Tarifstreit bei der Deutschen Bahn: Bahn legt GDL neues Angebot vor
Der Staatskonzern will damit weitere Streiks abwenden. Ob die Offerte die Lokführer-Gewerkschaft zurück an den Verhandlungstisch bringt, ist offen.
Personalvorstand Martin Seiler forderte die GDL erneut zu Verhandlungen auf. „Es liegen tragfähige Lösungen auf dem Tisch.“ Die Gewerkschaft hatte angekündigt, von Montag an den nächsten Streik vorzubereiten, sollte die Bahn bis dahin kein „verhandlungsfähiges Angebot“ vorlegen.
Wie hoch die sogenannte Entgeltkomponente sein soll und wie sie gezahlt werden soll, gab die Bahn nicht bekannt. Die Gewerkschaft fordert 3,2 Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von 28 Monaten sowie eine Corona-Prämie von 600 Euro. Die Bahn will die Tariferhöhung über einen längeren Zeitraum strecken und bietet eine Laufzeit von 36 Monaten an. Zudem bietet sie eine Corona-Prämie je nach Lohngruppe 600 oder 400 Euro an.
Die Entgeltkomponente soll darüber hinaus gezahlt werden. Zudem kommt die Bahn der GDL nach eigener Darstellung beim Streit über die Altersvorsorge entgegen. Sie sagte demnach zu, bis Ende 2020 erworbene Anwartschaften aus dem früheren Altersvorsorge-System uneingeschränkt zu erhalten.
Ein Knackpunkt in den Verhandlungen ist die Frage, für wen der neue Vertrag gelten soll. Die GDL will nicht nur Lokführer und Zugbegleiter vertreten, sondern auch Rahmentarifverträge für Beschäftigte in den Werkstätten und in der Infrastruktur sowie für Auszubildende schließen. Die Bahn erklärte dazu nun: „Der Konzern erklärt sich außerdem bereit, den Anwendungsbereich der GDL-Tarifregelungen in den heutigen GDL-Mehrheitsbetrieben zu überprüfen.“
Zuletzt fünftägiger Streik im Personenverkehr
Ob das der GDL für eine Rückkehr an den Verhandlungstisch reicht, ist unklar. Am Samstagvormittag war die Gewerkschaft zunächst nicht zu erreichen. GDL-Chef Claus Weselsky hatte argumentiert, seine Gewerkschaft habe Tausende neue Mitglieder auch in anderen Bahn-Berufen wie in der Verwaltung. Diese hätten ein Recht auf einen Tarifvertrag, was ihnen die Bahn verweigere.
Hintergrund des Streits ist das Tarifeinheitsgesetz. Dieses sieht vor, dass in einem Betrieb mit mehreren Gewerkschaften nur der Tarifvertrag der mitgliederstärkeren Arbeitnehmervertretung angewendet wird. Aus Sicht des Konzerns ist das in einem Großteil der rund 300 Bahn-Unternehmen die konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. Die GDL zweifelt das an.
Die GDL hat in der laufenden Tarifrunde bisher dreimal gestreikt, zuletzt im Personenverkehr fünf Tage lang. Viele Pendler und Reisende waren von Zugausfällen und Verspätungen betroffen. Die Bahn setzte einen Notfahrplan in Kraft. Auch der Güterverkehr war von den Ausständen betroffen. Für den dritten Ausstand hatte mehr als jeder zweite Deutsche (53 Prozent) kein Verständnis, wie eine Yougov-Umfrage für die Deutsche Presse-Agentur in dieser Woche ergab. Hingegen hatten 36 Prozent Verständnis für die Aktion.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption