwischen der Metropole Karatschi und Belutschistans Hauptstadt Quetta ist seitdem unterbrochen.
Berichten zufolge gab es noch einen Angriff auf eine Polizeiwache in Mastung, außerdem wurden in der Hafenstadt Gwadar nahe der Grenze zu Iran Fahrzeuge angezündet.
Innenminister Moshin Naqvi bezeichnete die Angriffe als „wohlüberlegter Plan, Anarchie in Pakistan zu schaffen“. Die Sicherheitsbehörden schätzen die BLA, Belutschistans größte separatistische Rebellengruppe, auf bis zu 3.000 Kämpfer.
Die BLA wurde im Jahr 2000 gegründet und begann 2004 den bewaffneten Kampf mit dem Ziel der Unabhängigkeit Belutschistans. Pakistans Sicherheitskräfte gehen dort ihrerseits brutal gegen Nationalisten, einschließlich Zivilisten, vor. Verschwindenlassen und Tötungen auch friedlicher Aktivisten sind verbreitet. Am Montag erklärte die Regierung, Sicherheitskräfte hätten ihrerseits 12 Rebellen getötet.
Im Blick Chinas
Belutschistan liegt an der Grenze zu Iran und Afghanistan, ist Pakistans größte, aber auch ärmste Provinz und vergleichsweise dünn besiedelt. Doch ist Belutschistan sehr rohstoffreich und liegt nah am Persischen Golf, weshalb es Ziel strategischer chinesischer Investitionen ist. Bereits mehrfach waren Arbeiter und Ingenieure aus China oder chinesische Einrichtungen das Ziel separatistischer Angriffe.
In Belutschistan wurden dem Pakistanischen Institut für Konflikt- und Sicherheitsstudien zufolge im vergangenen Jahr 151 Zivilisten und 114 Vertreter der Sicherheitskräfte bei Milizenangriffen getötet, berichtete die Nachrichtenagentur AFP.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos