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Syrienpolitik von Russland und den USAGemeinsam den Konflikt beenden

Russland setzt auf Assad, die USA lehnen Verhandlungen mit ihm ab. Washington und Moskau prüfen aber, wie sie kooperieren könnten.

Assad die Hand reichen oder nicht – darüber sind sich die USA und Russland uneins. Foto: ap

Berlin taz | Die USA und Russland verstärken ihre Sondierungen über ein gemeinsames Vorgehen zur Beendigung des Syrienkonflikts und bei der Bekämpfung des Islamischen Staats. Nach Angaben von US-Außenminister John Kerry hat sein russischer Amtskollege Sergei Lawrow direkte Militärgespräche zwischen den Streitkräften beider Länder vorgeschlagen, um sich gegenseitig über das Vorgehen in Syrien zu informieren und möglichen Zwischenfällen vorzubeugen.

In der Obama-Administration herrscht Sorge über Moskaus Rüstungslieferungen in die syrische Provinz Latakia, aus der Präsident Assad stammt, sowie über Aktivitäten russischer Militärs zur Befestigung und zum Ausbau des dortigen Flughafens.

Die in westlichen Hauptstädten geäußerten Spekulationen, Russland bereite die Stationierung von Bodentruppen in Syrien vor für den Kampf gegen die Milizen des Islamischen Staats und/oder zur Unterstützung von Assads Regierungsstreitkräften, hatte Moskau als „falsch“ zurückgewiesen. Möglicherweise bereitet Moskau ein Exil der Familie Assad in Latakia vor, bewacht von russischen Truppen, die auch die russische Marinebasis Tartus am Mittelmeer sichern.

Öffentlich hält die Regierung Putin noch an Assad fest und erklärt ihn für unverzichtbar sowohl für ein erfolgreiches Vorgehen gegen den IS als auch für den von UNO-Vermittler Stafefan de Mistura vorbereiteten innersyrischen Verhandlungsprozess (“Genf 3“) zwischen der Regierung und Oppositionskräften.

Die Regierung Obama und die meisten anderen westlichen Regierungen vertreten bislang zumindest öffentlich die gegenteilige Position. Diese bröckelt. Letzte Woche hatten Spanien und Österreich öffentlich für Verhandlungen mit Assad sowie für ein gemeinsames Vorgehen mit dem syrischen Präsidenten gegen den IS plädiert.

Der finnische Expräsident Martti Ahtisaari erklärte am Mittwoch, die russische Regierung habe über ihren UNO-Botschafter Witali Tschurkin im Februar 2012 angeboten, Assad im Rahmen eines Friedensplans fallen zu lassen. „Erstens: keine Waffen an die Opposition; zweitens: einen Dialog zwischen Assad und den Rebellen ermöglichen; und drittens: einen eleganten Weg für Assad finden, zurückzutreten“, habe Tschurkin angeboten, erklärte Ahtisaari. Washington, London und Paris hätten nicht reagiert.

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7 Kommentare

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  • Man muss abwägen, was effektiver für die Region ist: Assad oder IS bekämpfen und vernichten.

  • 6G
    65522 (Profil gelöscht)

    Naja, man kann auch zu dem genannten Artikel von

    "nzuli sana" unter http://www.imi-online.de/2013/10/31/die-swp-im-krieg/

    fündig werden. Kommt immer drauf an welche Interessen man verfolgt.

  • jetzt mit assad verbünden?

    euer ernst?

    putin ist ein heuchler. hält große reden und macht gemeinsame sache mit massenmördern.

    naja, was anderes sind er und obama ja auch nicht.

  • Entgegen den notorischen Verlautbarungen mancher Atlantikbrücken-Trolle ist Putin überhaupt nicht an der Rettung Assads als Person oder seines Regimes interessiert, sondern nur am Fortbestand der vertraglich zugesicherten russischen Militärbasis in Syrien. Für so eine Basis ist das Fortschreiten des IS eine inakzeptable Bedrohung, die es unbedingt abzustellen gilt, sei es mit Hilfe der syrischen Armee, sei es mit Hilfe westlicher Armeen, sei es notfalls im Alleingang.

     

    Gemeinsames Vorgehen gegen die islamistischen Terrormilizen hat Russland dem Westen bereits 2012 vorgeschlagen, ohne dass man darauf eingegangen ist. Im Grunde ist es jetzt angesichts der IS-Grausamkeiten und der Flüchtlingsströme eigentlich schon zu spät, aber ein Signal kann Wunder wirken und auch die längst aufgegebene Diplomatie wieder im konstruktiven Sinne beleben.

  • Obama wird wohl keine andere Wahl haben, als mit Putin zu kooperieren. Ob und wann wir etwas davon erfahren, steht auf einem anderen Blatt...

     

    Auch Frankreich scheint schon die Fühler Richtung Moskau ausgestreckt zu haben. Würde mich wundern, wenn die EU-Sanktionen noch lange Bestand haben.

     

    Vielleicht bekommt Assad ja Asyl auf der Krim angeboten :)

  • Tja, sowas ist wohl Pech. Bzw. Unvermögen. Da hat sich der Westen mit seinen Ukraine-Zielen wohl zur Unzeit in eine belämmerte Lage gebracht. Müsste er nicht grade so tun, als wäre man zurück im kalten Krieg, könnten sich Russen und Amerikaner die Arbeit an Herrn Assad teilen. So, wie sich in US-Krimis manchmal zwei "Bullen" in die Bearbeitung von Kriminellen teilen. Abwechselnd spielt immer der Eine den Guten, der andere den Bösen. Und zwar so lange, bis der Kriminelle weinend zusammenbricht und gesteht. Das geht natürlich nur, wenn beide Alphatiere über ihren langen Schatten springen. Was zwar im Krimi manchmal klappt dank der Regie, in unsrer aktuellen Realität allerdings eher unwahrscheinlich ist. Wobei - mal sehen, wie lange der "Flüchtlingsstrom" noch anschwellen muss, bevor das Undenkbare gedacht und schließlich vielleicht auch getan werden darf...

  • In seinem Essay argumentiert der Syrien-Experte Heiko Wimmen, weshalb eine strategische Allianz mit dem Assad-Regime im Kampf gegen den Islamischen Staat verhängnisvoll wäre und ein falsches politisches Signal in die Region aussenden würde. https://de.qantara.de/inhalt/strategien-gegen-den-islamischen-staat-was-gegen-ein-buendnis-mit-assad-spricht

    Das war Januar 2015 - jetzt ist es noch schlimmer: Das Kreml-Regime baut militärisch auf