piwik no script img

Telegram-Kanal-Betreiber im Iran„Das Regime kriegt uns nicht still“

Die Protestler im Iran organisieren sich im Messenger-Dienst Telegram. Dem Kanal Amad-News folgen 1,2 Millionen Leute.

Orga per App Foto: ap
Interview von Ehsan Abri und Luca Brunsch

taz: Herr Sarabi, Herr Zam, das iranische Regime hat das Internet gedrosselt. Ihre Telegram-Gruppe wurde mehrmals von Telegram geschlossen. Was bedeutet das für die Proteste?

Sami Sarabi: Das Regime hat das Internet nicht gesperrt, sondern nur sehr verlangsamt. Aber viele Apps sind gesperrt. Dagegen vermitteln wir unseren Followern VPN (private, in sich geschlossene Kommunikationsnetze, Anm. der Red.), dann können sie Internetseiten besuchen und Telegram benutzen. Auch über Satelliten können sie internationales Internet bekommen, das das islamische Regime nicht kontrolliert. Wir selbst verstehen uns nicht als Organisatoren des Protests, sondern nur als Medium. Das iranische Volk wollte einen Platz, an dem es andere Nachrichten als die staatlichen bekommt. Wir veröffentlichen Nachrichten ohne Zensur.

Rooholah Zam: Eigentlich hat die Schließung der Telegramgruppe nur 24 Stunden Stress gemacht. Seit Telegram unseren Kanal gesperrt hat, war es das erste Mal seit 40 Jahren, dass die ganze Opposition mit einer Stimme gesprochen hat. Es wurden Mails an Pavel Durov, den Chef von Telegram, geschrieben. Die Unterstützung war überwältigend. Durov hat verstanden, dass er einen Fehler gemacht hat, und beschloss, unseren Kanal, den wir als „Sedaie Mardom“ wieder eröffneten, nicht zu schließen. Wir haben über 1,2 Millionen Follower.

Haben die Iraner jetzt wieder Internet?

Sarabi: Das iranische Volk ist sehr professionell darin, VPN zu benutzen. Das iranische Regime kann hier dauerhaft nichts ausrichten.

Warum benutzt ihr Telegram noch, obwohl eure Gruppen geschlossen wurden? Es gäbe doch auch alternative Messenger.

Im Interview: Roohola Zam und Sam Sarabi

sind nach dem Scheitern der „Grünen Revolution“ 2009 nach Kanada und Frankreich geflohen. Von dort betreiben sie Amad-News, einen Kanal in dem Messenge-Dienst Telegram. Darin wurden Dokumente des iranischen Regimes geleaket und die Proteste angekündigt.

Zam: Telegram ist schwer zu ersetzen: Erstens, in einer Gruppe können Millionen Menschen Mitglied werden. Die anderen Dienste lassen nur deutlich kleinere Gruppen zu. Zweitens, die Iraner vertrauen Telegram, es ist nicht einfach, umzustellen. Drittens, das iranische Regime dachte, Telegram sei von den Russen und sie könnten über Putin an die Daten der Nutzer kommen. Aber Durov, der Telegram-Chef, hat sich dagegengestellt. Er sagte, er halte sich an die Telegram-Regeln. Gesperrt werden nur Gruppen, die Pornografie oder Gewaltaufrufe verbreiten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Das freut mich zu lesen.

    Kommt zu den Kundgebungen in Eurer Stadt!

    Solidarität mit dem Aufstand der ArbeiterInnen und Armen in den Provinzen des Iran!

    • @nzuli sana:

      In den Nachrichten ist von jungen arbeitslosen Männern die Rede.

       

      Übrigens. Die Revolutionsgarden warten auf einen Vorwand, die Demonstrationen zusammenzuschießen. Einmischung von außen ist so ein Vorwand. Aber Sie haben ja dann (wie immer) mit den Toten nichts zu tun!

  • Wo sitzen die Herren Sarabi und Zam? Im Iran?