„Tatort“ aus Mainz: Ziemlich unpopuläre Frauenrolle
„Tatort“-Hauptkommissarin Ellen Berlinger hat bei ihrem stressigen Job kaum Zeit für ihre Tochter. Und zum Glück kein schlechtes Gewissen dabei.
Ungefähr zwei Jahre ist es her, da gab es diese hitzig geführte Debatte über bereuende Mütter: „Regretting Motherhood“ hieß eine Studie aus Israel, in der Mütter erzählen, warum sie es bedauern, Kinder bekommen zu haben (obgleich sie angeben, sie zu lieben).
Ja, genau an diese Debatte von vor zwei Jahren muss man denken, wenn man Hauptkommissarin Ellen Berlinger, gespielt von Heike Makatsch, in diesem „Tatort“-Special am Ostermontag sieht: Die kleine Tochter ist meistens bei Berlingers Cousine Maja (Jule Böwe) auf dem Arm unterwegs, Gewissensbisse hat die Kommissarin deswegen aber keine. Einmal kurz zu Mama, ein Kuss, und das muss reichen, denn dann hetzt Berlinger auch schon meist wieder los – immerhin gibt’s einen frischen Mordfall zu lösen. Keine gute Mutter, was immer das genau heißen mag – und kein schlechtes Gewissen dabei. Eine ziemlich unpopuläre Frauenrolle, mit der man da konfrontiert wird. Sehr gut.
Leider ist Makatsch als Kommissarin Berlinger mehr oder weniger der einzige Lichtblick in diesem dann doch leider gar nicht so special, sondern ziemlich konventionell vor sich hinplätschernden Oster-„Tatort“ aus Mainz. Ins Rheinhessische hat sich Berlinger nämlich aus Freiburg versetzen lassen, wo vor zwei Jahren die erste „Tatort“-Sonderproduktion mit Makatsch als Kommissarin spielte: Berlingers Mutter, die sich bisher um die kleine Tochter gekümmert hatte, ist offenbar verstorben, wie wir erfahren – jetzt muss eben die Cousine in Mainz ran.
Der frische Mordfall, um den sich die rappelige Kommissarin – er stehle ihr die Zeit, wird dem Verehrer beschieden, der es wagt, sie auf einen schnellen Automatenkaffee einzuladen – in Mainz kümmern muss: Ein Mädchen wird erschlagen in einem Schuppen gefunden. Aus einer Altkleidertonne haben Berlinger und ihr Kollege Rascher (Sebastian Blomberg) kurz zuvor einen blutdurchtränkten Kapuzenpullover auf den Schreibtisch bekommen.
„Zeit der Frösche“. Montag, 2. April, 20.15 Uhr, ARD. Buch: Marco Wiersch und Florian Oeller, Regie: Markus Imboden.
Rascher glaubt, dass ein nie gefasster Serienmörder wieder aktiv geworden ist – während Berlinger fürchtet, dass der eigenbrötlerische 13-jährige Sohn ihrer Cousine etwas mit dem Mord zu tun haben könnte, denn die blutige Kapuzenjacke ist seine. Am Ende ist es natürlich noch ein wenig, aber nicht sehr viel, komplizierter – zum Beispiel fehlt ja auch noch ein Motiv.
Na gut, das guckt sich so weg. Schade, dass Ko-Kommissar Rascher als Charakter so blass bleiben muss – er wirkt immer wie in die Szenen reingestellt, wohin er geht oder woher er kommt, bleibt unklar. Schade aber auch, dass man die Makatsch als Kommissarin Berlinger nicht öfter ermitteln sieht. Mainz hatte seit 30 Jahren keine „Tatort“-Ermittlerteam mehr. Vielleicht will man die rappelige Kommissarin ja dort sesshaft werden lassen?
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