Superman und die Vergangenheit: Hoffnung auf Kryptonisch
„Man of Steel II“, der nächste Superman-Film, wird sich im nächsten Jahr im Kino auf die Suche nach seiner Vergangenheit machen.
D ie Zeiten von Superman wären eigentlich vorbei gewesen. Zumindest, wenn der fliegende Held weiterhin darauf bestanden hätte, sich den Rettungs-Suit in einer Telefonzelle anzuziehen. Die letzten Verfilmungen der Ereignisse rund um DCs Galionsfigur hatten der sich verändernden Welt darum bereits Rechnung getragen, und ließen den „Man of Steel“ (2013) entweder gleich im blau-roten Outfit auftreten.
Oder zeigten ihn („Dawn of Justice“, 2016) kurz an der Krawatte nestelnd, um ihn in der nächsten Szene in klassischer Fliegepose mit dem aus einem Großbrand geretteten Mädchen im Arm und wehendem Umhang zu präsentieren. Wieso soll sich der Erde einziger Kryptonier auch mit solch profanen Themen wie der Suche nach einer geeigneten Umkleidekabine herumschlagen.
Aber Supermans Vergangenheit könnte eine Aufarbeitung wert sein. Und so sieht Jerry Siegels 1938 erstmalig als Comic veröffentlichter Außerirdischer nun einer weiteren Interpretation seiner Geschichte entgegen: Unter der Regie des neuen DC-Direktors James Gunn wurde soeben ein Superman-Spielfilm abgedreht, der im nächsten Jahr in die Cineplexe kommt.
Superman auf innerer Heldenreise
Während viele Fans und Nerds sich über die Wahl des Hauptdarstellers David Corenswet auslassen, der seinem muskulösen Vorgänger Henry Cavill wie aus dem Gesicht geschnitten ist und einen echten Neuanfang insofern nur begrenzt verkörpert, ist der Plot das eigentlich Interessante: Der soll sich, soviel wurde bislang bekannt gegeben, auf die Vergangenheit des Superhelden konzentrieren, auf die Suche nach seinen Wurzeln als aus der Heimat (dem Planeten Krypton) vertriebener, beziehungsweise aus Sicherheitsgründen von den Eltern verschickter Fremder. Superman könnte sich somit auf eine innere Heldenreise begeben.
Darin steckt viel erzählenswerte, über Generationen vererbte Traumabewältigung: Die „big three“ der Superheldengeschichte, neben Superman sind das Batman und Spider-Man, wurden bekanntlich von jüdischen Comicbuchautoren mit familiärer Vertreibungsgeschichte ersonnen – Jerry Siegels Eltern waren vor dem grassierenden Antisemitismus in Litauen geflohen, die Eltern vom Batman-Erfinder Bob Kane waren aschkenasische Jüd:innen, die Familie von Spider-Man-Urheber Stan Lee stammt aus Rumänien und gehörte zur dort traditionell verfolgten jüdischen Minderheit.
Das Schicksal Supermans, den seine Eltern vor dem drohenden Kollaps ihres Heimatplaneten in eine Kapsel setzten und in eine andere Welt katapultierten, wo er sich angesichts seiner Andersartigkeit stets als Außenseiter fühlt und trotz seiner Bemühungen, das „Richtige“ zu tun, immer wieder ausgegrenzt wird, ist also gesellschaftlich höchst spannend und topaktuell.
Keine Rettung von Kindern und Astronauten
Vielleicht hält sich der Blockbuster-Superman auch darum seit einigen Jahrzehnten kaum mehr mit typischen (Verkehrs-)Unfällen auf. Nur noch selten sieht man ihn im traditionellen Sinne Leben retten, etwa Autos oder Schulkinderbusse von einsturzgefährdeten Brücken entfernen, oder explodierende Raketencockpits mit drei Astronauten drin sanft auf dem Boden absetzen.
Im Gegenteil: Würde er sich damit aufhalten, verpasste er die wirklichen Bedrohungen, etwa in Form des alten Krypton-Gegenspielers General Zod, der die Erde in ein neues, nur von Kryptonier:innen bewohntes Krypton „umwandeln“ will. Oder Lex Luthor, Supermans Nemesis, der im Laufe der Comics und Adaptionen immer mehr den Kapitalismus an sich verkörperte.
Auch der Name zählt nicht mehr: In „Man of Steel“ fragt Lois Lane, wofür das „S“ steht. „Das ist kein S“, antwortet Superman. „In meiner Sprache bedeutet dieses Symbol Hoffnung.“ Das passt. Denn dass es heute wieder sehr viel gibt, vor dem man die Welt beschützen müsste, steht außer Frage. Hoffentlich schließt Superman im neuen Abenteuer seine Therapie rasch erfolgreich ab. Danach müsste er sich nämlich direktemang ans Weltretten machen. Sozusagen asap.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste