piwik no script img

Tansanias Präsident zu den FrauenSetzt eure Eierstöcke frei!

John Magufuli fordert mit drastischen Worten mehr Kinder in Tansania, damit die Wirtschaft schneller wächst. Er findet Familienplanung sowieso doof.

Tansanias wortgewandter Präsident, hier bei einem Kenia-Besuch Foto: reuters

Berlin taz | Tansanias Präsident John Magufuli ist immer für eine unterhaltsame Einlage gut. Als er 2015 Präsident wurde, verordnete er einen nationalen Sauberkeitstag und griff selbst zum Besen. Er legte sich mit ausländischen Investoren an, er verbot Shisha-Pfeifen und Aids-Aufklärung und rief zur Denunziation von Homosexuellen auf.

Jetzt hat er Tansanias Frauen empfohlen, mehr Kinder zu kriegen, um das Land reicher zu machen. „Wenn du eine große Bevölkerung hast, baust du die Wirtschaft auf“, erklärte er am Dienstag bei einem Auftritt in seiner Heimatstadt und erläuterte: „Deswegen ist Chinas Wirtschaft so groß.“ Und dann: „Ich weiß, dass diejenigen, die gerne Eierstöcke verschließen, sich über meine Worte beschweren werden. Setzt eure Eierstöcke frei! Sollen die anderen ihre verschließen.“

Tansania hatte 10 Millionen Einwohner, als es vor fast sechzig Jahren unabhängig wurde; heute sind es 61 Millionen, in zwanzig Jahren sollen es schon über 100 Millionen sein, schätzen die Vereinten Nationen.

Wie viele andere afrikanische Führer, beispielsweise Yoweri Museveni im benachbarten Uganda, sieht auch Magufuli in diesem rasanten Wachstum die Korrektur einer historischen Ungerechtigkeit – das heutige Tansania wurde einst von arabischen Sklavenhändlern entvölkert und dann von deutschen Kolonisatoren dezimiert.

Aber die Wortwahl des Präsidenten eckt an – wiedergegeben wurde sie in zahlreichen regionalen Medien unter der Überschrift: „Präsident ruft Frauen auf, ihre Eierstöcke freizusetzen, um die Wirtschaft anzukurbeln“.

Familienplanung als Faulheit

Auf Twitter reagierte eine Tansanierin: „Als moderne Frau kann ich das nicht fassen.“ Ein anderer schäumte: „Seine jetzige Bevölkerung kann kaum Brot auf den Tisch legen, und jetzt wagt er es, seinen Frauen zu sagen, sie sollen sich vermehren und das Land füllen.“

Dass China sich nicht durch höheres Bevölkerungswachstum auszeichnet, sondern durch das Gegenteil, wurde in den Reaktionen kaum thematisiert. Es ist aber nicht Magufulis erster Ausflug in die Bevölkerungspolitik. Als er 2016 kostenlose Grundschulen einführte, sagte Tansanias Präsident: „Die Frauen können jetzt ihre Verhütungsmittel wegschmeißen“.

Im vergangenen September sagte er, wer Familienplanung betreibe, sei faul: „Ihr habt Vieh, ihr seid gute Bauern, ihr könnt eure Kinder ernähren – warum solltet ihr euch für Geburtskontrolle entscheiden?“ fragte er seine Zuhörer. „Ich war in Europa und ich habe die Auswirkungen von Geburtenkontrolle gesehen. In manchen Ländern kämpfen sie jetzt mit einer schrumpfenden Bevölkerung. Sie haben keine Arbeitskräfte mehr.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Man sollte meinen, dass wäre eine Satire auf sexistische Weltanschauungen. "Setzt eure Eierstöcke frei", ich gebe es zu, ich musste zuerst lachen. Aber der Mann meint den Wahnsinn zum Bevölkerungswachstum ja ernst.

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Ich kenne das Land und seine politische Szene nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Tansanier ein Voll-Crétin an der Spitze verdient haben

  • Heilige Scheiße! Eine gute Demonstration der Verwobenheit von Kapitalismus, Sexismus und Biopolitik.

    • @Uranus:

      ... die allerdings auch von Politiker*innen hierzulande sinngemäß geäußert wird.