Proteste im Iran: Ausmaß weiter unklar
Die Demonstrationen für und gegen die Regierung im Iran gehen weiter. UN-Generalsekretär Antonio Guterres äußert sich besorgt über die Entwicklungen im Land.
Proteste soll es demnach etwa in den Städten Noschar im Norden, Bandar Abbas im Süden oder Ahwas und Desful im Südwesten gegeben haben. Ahwas und Desful liegen in der Provinz Chusestan, die ein Zentrum der Proteste ist. Ein Video zeigte Menschen, die Slogans gegen den obersten iranischen Führer Ajatollah Ali Chamenei skandierten. Offenbar gab es auch weitere Festnahmen. Die Nachrichtenagentur Tasmin berichtete am Donnerstag zum Beispiel, dass in der ostiranischen Stadt Birdschand 28 Menschen wegen „illegaler Versammlungen“ in Haft seien. Die Berichte ließen sich unabhängig zunächst nicht bestätigen.
Das Ausmaß der Kundgebungen blieb unklar. Staatliche Medien berichten nicht über die Proteste, die am vergangenen Donnerstag mit Kundgebungen gegen die Wirtschafts- und Außenpolitik des Landes begonnen hatten, aber dann zunehmend regimekritisch wurden. Die Führung verlangsamt an den Abenden, wenn die Protestmärsche beginnen, oft das Internet und hat einige von Aktivisten genutzte Plattformen in sozialen Medien ganz blockiert. Zudem spielen die Proteste bisher kaum in großen urbanen Zentren, sondern oft in ländlichen Gegenden.
Um zu zeigen, dass das System immer noch vom Volk unterstützt wird, hatte die iranische Führung am Mittwoch Hunderttausende Menschen in Gegen-Demonstrationen auf die Straßen gebracht. In allen gab es Rufe wie: „Nieder mit den USA“, „Nieder mit Saudi-Arabien“ und „Nieder mit Israel“. Das geistige Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei sieht die „Feinde des Iran“ für die regierungskritischen Proteste in der Verantwortung.
Kritik an USA
Durch mehrere „absurde Tweets“ von US-Präsident Donald Trump und Vizepräsident Mike Pence seien Iraner ermutigt worden, sich an Unruhen zu beteiligen, beklagte der iranische Botschafter Gholamali Choschroo bei den Vereinten Nationen am Mittwoch.
Auch Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron kritisierte den Ton der USA, Israels und Saudi-Arabiens im Umgang mit dem Iran. Die drei Länder seien „in vielerlei Weise“ Verbündete Frankreichs, sagte Macron am Mittwoch vor Journalisten in Paris. Ihre „offizielle Linie“ sei jedoch „fast eine, die uns in den Krieg führt“, warnte er. Es sei wichtig, den Dialog aufrecht zu halten.
Proteste im Iran
Die Vereinigten Staaten reagierten zunächst nicht auf die direkte Anschuldigung von Seiten des Irans. Trump hatte zuvor mehrfach bei Twitter geschrieben, die Protestierenden im Iran zu unterstützen.
Die US-Botschafterin bei den UN, Nikki Haley, hatte zuvor eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats gefordert. Die UN müssten Unterstützung für die Demonstranten bekunden. Seither ist aber kein Termin für eine entsprechende Sitzung angesetzt worden.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres hatte früher am Mittwoch über seinen Sprecher Farhan Haq mitteilen lassen, dass er die Entwicklungen im Iran mit Sorge verfolge. Die Meinungsfreiheit müsse respektiert werden. Zugleich rief er die Demonstranten auf, friedlich zu protestieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“