Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst: Verdi legt nicht nur Flughäfen weitgehend lahm
Vor der dritten Tarifrunde für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen weitet die Gewerkschaft ihre Warnstreiks aus.

Arbeitsniederlegungen gibt es am Montag auch unter anderem bei den Stadtreinigungen von Berlin und Hamburg. In Düsseldorf fahren bis Dienstag keine U-Bahnen oder Straßenbahnen und nur wenige Buslinien. Für Mittwoch sind alle gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Nordrhein-Westfalen zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen.
In anderen Bundesländern sind ebenfalls weitere Arbeitskampfmaßnahmen geplant. Davon betroffen werden in dieser Woche auch die Bundeswasserstraßen sein, sodass es dort zu Verzögerungen im Schiffsverkehr kommen dürfte.
Damit reagiert die Gewerkschaft auf den aus ihrer Sicht „sehr enttäuschenden Verhandlungsverlauf“. In den ersten beiden Runden Ende Januar und Mitte Februar hatten Bund und Kommunen kein eigenes Angebot vorgelegt. Seitdem weitet Verdi den Protest aus. „Die Arbeitgeber mauern komplett“, kritisiert der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke. Bislang habe es „keinerlei Annäherung und keinerlei positives Signal“ gegeben.
Gemeinsam mit dem Deutschen Beamtenbund fordert Verdi für die rund 2,5 Millionen Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen eine Lohnsteigerung um 8 Prozent. Mindestens aber soll es 350 Euro mehr pro Monat für Entgelterhöhungen sowie höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten geben. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikumsentgelte sollen um 200 Euro monatlich angehoben werden. Außerdem fordern die Gewerkschaften drei zusätzliche freie Tage, für Gewerkschaftsmitglieder sollen es sogar vier sein.
Bislang kein Angebot der Arbeitgeberseite
Während Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die für den Bund verhandelt, die Forderungen nur zurückhaltend als „sehr hoch“ bezeichnet hat, hat die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) sie als „nicht tragbar“ und „geradezu realitätsfern“ zurückgewiesen. Nach ihren Berechnungen summiert sich das Gewerkschaftspaket auf Mehrkosten von rund 15 Milliarden Euro.
„Klare Grenzen sind den Kommunen schon alleine durch die historische Verschuldung von 158,8 Milliarden Euro und die chronische Unterfinanzierung gesetzt“, sagt die Gelsenkirchener Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD), Präsidentin und Verhandlungsführerin der VKA. „Der Tarifabschluss darf nicht zu weiteren Einschränkungen im kommunalen Leistungsangebot führen“, mahnte sie.
Divergierende Auffassungen gibt es auch in der Frage zur Laufzeit des neuen Tarifvertrags: Die Gewerkschaften wollen ihn für zwölf Monate abschließen, die Arbeitgeber über drei Jahre. „In den drei Jahren wollen sie mehr oder weniger nichts bezahlen“, ärgert sich Verdi-Chef Werneke. Und selbst dieses „mehr oder weniger Nichts“ hätten sie bisher nicht quantifizieren können.
Sollte eine Einigung in der kommenden Verhandlungsrunde nicht gelingen, kann jede Tarifpartei die Schlichtung anrufen. Erst wenn auch die scheitern sollte, wären unbefristete flächendeckende Streiks möglich. Das ist allerdings trotz aller verbalen Kraftmeierei unwahrscheinlich – das letzte Mal gab es das im Jahr 2006.
Flughafenverband fordert Einschränkung des Streikrechts
Doch schon die gegenwärtigen Warnstreiks sorgen für gehörige Aufregung. Mit Empörung hat die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) auf die angekündigten „Monsterstreiks“ an den Flughäfen Berlin-Brandenburg, Bremen, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Köln-Bonn, Karlsruhe, Leipzig-Halle, München, Stuttgart und Weeze am Montag reagiert.
„Es ist unerlässlich, dass die Politik Maßnahmen ergreift, um Flughäfen und andere kritische Infrastrukturen besser vor ausufernden Streiks zu schützen“, forderte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel am Samstag. Streikankündigungen in der „kritischen Infrastruktur“ sollten mit mehr Vorlauf angekündigt werden müssen und erst nach einer gescheiterten Schlichtung zulässig sein.
Verdi habe den Warnstreik bewusst frühzeitig angekündigt, damit sich Reisende auf die Einschränkungen einstellen können, sagte demgegenüber die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle. „Wir bedauern die Unannehmlichkeiten, die dieser Streik für die Fluggäste mit sich bringt“, so Behle. „Doch ohne den Druck durch Arbeitskampfmaßnahmen wird es keine Bewegung in den Verhandlungen geben.“
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