piwik no script img

Tag der Humanitären HilfeHelfen ist lebensgefährlich

Seit Anfang 2023 wurden weltweit mehr als 450 Helfer getötet. 2023 war damit das tödlichste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen.

Ein verletzter Mann wird von Mitarbeitern der UNO enakuiert. Helfer leben gefährlich, vor allem in Gaza Foto: Adel Al Hwajre/imago

Humanitäre Hilfe ist so gefährlich wie nie. Zu diesem Fazit kommt das Humanitäre Koordinationsbüro der Vereinten Nationen (OCHA). Die UN begehen regelmäßig am 19. August den Welttag der humanitären Hilfe. Mit 280 getöteten Helfern in 33 Ländern sei 2023 „das tödlichste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen“ gewesen, heißt es in einer Erklärung – und 2024 werde mit bislang 172 wohl noch schlimmer.

Die meisten Toten gebe es im Gazastreifen, wo seit Beginn des israelischen Krieges in Reaktion auf den Hamas-Terrorüberfall auf Israel am 7. Oktober 2023 mindestens 280 humanitäre Helfer getötet worden seien: „Die Normalisierung von Gewalt gegen Helfer ist inakzeptabel.“

In einem von 413 Hilfswerken unterzeichneten Brief an die UN-Vollversammlung werden die Staaten der Welt aufgefordert, Täter solcher Gewaltakte systematisch zur Rechenschaft zu ziehen. Einen Rückzug aus Gefahrenzonen lehnen die Hilfswerke ab: „Wir werden bleiben“, so das ­Schreiben, „aber die Lage erfordert es von uns, gemeinsam für den Schutz unserer Mitarbeiter und Freiwilligen und den von uns unterstützten Zivilbevölkerungen einzutreten“. Dem Appell kann man sich unter #ActForHumanity anschließen.

Anlässlich des Tages der humanitären Hilfe melden sich auch die Staaten zu Wort, die seit einer Woche in Genf versuchen, Verhandlungen mit Sudans Kriegsparteien über eine humanitäre Feuerpause zu führen. Erst am Wochenende sagte Sudans Regierung überhaupt zu, sich daran zu beteiligen. Eine zweite Zusage, den wichtigsten Grenzübergang Adré aus dem Nachbarland Tschad in die besonders von Hunger betroffene westsudanesische Region zu öffnen, erfüllte sie jedoch bis Montag nicht, wie der OCHA-Büroleiter in Sudan mitteilte: 120 Lastwagen mit Hilfsgütern steckten auf der tschadischen Seite der Grenze fest, ein Treffen zur Klärung der Lage sei abgesagt worden.

Die auswärtigen Unterhändler – USA, Schweiz, Saudi-Arabien, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate, dazu die UNO und die Afrikanische Union – riefen nun am Montag in einer gemeinsamen Erklärung Sudans Kriegsparteien auf, „ihre Verpflichtungen unter dem humanitären Völkerrecht zu achten“. Es sei dringend notwendig, „alle wichtigen Verkehrswege für Lebensmittel und Medikamente zu öffnen, um die Millionen von Menschen zu erreichen, die in Sudan hungern und verhungern“.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • "Die meisten Toten gebe es im Gazastreifen, wo seit Beginn des israelischen Krieges in Reaktion auf den Hamas-Terrorüberfall auf Israel am 7. Oktober 2023 mindestens 280 humanitäre Helfer getötet worden seien: „Die Normalisierung von Gewalt gegen Helfer ist inakzeptabel.“..."



    Vielleicht ist diese Bilanz für die entsendenden Organisationen die erschreckendste vor dem Hintergrund der perpetuierten Narrative zu den Verursachern dieser Katastrophe im Sektor "Hilfe von Mensch zu Mensch trotz Bedrohung von Menschen durch Menschen.

  • Das Töten zahlreicher UN-Mitarbeiter, von medizinischem Personal, von Journalisten und einer Vielzahl auch ausländischer Hilfskräfte im Gaza-Streifen durch Israel gehört zu den dunkelsten Kapiteln in Israels daran gewiß nicht armer Geschichte.



    Und wer immer sich mit Israel jetzt oder in Zukunft solidarisiert wird diese Zahlen gesagt bekommen, als Beweis, dass sich Netanjahu-Ben Gvir-Israel aus der Gemeinschaft von Staaten verabschiedet hat, denen Menschenrechte etwas bedeuteten.



    Als erstes wird vermutlich die Zahl der inzwischen mehr als 16.000 getöteten Kinder auf der Liste erscheinen.



    Bin -leider- gespannt auf die Antworten...

    • @Monomi:

      Das ganze Ausmaß der Katastrophe wird wohl erst bekannt, wenn die Angriffe eingestellt werden und die vielen Toten aus den Trümmern und vielleicht noch weiteren Massengräbern geborgen werden können. Wenn bekannt ist, wie viele Weitere aufgrund von mangelnder medizinischer Versorgung und Nahrung sterben mussten.

      • @Timothee Güsten:

        Ja wenn man die Aussagen diverser Ärzte verschiedener Nationen hört, die vor Ort waren, dann scheinen die offiziellen Zahlen viel zu niedrig zu sein. Und wie sie schon sagen, die Zahlen werden wegen des Mangels an medizinischer Versorgung und Nahrung noch viel viel höher steigen.



        Aber anstatt auf die Menschen zu hören, die ihr Leben riskieren um Menschen in Kriegsgebieten zu helfen, sei es nun medizinisches Personal, UN-Mitarbeiter oder Mitarbeiter von anderen Hilfsorganisationen, hören wir lieber auf Politiker, die oft genug ihre eigenen politischen Interessen oder die ihres Landes über das Leben von Menschen stellen, lügen und auch noch gern Helfer diskreditieren wenn ihnen deren Reporte nicht passen. Ich wette keiner von denen könnte eine Woche lang den Job dieser Helfer in Gaza oder Darfur machen, aber vielleicht wäre dies nötig um zu sehen was ihre Entscheidungen für Konsequenzen haben. Aber eventuell ist ihnen das auch egal, denn ich gewinne immer mehr den Eindruck das für Politiker universelle Menschenrechte nicht für alle gelten und manche Menschenleben scheinbar mehr wert sind als andere.