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Wenn es das Ziel sein soll, Gehlatsunterschiede möglichst zu nivellieren, dann liegen Sie richtig. Man muss nur sehen, wie sich die Nivellierung schon im Kleinen auswirkt: Ich darf in meinem Job gelegentlich Beschäftigte höhergruppieren. Sollte eigentlich für alle Seiten ein erfreuliches Ereignis sein - ist es aber nicht, weil man mit feierlichem Gesicht jemandem erklären muss, dass er eine verantwortungsvollere Aufgabe bekommt und dafür in eine höhere Entgeltgruppe kommt, aber der sich sich dann nach der nächsten Gehaltsmiteilung vollkommen veräppelt vorkommt, wenn dann gerade mal knappe 20 EUR mehr auf dem Konto sind.
Bei meinen Zahlen habe ich mich in der Tat um rund 80 EUR vertan. Allerdings sind ihre Zahlen auch nicht richtig: Zwischen einer Krankschwester in Kr 7a und dem höchsten regulären Tabellenentgelt im TV-L/TVöD liegen rund 2.500 EUR, netto - unter Einbeziehung steuerfreier Schichtzulagen sind es noch etwas weniger. Da aber eine Krankenschwester nur selten auf einen Sprung auf eine Abteilungsleiterstelle kommt, finde ich es viel realistischer, sich anzusehen, wie sich eine Fachkrankenschwesterausbildung (2 Jahre berufsbegleitend mit eintsprechender Freizeit-Beteiligung und Prüfung) auswirkt: In der Endstufe sind es genau 0,0 EUR.
Ist dies wirklich gerecht?
Der Kommtator kann den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst nie gesehen haben. Zwischen dem Tabellenendwert einer ungelernten Kraft (E 2) und jemanden mit einer abgeschlossen Ausbildung (E 5) liegen weniger als 200 EUR, bei Berufsanfänger ist die Differenz noch geringer - dies ist die direkte Folge von jahrelangen Erhöhungen von Sockelbeträgen. Ist es wirklich gerecht, wenn eine Krankenschwester mit der Verantwortung für die richtige Pflege und Mediakation von Patienten kaum mehr Geld bekommt als ein Pförtner, wenn eine Erzieherin mit vierjähriger Ausbildung nur unwesentlich mehr bekommt als eine Küchenhilfe?
Die Sockelbeträge sind es, die den öffentlichen Dienst für gelernte Kräfte unattraktiv gemacht haben - dies ist (u.a.) der Grund für ErzieherInnen und KrankenpflegerInnen-Mangel. Der jetzige Tarifabschluss macht dies leider nur noch schlimmer! Für mich ist es unbegreifbar, was daran gerecht oder auch nur sinnvoll sein soll!
Es war einmal ein kleiner Mann,
der hatte keine Eier dran,
ein Jeder haut nur auf ihm rum,
jetzt bleibt er auch noch stumm.
CDU-Chef Friedrich Merz behauptet, Geflüchtete würden das deutsche Gesundheitssystem ausnutzen. SPD und Grüne widersprechen deutlich.
Kommentar Öffentlicher Dienst: In Ordnung, aber nicht gerecht
Sehr viele Räder standen still – und so hat Verdi einen anständigen Tarifabschluss erreicht. Eine Gruppe droht aber immer noch abgehängt zu werden.
Okayer Abschluss: Verdi-Chef Bsirske zeigt die Höhe an. Bild: dpa
Es war ein heftiger, aber kurzer Tarifkonflikt. Gerademal drei Verhandlungsrunden bedurfte es, um im öffentlichen Dienst zu einer Einigung zu kommen, mit der beide Seiten leben können.
Als "gutes und faires Ergebnis" bezeichnete Bundesinnenminister Thomas de Maizière zu Recht den gefundenen Kompromiss. Dass der Bund und die Kommunen bereit waren, ihn so schnell einzugehen, dürfte nicht zuletzt dem Muskelspiel von Verdi geschuldet sein.
Mit ihren Warnstreiks in der vergangenen Woche hat die Gewerkschaft der Arbeitgeberseite, aber auch sich selbst eindrucksvoll demonstriert, dass sie im öffentlichen Dienst noch kampffähig ist. Sehr viele Räder standen still, weil es der starke Arm von Verdi so wollte.
Das Resultat dieser Machtdemonstration ist ein Tarifergebnis, das "in der Spitzengruppe der diesjährigen Abschlüsse" liegt, wie Verdi-Chef Frank Bisirske zufrieden resümiert.
Mindestbetrag entscheidend
Tatsächlich ist der Tarifabschluss erfreulich, weil er ein Schritt in die richtige Richtung bedeutet. Die Gewerkschaft hat dazugelernt: Im Gegensatz zur Tarifrunde von vor zwei Jahren hat Verdi diesmal auf einer sozialen Komponente bestanden.
Wer die Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit zu seinen Zielen erklärt, der sollte auch seine eigene Tarifpolitik danach ausrichten. Das heißt, dass es gerade darum gehen muss, die ökonomische Situation derjenigen zu verbessern, die es am nötigsten haben.
Deswegen ist der jetzt mit den Arbeitgebern vereinbarte Mindestbetrag von 90 Euro so wichtig. Er beschert den unteren und mittleren Entgeltgruppen eine überdurchschnittliche Reallohnsteigerung, die sie verdient haben. Ohne ihn würde die unterste Einkommensgruppe gerademal einen Zuwachs von knapp über 46 Euro verzeichnen können.
Dass sich das Gehalt von Menschen, die bislang weniger als 1.600 Euro brutto in der Lohntüte haben, jetzt nicht nur um die generell vereinbarten 3 Prozent, sondern um etwa 5,8 Prozent in diesem Jahr erhöht, ist mehr als angemessen.
Topverdiener profitieren
Trotz des Mindestbetrags bleibt jedoch auch dieser Abschluss ungerecht, weil jene am meisten davon profitieren, die ohnehin schon mehr haben. Denn die Prozentlogik wurde zwar abgemildert, aber nicht aufgehoben.
Das bedeutet: Topverdiener im öffentlichen Dienst bekommen nun in diesem Jahr nicht 90 sondern bis zu 195 Euro pro Monat mehr. Bei ihnen ist übrigens auch die Differenz zur ursprünglichen gewerkschaftlichen Forderung weitaus geringer. Ihre monatliche Gehaltssteigerung bleibt nur um etwa 35 Euro dahinter, bei den Niedriglöhnern jedoch um rund 57 Euro.
Die Konsequenz, die die Gewerkschaften ziehen sollten: Wer nicht will, dass sich der Abstand beim Lohnniveau weiter vergrößert, sollte endlich Abschied nehmen vom Streit um Prozente und stattdessen um feste Summen kämpfen. Das wäre gerechter.
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Kommentar von
Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.
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