piwik no script img

Tarifeinigung im Öffentlichen Dienst90 Euro und ein Urlaubstag mehr

Es gibt mehr Urlaub und die Gehälter im öffentlichen Dienst steigen um insgesamt 5,4 Prozent. Die Kommunen werden Mehrausgaben in Milliardenhöhe haben.

Warnstreikende auf dem langen Marsch zur Tarifeinigung. Bild: dpa

BERLIN taz | Die 2,1 Millionen Angestellten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen können zufrieden sein: Rückwirkend zum 1. März bekommen sie 3 Prozent, mindestens aber 90 Euro mehr Lohn. Im März 2015 steigen die Gehälter dann noch einmal um 2,4 Prozent. Auszubildende erhalten in diesem Jahr 40 Euro, im nächsten Jahr noch einmal 20 Euro mehr. Darauf einigten sich am Dienstagabend Arbeitgeber und Gewerkschaften.

„Der Abschluss bietet Verbesserungen für alle Beschäftigten, insbesondere für die Erzieherinnen und Erzieher“, sagte Andreas Gehrke von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Vor allem BerufseinsteigerInnen profitierten vom Mindestbetrag von 90 Euro, sagte Gehrke.

Ver.di-Chef Frank Bsirske sprach von „einem der besten Tarifabschlüsse dieses Jahres“. Der Lohnabstand zur Privatwirtschaft werde geringer, Beschäftigte bei der Müllabfuhr und in den Krankenhäusern erführen eine „deutliche Wertschätzung“.

Der Abschluss bedeutet nicht nur mehr Lohn im Geldbeutel. Einheitlich erhalten die Beschäftigten von Bund und Kommunen auch 30 Tage Urlaub. Azubis haben ab sofort 28 Tage und damit einen Tag Urlaub mehr.

Die Gewerkschaften beklagten aber, dass es nicht gelungen sei, einen Zuschlag für Beschäftigte im Nahverkehr auszuhandeln. Zudem waren die Arbeitgeber nicht bereit, die Nachtdienstzuschläge an kommunalen Krankenhäusern um 75 Cent zu erhöhen.

Durch die Einigung sind weitere Streiks abgewendet. In den vergangenen zwei Wochen waren über 300.000 Beschäftigte in den Ausstand getreten, um Gehaltserhöhungen zu erreichen.

Auf die Kommunen kommen nun allerdings höhere Ausgaben zu. In diesem Jahr sollen es rund 2,55 Milliarden Euro mehr sein, im nächsten Jahr noch einmal knapp 2 Milliarden Euro. Thomas Böhle, Chef der kommunalen Arbeitgeberverbände, sagte, das Ergebnis sei „gerade noch vertretbar“. Auch wenn es manchen Kommunen schwerfallen werde, die höheren Summen aufzubringen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) kündigte an, den Abschluss „zeit- und inhaltsgleich“ auch auf die rund 360.000 BeamtInnen des Bundes zu übertragen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Der Abschluss ist viel zu gering. Das ist über zwei Jahre gerechnet, plus-minus-null und bringt kaum einen Effekt. Zum einen sollte man wissen, dass Erzieherinnen bundesweit im Gehalt beschnitten wurden: Eine Erzieherin mit Arbeitsvertrag von 1985 hat gute 400 EURO mehr und damit auch mehr Rentenanteile. Die 90 EURO entsprechen gerade mal 22,5 Prozent der Kürzungssumme und sind dann auch noch Inflationsausgleich und Produktivitätsfortschritt. Das klingt wohl lächerlich, aber: Wenn in einer Gruppe eine Ezieherin mit 12-16 Kindern alleine arbeitet, ist es das - leider - nicht. Für mich ist es unbegreiflich, dass die Gewerkschaften hiermit zufrieden sind. Es wird so bleiben: Der öffentliche Dienst zahl drastisch weniger und wer dort als Angestellter arbeitet, muss mit Altersarmut rechnen.

    • @Andreas_2020:

      Die SPD hat den Gewerkschaften mit ihrer Agenda 2010 faktisch den Boden unter den Füßen weggezogen. Befristungen, Leiharbeit, Werkverträge und natürlich Hartz IV waren ein brutaler Angriff auf die gewerkschaftliche Verhandlungsmacht. Und trotzdem haben führende Gewerkschafter in Nibelungentreue weiterhin für diese Agenda-SPD geworben. Wir müssen dahin kommen, dass die Gewerkschaftsmitglieder so eine Linie nicht mehr hinnehmen.

  • Ver.di-Chef Frank Bsirske sprach von „einem der besten Tarifabschlüsse dieses Jahres“. Der Lohnabstand zur Privatwirtschaft werde geringer, Beschäftigte bei der Müllabfuhr und in den Krankenhäusern erführen eine „deutliche Wertschätzung“.

     

    Wenn das Bruttobeträge sind, ist der Abschluss alles andere als zufriedenstellend. Es bleibt noch nicht einmal die Inflation übrig. Steigende Nebenkosten für Mieter können damit keinesfalls beglichen werden. Es muss jeden wundern, dass die Arbeitgeber so schnell zugestimmt haben. VER.DI hat sich (wieder einmal) über den Tisch ziehen lassen.

    • @Willi:

      Die Arbeitgeber lassen die Sektkorken knallen angesichts dieses Abschlusses. Ich werde gegen den Abschluss stimmen.