Südchinas Wirtschaftszentrum Shenzhen: Hightech-Metropole im Lockdown

China macht wegen Corona eine Metropole nach der anderen dicht. Omikron dürfte verhindern, dass das Land sein Wachstumsziel erreicht.

Frau mit Maske läuft an geschlossenem Elektronikmarkt vorbei

Im Lockdown: Der weltgrößte Elektronikmarkt in Huaqiangbei in Shenzhen, Südchina Foto: Chinatopix/ap

PEKING taz | Die hochansteckende Omikron-Variante breitet sich in China weiter aus und sorgt für Corona-Ausbrüche in mehreren Regionen. Am Sonntag habe es 1.337 neue Covid-19-Fälle gegeben, teilte die Nationale Gesundheitskommission am Montag mit. Damit haben die Behörden in Festland China dieses Jahr bereits mehr Covid-19-Fälle gemeldet als im gesamten Jahr 2021.

Auch in Peking ist die Anspannung der Behörden deutlich zu spüren: Vor den Testzentren bildeten sich am Montag Menschenschlangen von Hunderten Metern. Immer mehr Wohnsiedlungen werden abgeriegelt.

In der Wohnanlage Xibahe Zhongli haben Gesundheitsmitarbeiter in weißen Ganzkörperanzügen vier blaue Zelte aufgebaut, in denen die Anwohner selbst bis Mitternacht noch für die regelmäßigen Tests anstehen.

In der südlichen Metropole Shenzhen gilt seit Sonntagabend für alle 17,5 Millionen Einwohner der Lockdown. Sie dürfen diese Woche ihre Apartmentsiedlungen nicht verlassen. Der öffentliche Nahverkehr ist ausgesetzt, Bürogebäude bleiben geschlossen und am Hafen Yantian sollen keine Schiffe mehr beladen werden.

Wertschöpfung fast wie von Österreich

Damit ist die an Hongkong grenzende Tech-Metropole das bislang folgenreichste Opfer von Chinas „Null Covid“-Politik. Nach Peking und Schanghai ist Shenzhen das drittwichtigste Wirtschaftszentrum Chinas. Seine Wertschöpfung ist fast so hoch wie die Österreichs.

Am Montag hat die Gesundheitskommission lokale Infektionen in 56 Städten vermeldet. In den letzten zwei Tagen waren es über 5.000 Ansteckungen – jede einzelne führt zu Massentestungen und Abriegelungen.

Auch in Schanghai gleicht der Alltag immer stärker einem De-facto-Lockdown: Die Bewohner sind angewiesen, nach Möglichkeit die Stadt nicht mehr zu verlassen. Passagierflugzeuge wurden in andere Städte umgeleitet. Ähnlich sieht es auch in der Ostküstenstadt Qingdao aus. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Wirtschaftsmetropole dichtmacht.

Nicht zuletzt ist mit Jilin im Nordosten des Landes eine gesamte Provinz, die flächenmäßig etwa zweimal so groß wie Ungarn ist, abgesperrt. Dort leben 24 Millionen Einwohner. Der Volkswagen-Konzern, der dort gemeinsam mit einem chinesischen Staatsunternehmen mehrere Produktionsstandorte betreibt, musste bereits drei Werke vorübergehend schließen.

Omikron lähmt Binnenkonsum

Das für 2020 ausgegebene Wachstumsziel von 5,5 Prozentpunkten dürfte nicht zu erreichen sein. Schon vor den Omikron-Ausbrüchen war das Ziel extrem ambitioniert, mittlerweile ist es utopisch.

Überall ist zu spüren, dass das Virus nicht nur die Reisetätigkeit auf ein Minimum reduziert, sondern auch den Binnenkonsum massiv lähmt. Viele Chinesen sind verängstigt, unnötigerweise in Restaurants oder Einkaufszentren zu gehen, wenn sie dafür rückwirkend als mögliche Kontaktpersonen von Coronafällen identifiziert und in Quarantäne geschickt werden.

Und doch machen die führenden Epidemiologen deutlich: An der „Null Covid“-Strategie wird trotz einer zuletzt aufflammenden Debatte weiter festgehalten.

Den einzig möglichen Exit-Plan hatte man im letzten Jahr verpasst: Biontech stand kurz davor, seinen MRNA-Impfstoff für China mit dem Pharmakonzern Fosun produzieren zu lassen. Doch Chinas Regierung verweigert bis heute allen ausländischen Vakzinen die Zulassung.

Die heimischen Impfstoffe von Sinopharm und Sinovac bieten zwar prinzipiell Schutz vor schweren Verläufen – aber nicht in dem Maße, als dass die Regierung gewillt ist, eine Lockerung zu riskieren. Denn in vielen Teilen des Landes ist das Gesundheitssystem nur rudimentär entwickelt.

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