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Terrorbekämpfung in MaliMit Dschihadisten reden

Kommentar von Melissa Li

In Mali zeigt sich: Verhandlungen mit Dschihadisten sind politisch heikel. Aber ohne solche Initiativen bleiben die Militäreinsätze wirkungslos.

Milizionäre der islamischen Gruppe Ansar Dine Foto: Adama Diarra/reuters

S ollten deutsche Soldaten in Mali Terroristen bekämpfen? Diese Frage wird in den nächsten Monaten im politischen Berlin immer wieder hochkochen, wenn die Verlängerung der Bundeswehr-Mandate für die UN- und EU-Missionen Ende Mai neu diskutiert wird. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer forderte bereits ein robusteres Mandat.

Frankreich plant eine neue Anti-Terror-Spezialeinheit „Takuba“ in Mali und schickt 220 weitere Soldaten zur Verstärkung der eigenen „Barkhane“-Mission. Doch mehr Militär wird die Krise nur noch verschlimmern, wenn nicht gleichzeitig politische Verhandlungslösungen mit allen malischen Akteuren gefunden werden. Die Bundes­regierung sollte einen Strategiewechsel einfordern: Gemeinsam sollten Frankreich und Deutschland mit der malischen Regierung Dialogoptionen mit Dschihadisten diskutieren.

Die bisherige Strategie wird keine Stabilität im Sahel bringen. Schon seit mehreren Jahren sind nicht nur die Franzosen, sondern auch eine UN-Mission, EU-Missionen und die G5-Staaten vor Ort. Auch 1.100 Bundeswehrsoldaten sind in Mali. Und dennoch hat sich die Sicherheitssituation gravierend verschlechtert. Nicht nur in Mali werden Anschläge verübt, auch Burkina Fasos und Nigers Sicherheit bröckelt.

Zweifel an der Grand Strategie

Gleichzeitig steigt die Wut vieler Malier gegen die Franzosen, die trotz ihres jahrelangen Antiterrorkampfs die Sicherheit in Mali nicht verbessern konnten. Auch in Frankreich ist man sich nicht so sicher, über die „Grand Strategy“ im Sahel. Und dennoch scheint man weitermachen zu wollen wie bisher.

Stattdessen sollte sich Deutschland Frankreich gegenüber für eine politische Strategie einsetzen, die Verhandlungen mit dschihadistischen Gruppen anstrebt. Gespräche mit Dschihadisten wären nicht nur ein neuer Ansatz, der zumindest vielversprechender ist, als nur mehr Soldaten zu schicken, sondern würde auch der Forderung von malischen Stakeholdern entsprechen. Schon bei der Konferenz zur nationalen Verständigung 2017 forderten unter anderem zivilgesellschaftliche Organisationen und die religiöse Führungsperson Mahmoud Dicko die malische Regierung auf, mit Iyad Ag Ghali und Amadou Kouffa, den wichtigsten Köpfen der Dschihadisten, zu sprechen.

Auch beim Inklusiven Nationalen Dialog im Dezember wurden Gespräche mit beiden gefordert. Während Mali in 2017 mithilfe von religiösen und traditionellen Führungsfiguren versuchte, mit Dschihadisten zu sprechen, lehnte Frankreich dies ab. Die „missions de bons offices“ wurden eingestellt. „Wie verhandelt man mit Terroristen? Dies ist ein unzweideutiger Kampf“, antwortete der damalige Außenminister. Dass sie französisches Blut an den Händen haben, macht offizielle Gespräche mit Dschihadisten zu einem politischen Balanceakt.

Gespräche mit Dschihadisten sind notwendig

Frieden mit Dschihadisten zu verhandeln ist schwierig, aber nicht unmöglich. In Kolumbien hat es auch geklappt, trotz schwieriger ideologisch-ökonomischer Konfliktlagen. Auch in Mali haben die Expertinnen und Experten der Berghof Foundation, die im Auftrag der Bundesregierung an einer Reihe von Kriegsschauplätzen an stillen Vermittlungslösungen arbeitet, Ansatzpunkte für Gespräche mit der Gruppe von Ag Ghali, Ansar Dine, gefunden. Es gebe immer wieder „strategische Wendepunkte“ und Individuen, die sich für mögliche Gespräche offen zeigen würden. Die NGO International Crisis Group schlägt konkret vor, mit dem inneren Kreis von Kouffa Kontakt aufzunehmen. Kouffa habe sich in der Vergangenheit offen für Dialoge mit Mahmoud Dicko, gezeigt.

Solche Gesprächsformate anzustoßen würde auch dazu führen, dass genauer analysiert wird, wer die Dschihadisten wirklich sind. Denn was die internationale Gemeinschaft unter „den“ Dschihadisten versteht, sind ganz unterschiedliche Gruppen: Manche wollen für ihre Clans oder ihre Region einfach nur vergleichbare Lebenschancen wie die Menschen in der Hauptstadt Bamako und haben sich nach Jahrzehnten gewaltsamer Repression in einer Aufstandsbewegung radikalisiert.

Andere sind vor allem Drogen- oder Menschenschmuggler. Und Dritte sind verblendete islamistische Ideologen. Oft sind die Motive und Strategien gemischt – doch diese genau zu analysieren und zu verstehen, wer wirklich dschihadistische Ambitionen hat, ist zentral für eine effektive politische Strategie in Mali.

Die Dialoge mit Dschihadisten sollten außerhalb des offiziellen Friedensabkommens stattfinden, um zu vermeiden, den Dschihadisten die gleiche Legitimität anzuerkennen wie den Teilnehmenden am Friedensprozess. Zudem sollten diese vorerst nicht öffentlich stattfinden. Dies könnte das Risiko eines öffentlichen und politischen Aufschreis minimieren, was ein schnelles Ende der Gespräche bedeuten könnte.

Militärisches Engagement weiter nötig

Deutschland sollte sich nicht davor scheuen, diese Option auf den Tisch zu legen. Frankreich von dieser Idee zu überzeugen wird nicht einfach. Die Bundesregierung müsste den Franzosen einen gut durchdachten Plan vorlegen und gleichzeitig bereit sein, im Gegenzug über ein verstärktes deutsches militärisches Engagement zu diskutieren. Denn militärischer Druck wird notwendig sein, um Dschihadisten an den Verhandlungstisch zu bekommen. Verhandlungen mit Dschihadisten sind politisch heikel und erfordern einen langen Atem. Aber ohne solche politischen Initiativen bleiben die Militäreinsätze wirkungslos.

Wenn die internationale Gemeinschaft der malischen Regierung immer wieder signalisiert, dass die finanzielle und militärische Unterstützung wegen des Antiterrorkampfs immer weiter fließen wird – unabhängig davon, ob sie notwendige Reformen, politische Verhandlungen und die Umsetzung des offiziellen Friedensabkommens weiterbringt und den Boden für die gewalttätigen Gruppen entzieht –, dann schwächt gerade diese Logik der Terrorismusbekämpfung die eigentlichen Ziele der Europäer: Frieden und Stabilität.

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3 Kommentare

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  • Ich bin der Ansicht, dass wir als Nicht-Anhänger des Islam in keiner Weise die Befähigung oder das Recht dazu haben, uns in islamischen Ländern derart besserwisserisch aufzuführen. Wir können nicht wissen, wie und nach welchen Regeln und Gesetzen diese Menschen leben wollen und sollten uns raushalten. Geschäftsbeziehungen und damit die Ankurbelung der Wirtschaft in diesen Ländern, Schüleraustausch oder auch Tourismus sofern von den Einheimischen gewünscht, finde ich in Ordnung, aber mit militärischer Präsenz machen wir als Nicht-Anhänger des Islam uns nur noch unbeliebter.

    • @*Sabine*:

      In Mali leben auch Christen. Ist auch bei denen für Sie aus Glaubensgründen das Recht verwirkt, sich zur Repression durch den Islam zu äußern? Hier geht es nicht um Religion, es geht um verbrecherische Politik im Deckmäntelchen einer Gottglaubenssache.

      Und es ist wirr, ein Heraushalten zu fordern, aber Geschäftsbezieheungen gut zu heißen, um die Wirtschaft anzukurbeln (was auch heißt: den Islamisten die Taschen zu füllen!).