Taxonomie-Regeln in der EU: Ist Popcorn gesund?

Die Taxonomie soll als Ökosiegel für Investitionen fungieren. Die Idee ist gut – aber mit grünem Licht für Atom und Gas schlecht umgesetzt.

Kühlturm grün gestanzt

Grün gewaschenes AKW Foto: CSP/imag

Investitionen in Atomkraft und fossiles Gas sollen teilweise als nachhaltig gelten dürfen, so will es die EU-Kommission. Die hat am Mittwoch ihren finalen Entwurf für die sogenannte Taxonomie für nachhaltige Finanzen vorgelegt, also eine Liste nachhaltiger Technologien und Wirtschaftsbereiche.

Dass die EU-Regierungen und das EU-Parlament, die das Ganze formal beschließen müssen, die Richtung noch maßgeblich ändern, ist unwahrscheinlich. Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen und Umweltverbände kritisieren den Vorstoß als Greenwashing. Und sie haben recht.

Aber wir brauchen doch Atomkraft respektive Erdgas noch, widersprechen die jeweiligen Befürworter:innen. In Deutschland, wo der Atomausstieg fast absolviert und politisch sowie technisch praktisch unumkehrbar ist, geht es eigentlich nur um Gas. Und es stimmt: Alle einschlägigen Studien, die Deutschlands Weg zur Klimaneutralität durchrechnen, kommen zu dem Schluss, dass wir hier noch neue Gaskraftwerke brauchen. Später sollen die dann mit Wasserstoff laufen, der auf Basis von Ökostrom hergestellt wurde.

Das Argument geht aber am Kern der Sache vorbei. Würde man Popcorn ein Siegel für gesunde Ernährung geben, weil Mais schließlich Gemüse ist und der Körper in gewissem Maße auch Fett und Zucker braucht? Die Taxonomie soll als Ökosiegel fungieren. Bür­ge­r:in­nen und Unternehmen, die ihr Geld nachhaltig investieren wollen, sollen es einfach haben.

Bisher ist es nämlich schwer, die richtigen Finanzprodukte zu erkennen. Die Organisation Finanzwende hat kürzlich beispielsweise bei der Analyse von angeblich nachhaltigen Fonds etliche gefunden, die sogar Geld an Ölkonzerne ausschütten. Ver­brau­che­r:in­nen denken also, dass ihr Geld die Rettung des menschlichen Lebensraums voranbringt. Stattdessen fehlt es dort und fließt an Unternehmen, deren Geschäftsmodell untrennbar mit der Zerstörung von Umwelt in Verbindung steht.

Das hätte die Taxonomie verhindern sollen – und tut es jetzt eben nur halbherzig. Ob sich In­ves­to­r:in­nen danach richten, wird sich zeigen. Ihren Zweck erfüllt die Taxonomie so jedenfalls nicht.

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Jahrgang 1991, ist Redakteurin im Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.

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