Terror Hat die Münchner Polizei ein Attentat verhindert oder ist sie einer falschen Fährte gefolgt?: Polizei sucht Phantome
aus München margarete moulin und Dominik Baur
München leuchtete – wie jedes Jahr an Silvester. Mit bayerischer Gelassenheit haben die Menschen dort auf die Terrorwarnung zum Jahreswechsel reagiert. Die Feierlaune wollte man sich nicht verderben lassen. Am Friedensengel über dem Isarufer und an der Bavaria über der Theresienwiese trafen sich die Menschen, um ins neue Jahr hineinzufeiern – auch wenn den einen oder anderen ein mulmiges Gefühl befallen haben mag. Denn nur kurz zuvor, um 22.40 Uhr, hatte das Polizeipräsidium getwittert: „Aktuelle Hinweise, dass in #München ein Terroranschlag geplant ist. Bitte meidet Menschenansammlungen und die Bahnhöfe Hauptbahnhof + Pasing“.
Um den Münchner Hauptbahnhof herum herrschte dann auch eine gespenstische Stimmung in der Silvesternacht. Schwerbewaffnete Polizeibeamte sicherten die Gegend ab. Der Bahnhof war gesperrt, Reisende wurden weggeschickt. Erst um 4 Uhr in der Früh wurde die Terrorwarnung aufgehoben.
Auch am Neujahrstag selbst war die Polizei in München noch in Alarmbereitschaft. „Wir haben derzeit weiterhin noch circa hundert Einsatzkräfte zusätzlich im Dienst“, sagte der Münchner Polizeipräsident Hubertus Andrä bei einer Pressekonferenz. Die Polizisten seien in der Innenstadt und an den Bahnhöfen auf Streife. Damit wolle man Präsenz zeigen und dem Sicherheitsbedürfnis der Bürger gerecht werden.
Was tatsächlich an den Hinweisen auf die möglicherweise geplanten Anschläge dran ist, das vermochten allerdings weder Polizei noch Innenministerium zu sagen. Von einem Fehlalarm wollte der Polizeipräsident jedoch keinesfalls sprechen. „Um 19.40 Uhr hat uns ein ausländischer Geheimdienst sehr ernst zu nehmende Hinweise auf einen geplanten Anschlag in München gegeben“, berichtete Andrä.
Demnach seien für die beiden Bahnhöfe um Mitternacht Bombenanschläge durch Selbstmordattentäter aus dem Umfeld des IS geplant gewesen. Da die Hinweise sehr konkret gewesen und zur Überprüfung nur gut vier Stunden geblieben seien, habe man sich entschlossen, beide Orte zu räumen und zu sperren. „Alles andere wäre unverantwortlich gewesen.“ Über 550 Einsatzkräfte aus ganz Bayern seien mobilisiert worden.
Die Hinweise des Geheimdienstes deuteten laut Andrä auf fünf bis sieben Täter irakischer und syrischer Herkunft hin. Von dreien habe man sogar sehr konkrete Personendaten. „Wir wissen aber weder, ob es diese Personen tatsächlich gibt, noch, ob sie sich in München oder Deutschland aufhalten.“ Derzeit liefen intensive Ermittlungsarbeiten.
Hubertus Andrä, Polizeipräsident
Der Bayerische Rundfunk hatte zuvor berichtet, dass die Polizei bereits vor einer Woche Hinweise auf einen eventuellen Anschlag erhalten habe. Diese wurden von der Polizei zwar bestätigt, Andrä betonte jedoch, es habe keine Verbindung zwischen den beiden ursprünglichen Hinweisen gegeben. Sowohl die Quelle als auch die genannten Namen der möglichen Attentäter deckten sich nicht.
Diesen ersten Hinweisen zufolge hätten sich in einem Hotel im Münchner Westen mit Kalaschnikows bewaffnete Iraker aufgehalten, die sich auf einen Anschlag auf den Bahnhof Pasing vorbereiteten, war aus Kreisen der Polizei zu hören. Angeblich hätten die Attentäter zwei Anschläge in kurzer Abfolge geplant, wobei der zweite erst nach dem Eintreffen von Polizei und Rettungskräften erfolgen sollte. Weil das beschriebene Attentatsszenario dem geähnelt habe, vor dem der ausländische Geheimdienst dann am Silvesterabend warnte, habe die Polizei schließlich so prompt reagiert.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat die Münchner indes gebeten, sich auf weitere Terrorwarnungen einzustellen. Er gehe wegen der allgemeinen Bedrohungslage davon aus, dass der Alarm am Silvesterabend wahrscheinlich nicht der letzte gewesen sein werde, sagte der CSU-Politiker. Man müsse sich auf einen langen Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ einstellen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte: „Auch in Zukunft werden die Sicherheitsbehörden die gebotenen Maßnahmen konsequent ergreifen.“
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