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Tempelhofer FeldIm Zweifel Mediation

Grüne und Linke fordern einen Planungsstopp für das ehemalige Flughafenareal – so lange, bis das Volksbegehren „100% Tempelhof“ entschieden ist

Hier könnte irgendwann mal ein Wohnhaus stehen Bild: dpa

Der Senat soll seine Planungen für das Tempelhofer Feld stoppen – wegen des laufenden Volksbegehrens „100% Tempelhofer Feld“. Das fordern Grüne und Linke, die dazu am Donnerstag zwei Anträge ins Abgeordnetenhaus einbrachten.

Beide Fraktionen begründen das mit dem bisherigen Erfolg der Initiative. Die richtet sich gegen eine Bebauung des ehemaligen Flugfelds und sammelte in der ersten Stufe des Volksbegehrens binnen sechs Wochen über 28.000 gültige Unterschriften – nötig sind 20.000 in sechs Monaten. Die rot-schwarze Koalition lehnt einen Planungsstopp ab. Ihre Haltung: Durch Planungen würden keine Fakten geschaffen.

„Der außergewöhnliche Erfolg des Volksbegehrens muss auch als solcher gewürdigt werden“, sagte Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek. Sie hielt dem Senat „reine Planung von oben“ vor, die am Tempelhofer Feld „komplett unangebracht“ sei. Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) hatte sich zuletzt für den Bau von 4.700 Wohnungen am Rand des Felds ausgesprochen und Denkverbote abgelehnt. Verbindliche Bauleitplanungen seien bis Abschluss des Volksbegehrens auszusetzen, forderte Kapek. Das wäre, wenn es zum Volksentscheid kommt, im Mai 2014.

Die Linksfraktion fordert zwar auch einen Stopp, sie bindet das aber nicht an einen Termin, sondern will eine Beschlussfassung über Bebauungspläne und anderes „vorerst“ zurückzustellen. Bauexpertin Katrin Lompscher schlug ein Mediationsverfahren vor, das zwischen den widerstreitenden Interessen bei der Nutzung der innerstädtischen Fläche vermitteln soll. Eine solche Mediation hatte jüngst bei der lange umstrittenen Sanierung des Landwehrkanals Erfolg.

Die SPD-Abgeordnete Ellen Haußdörfer – „ich bin eine häufige Nutzerin des Feldes“ – erinnerte die Grünen und die Linkspartei an eine gemeinsame Resolution aus dem Jahr 2008. Darin habe es geheißen: „An den Rändern kann eine Bebauung erfolgen.“ Einen Planungsstopp lehnte sie ab – umso mehr, als „jahrelang moniert wurde, wir würden keine Planung auf den Weg bringen“. Den Bebauungsgegnern hielt sie vor, zwar Neubau als Mittel gegen Wohnungsknappheit zu fordern, ihn aber vor der eigenen Tür abzulehnen.

CDU-Stadtentwicklungspolitiker Stefan Evers wandte sich dagegen, Planung mit dem Einschlagen fester Pflöcke gleichzusetzen. „Zu keiner Zeit hat jemand vorgesehen, vollendete Tatsachen zu schaffen“, sagte er. Zu beschließen, einen Bebauungsplan aufzustellen, dient aus seiner Sicht nur dazu, eine Gesprächsgrundlage zu bekommen. Bürgerbeteiligung und Dialog verschließe sich die CDU keineswegs – „wir verweigern uns dem nicht, wir fordern das ein“. Evers verwies auf eine Standortkonferenz am 6. März in der Abflughalle des Exflughafens. Dort sei auch der Sprecher des Volksbegehrens eingeladen, ein Grußwort zu halten.

Während sich SPD-Senator Müller schon länger für eine Randbebauung ausspricht, ist die CDU laut Evers in dieser Frage noch offen. Der Grüne Thomas Birk berichtete, beim Neujahrsempfang der CDU Tempelhof-Schöneberg seien Unterschriften für das Volksbegehren gesammelt worden und viele zusammengekommen. Evers mochte das nicht bestreiten: „Als große Partei stehen wir nicht als monolithischer Block da, sondern als diskussionsfreudige Veranstaltung.“

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13 Kommentare

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  • I
    Icke

    Billig Wohnungen sind auf den Freiflächen Tempelhof nicht möglich. Das Erdreich ist Kontaminiert durch Flugbenzin.

    Wir werden wieder belogen.

  • TL
    Tim Leuther

    @Kreuzberger

    Wer ist den "oben" und wer "unten"?

    Sind die engargierten Anwohner, wahrscheinlich in Eigentum und daher voll schnuppe für Wohnraum die nur einen möglichst großen Park wollen "unten" und die gewählten Volksverträter des Souveräns der EINHEITSGEMEINDE Berlin "oben"? Lokalegoismus ist keine Demokratie. Natürlich ist für die jetzigen Anwohner (vor allem für die in Eigentum) eine große Freifläche besser als Wohnraum.

     

    Aber Berlin ist nunmal eine Stadt. Den Anwohnern wird schon eine sündhaft teuere Flughafenalternative gebaut.

  • K
    Kreuzberger

    Erstaunlich: Wenn sie in der Opposition ist, ist Antje Kapek auf einmal auf der richtigen Seite der BürgerInnen. Ein Planungsstopp in Sachen Tempelhof ist durchaus dringend nötig.

     

    Mit "Planung von oben" bei gleichzeitiger konsequenter Ignoranz des BürgerInnenwillens kennt sich Frau Kapek mit ihrer pseudo grünen Partei allerdings seit langem sehr gut aus. Sie warFraktionsvorsitzende in Friedr.-Kreuzberg und hat sich da u.a. bei BürgerInnen unbeliebt gemacht, indem sie wahlweise für unnötige Baumfällungen zur Beseitigung von herbei hallunzinierten "Angstlöchern" gestimmt hat und gegen das Rederecht von NaturschutzexpertInnen in der BVV.

     

    In Friedrichshain-Kreuzberg heisst es für die Grünen, insbesondere für "Umweltstadtrat" Panhoff heute offenbar: Was interessiert mich mein Mediationsgeschwätz von gestern.

     

    Ausgerechnet der einzige Politiker, der am größten Mediationsverfahren Deutschlands (Landwehrkanal) teilnimmt, das Ostern enden soll, hält sich mit seiner Verwaltung regelmäßig nicht an die mit den BürgerInnen verhandelte Regelungen.

     

    In Friedr.-Kreuzberg machen engagierte BürgerInnen seit Jahren ganz schlechte Erfahrungen mit der Politik der Grünen. Frau Kalepky ("Umweltstadtreätein für die Grünen) musste damals zu recht zurück treten.

     

    Auch gegen das Bürgerbegehren zu "Mediaspree versenken" waren die Grünen und hatten versucht, es im Vorfeld zu verhindern. - Vorneweg Frau Kapek und Frau Katrin Schmidtberger. Beides angeblich linke Politikerinnen.

     

    Bis heute hat sich nichts geändert: Neuer Kopf im Bezirk, alte schlechte "grüne" Politik.

     

    Wegen ihres guten Erinnerungsvermögens nehmen viele Bürgerinnen Frau Kapek und Co, also den Grünen auf Landesebene ihr Eintreten für eine ökologische Stadtentwicklungspolitik überhaupt nicht ab.

     

    https://baumschutz.wordpress.com/2013/02/18/bewaehrungsprobe-nicht-bestanden/#comment-2324

     

    https://baumschutz.wordpress.com/2013/02/21/unfachgerechte-pflege-goerli-lwk/

  • I
    Icke

    ach wie klingt das nett,ein Mediationsverfahren,vielleicht wieder mit Geißler,damit die BürgerInnen wieder so über den Tisch gezogen werden wie in Stuttgart.Nein,über 28.000 Unterschriften sprechen eine andere Sprache als die der PolitikeInnen,und die sagen KEINE BEBAUUNG.

  • F
    flohserver

    Nch ein Hinweis:

    Was uns alle droht, wenn man den plan- und bauwütigen Architekten das Feld überläßt, zeigt eine neue Aussellung in Berlin. Man schaue sich nur mal das Foto in folgedem Artikel über die Ausstellung an:

    > http://www.berliner-zeitung.de/berlin/tempelhofer-feld-haeusermeer-statt-wiesenmeer,10809148,21911230.html

  • S
    Sabine

    Frau Lompscher sollte sich mal richtig informieren und nicht alles glauben, was in der Zeitung steht. Sie sollte mal Leute von der Bürgerinitiative fragen, was los ist.

     

    Die Ergebnisse des Mediationsverfahrens zur Landwehrkanalsanierung sind nicht rechtsverbindlich und werden von allen Verwaltungen auf Bundes, Landes und Bezirksebene immer wieder ignoriert. Im grün-rot-rot regierten Friedrichshain-Kreuzberg wurde kürzlich hinterrücks unnötig ein Landwehrkanal- Uferbaum gefällt vom grünen Umweltstadtrat. Der Baum war zuvor auf Steuergelderkosten jahrelang großartig gerettet worden.

     

    "Katrin Lompscher schlug ein Mediationsverfahren vor, das zwischen den widerstreitenden Interessen bei der Nutzung der innerstädtischen Fläche vermitteln soll. Eine solche Mediation hatte jüngst bei der lange umstrittenen Sanierung des Landwehrkanals Erfolg."

  • AM
    ausgrünes Mediationsgeschwätz

    Mit "Planung von oben" bei gleichzeitiger konsequenter Ignoranz des BürgerInnenwillens kennt sich Antje Kapek mit ihrer pseudo grünen Partei seit langem sehr gut aus.

     

    PolitikerInnen der Partei B90/DIE GRÜNEN sollten die Worte Mediation und Bürgerbeteiligung ebensowenig in den Mund nehmen wie Umweltschutz und Artenschutz.

     

    In Friedrichshain-Kreuzberg heisst es für die Grünen, insbesondere für "Umweltstadtrat" Panhoff offenbar: Was interessiert mich mein Mediationsgeschwätz von gestern.

     

    Ausgerechnet der einzige Politiker, der am größten Mediationsverfahren Deutschlands (Landwehrkanal) teilnimmt, das Ostern enden soll, hält sich mit seiner Verwaltung regelmäßig nicht an die mit den BürgerInnen verhandelte Regelungen.

     

    In Friedr.-Kreuzberg, wo Frau Kapek lange Fraktionsvorsitzende war, haben engagierte BürgerInnen ganz schlechte Erfahrungen mit der Politik der Grünen sammeln müssen. Frau Kalepky ("Umweltstadtreätein für die Grünen) musste damals zu recht zurück treten. Auch gegen das Bürgerbegehren zu "Mediaspree versenken" waren die Grünen und hatten versucht, es zu verhindern. Vorneweg Frau Kapek und Frau Schmidtberger. Beides angeblich linke Politikerinnen.

     

    Bis heute hat sich nichts geändert: Neuer Kopf im Bezirk, alte schlechte "grüne" Politik.

     

    https://baumschutz.wordpress.com/2013/02/18/bewaehrungsprobe-nicht-bestanden/#comment-2324

     

    https://baumschutz.wordpress.com/2013/02/21/unfachgerechte-pflege-goerli-lwk/

  • X
    xonra

    "Mediation" ist jetzt Mode. Wenn sie vorbei ist, macht jeder wieder was er will. Wie neulich bei der Fällung eines Baumes am Landwehrkanal durch den Grünen Stadtrat Panhoff. Niemand hat die Bürger, die eben noch ihre virtuellen Einsparungen gefeiert hatten, unterrichtet. Obwohl das vereinbart war. Wenn die Politik mit den Bürgern keine einvernehmlichen Lösungen erreicht, sollten die Damen und Herren im Senat sich doch endlich ein anderes Volk wählen.

  • S
    Sven

    Die Flächen sind so schnell und so leise alle an gute, "sozial starke" Freunde verhökert, dass die Feld-Gärtner, Rollschuhsurfer und Naherholer noch nicht einmal den ersten Joint zuende rauchen können!

    Es werden wieder Verhandlungen angesagt und am Ende stehen die Naivlinge mit großen Augen schon vor den neuen Eigentümern und ihren Wachschützern. (falls die Polizei keine Zeit oder schon den letzten Mann weggespart hat)

    Sorry, bin bisschen finster drauf heute...

  • F
    flohserver

    Sogar in dem als Buch herausgegebnen Manifest von Albert Speer & Partner "Ein Manifest für nachhaltige Stadtplanung: Think Local, Act Global" heißt eine fette Überschrift: "Haltet die Räume offen!"

    In dem Sinne wie Wowerreit Platzeck noch vorgestern unterstellte, er mache sich zugunsten von Lärm- und Umweltschutz "vom Acker", so soll Wowereit selbst zugunsten von Klima- und Freiflächenschutz aus dem Feld weichen, bevor es ein zweites Desaster neben dem BER wird. Dunkele Wolken sind über dem Feld aufgezogen, siehe Foto: http://tiny.cc/c9jwsw

  • R
    RedHead

    Vorschlag: Wir reden nochmal drüber, sobald der Flughafen Berlin Brandenburg fertig ist. Also irgendwann so im Jahr 3000.

  • TL
    Tim Leuther

    Wie bekloppt. Die Hürde von 20.000 Unterschriften ist viel höher als die andere Hürde. Die Liste von Volksbegehren die an der zweiten Hürde lautstark gescheitert sind ist unendlich lang. Gerade bei Tempelhof.

     

    Wenn man da nicht planen würde, dann könnte man nie planen. Immerhin soll da ja noch ein Flughafen hin ;-)

  • A
    Autsch

    „Zu keiner Zeit hat jemand vorgesehen, vollendete Tatsachen zu schaffen“, sagte er. Zu beschließen, einen Bebauungsplan aufzustellen, dient aus seiner Sicht nur dazu, eine Gesprächsgrundlage zu bekommen."

    CDU-Stadtentwicklungspolitiker Stefan Evers

     

    Selten so viel Weltfremdheit gelesen...

    Als ob in der Beteiligung zu einem B-Plan wirklich was geändert werden könnte.

     

    ein srp'ler