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Tag gegen Gewalt an FrauenSelbstbestimmung für Gebärende!

Eine Geburt kann für Frauen eine traumatische Erfahrung bedeuten. Gerade psychisch kranke Schwangere brauchen bessere Unterstützung.

Gewalterfahrungen kann es dort geben, wo die Bedürfnisse Gebärender nicht im Zentrum stehen Foto: Bertram Solcher/laif

A ufgrund der Erfahrungsberichte Betroffener, die regelmäßig zu lesen sind, stehen am Internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen an diesem Freitag auch Gewalterfahrungen in der Geburtshilfe im Scheinwerferlicht. Solche Erfahrungen gibt es meistens dort, wo die Bedürfnisse Gebärender nicht im Zentrum stehen, sondern Bevormundung und wirtschaftlicher Druck Vorrang bekommen.

Das Gegenteil von Gewalt heißt Selbstbestimmung. Nein heißt nein, auch in der Geburtshilfe. Schwangere und Gebärende erleben am eigenen Körper, ob und wie Staat und Gesellschaft ihnen selbstbestimmte Entscheidungen ermöglichen.

Damit Schwangerschaft und Geburt stärkende, nicht entfremdende oder traumatisierende Erfahrungen bedeuten, muss auch die Entscheidung gegen eine Schwangerschaft vom Gesundheitssystem unterstützt werden. Zudem braucht das Gesundheitssystem die Ressourcen, die für eine gute Geburt und eine gute Nachsorge nötig sind.

Ein angemessener Personalschlüssel für Hebammen und eine ausreichende Finanzierung müssen dafür endlich zur Regel werden. Schwangere mit psychischen Belastungen und Erkrankungen brauchen für eine gute Geburt oftmals mehr Unterstützung als gesunde Frauen. Ihre Bedürfnisse sollten schon früh in der Schwangerschaft erkannt werden; die Fachleute in der Geburtshilfe sollten sich dazu besser vernetzen.

Zeit nehmen und nachfragen

In der Geburtsvorbereitung und Nachbesprechung beispielsweise ist wichtig, dass sich Hebammen und Ärz­t*in­nen Zeit nehmen, von sich aus nachfragen und psychisch kranken Schwangeren bei Bedarf Unterstützung anbieten. Stationäre und ambulante Behandlung und Unterstützungsangebote nach der Geburt müssen früh geplant werden, um Krisen bis hin zum Entzug der elterlichen Sorge möglichst zu verhindern.

Bei der Umsetzung unseres nationalen Gesundheitsziels „Gesundheit rund um die Geburt“ müssen wir alle Schwangeren mitdenken – gegen Gewalt und für Selbstbestimmung.

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4 Kommentare

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  • Das ist doch wunderbar. Hier schreibt also eine MdB, Mitglied der aktuellen Regierungskoalition, dass die Geburtshilfe mit adäquaten Mitteln ausgestattet werden muss.



    Da warte ich doch schon gespannt auf entsprechenden Änderungen in der Sozialgesetzgebung, die in den nächsten Wochen vorgelegt werden. Was sollte eine Regierung schließlich daran hindern, die eigenen Vorschläge umzusetzen?

    Sonst wäre das ja mal wieder nur populistisches Geschwätz, passend zum aktuellen Aktionstag, für den sich ja eigentlich sowieso keiner interessiert. Aber jemand müsste halt so tun als ob, also hätten sie mal jemand zur taz geschickt, was erzählen. Regierungsparteien hierzulande machen sowas doch nicht. Oder?

  • Ich finde, dass auch die Rolle der Väter als ",Anwälte"der Frauen eine wichtige Rolle spielen. Sie einfach auszusperren während Corona hat die Gebärenden komplett den in der Regel völlig unbekannten Hebammen ausgeliefert. Während der Geburt meiner beiden Kinder hat meine Frau lieber mit mir kommuniziert als mit den Hebammen und ich habe dann die Interessen meiner Frau vor den Geburtshilfen vertreten. Z.b. "Nein meine Frau hat mir gesagt sie möchte keinen Wehentropf"

    • @silicananopartikel:

      "in der Regel völlig unbekannten Hebemmen" - Ernsthaft?



      Meine Freundin kannte ihre Hebamme schon Wochen vor der Geburt gut, hat sich ihr anvertraut. Die Hebamme war die "Anwältin", auch, weil sie einfach Ahnung hat. Ich war emotionaler Beistand meiner Freundin, und froh, mich darauf konzentrieren und nicht auch noch Anwalt spielen zu müssen. Im Notfall - klar. Aber man kann einiges dafür tun, dass diese Art Notfall unwahrscheinlich bleibt. Wehentropf oder nicht lässt sich wirklich vorab absprechen.



      Auch wenn es unser Ego kränkt, Jungs: Bei einer Geburt sind wir nicht die Hauptperson, auch nicht als "Anwälte".

      • @HanM:

        Dass es in Deutschland zur Zeit viel zu wenige Hebammen gibt, ist Ihnen schon aufgefallen? Bei meinem ersten Kind hatte ich bis zur Geburt nie eine getroffen. Beim zweiten Kind war keine aufzutreiben, die auch Geburten betreut. Die mir bekannte Hebamme war also im Krankenhaus nicht anwesend.



        Auch wenn es sich für euch so anfühlen mag, eure Rolle der Anwesenheit während der Geburt ist alles andere als Nebensache.