Subventionen für Biogas-Maisanbau: „Niemand kann so viel Pacht zahlen“
Der Maisanbau für Biogaskraftwerke sollte nicht subventioniert werden, fordert der Bioland-Chef. Bauern, die Nahrungsmittel produzieren, können nicht mithalten.
taz: Herr Plagge, Biobauern klagen seit Jahren, dass ihnen ihre Äcker von konventionellen Landwirten mit hochsubventionierten Biogaskraftwerken streitig gemacht würden. Wie soll der Staat diese Konkurrenz um Boden im reformierten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) entschärfen, auf das sich Bund und Länder am 31. Mai einigen wollen?
Jan Plagge: Anlagen, die viel Mais vergären, sollten nicht mehr gefördert werden. Bislang schreibt das EEG ja vor, dass die Netzbetreiber und damit letztlich der Verbraucher den Strom solcher Kraftwerke zu einem höheren Tarif als den Marktpreis kaufen müssen. Darunter leiden alle Bauern, die Nahrungsmittel produzieren, weil die Wirtschaftlichkeit der Lebensmittelproduktion nie mit dieser Subventionierung mithalten konnte. Fast niemand kann so hohe Pachtpreise für die Felder bezahlen wie die Biogas-Landwirte, die vor allem Mais anbauen. Deshalb sind die Pachten nachweislich gestiegen.
Sind vor allem Ökobauern betroffen?
Besonders Biotierhalter benötigen Flächen. Sie müssen das Futter selbst anbauen, sonst dürfen sie keine Biotierhaltung betreiben. Das brauchen konventionelle Betriebe nicht.
Die Beschlussvorlage des Bundeswirtschaftsministeriums für das neue EEG lässt bislang offen, wie viel Strom Biogas-Anlagen liefern dürfen, nachdem ihre 20 Jahre dauernde Abnahmegarantie aus früheren Förderperioden abgelaufen ist. Wären Sie damit einverstanden, dass die meisten alten Biogas-Kraftwerke pleite gehen?
Nein. Wir wären schlecht beraten, wenn wir diese Technik, die auch maßgeblich in Deutschland entwickelt wurde, jetzt wieder komplett einstampfen. Wir müssen sie bloß wesentlich intelligenter weiterentwickeln als in den letzten 15 Jahren. Das EEG sollte nur noch Biogas-Strom aus Reststoffen fördern. Es müsste weiter einen sicheren Vergütungssatz pro Kilowattstunde geben, aber nur, wenn die Anlagen Gülle beziehungsweise Mist oder Reststoffe aus einer besonders ökologischen Fruchtfolge verwerten. Damit meine ich zum Beispiel Kleegras und Luzerne, die Biobetriebe sowieso regelmäßig anbauen. Solche Leguminosen-Pflanzen binden den Nährstoff Stickstoff aus der Luft und tragen so zur Bodenfruchtbarkeit und Humusbildung bei.
Das würde ja bedeuten, dass diese Anlagen ineffizienter arbeiten würden, weil Mais mehr Energie pro Kilogramm liefert, oder?
Wenn ich Mais anbaue, habe ich danach einen abnehmenden Humusgehalt und eine abnehmende Bodenfruchtbarkeit. Kleegras dagegen bringt Stickstoff in den Boden ein. Wenn ich das einkalkuliere, habe ich eine deutlich höhere Gesamteffizienz sowohl für die Energieerzeugung als für die Umwelt erreicht.
Wieso für die Umwelt?
Der Anbau von Agromais rein für die Biogasanlagen ist ausgeufert. Das bedeutet einen weiteren Verlust von Biodiversität in der Agrarlandschaft und zunehmende Bodenerosion. Die Lebewesen, die in dieser Landschaft leben müssen, haben immer weniger ökologische Nischen.
45, ist Präsident des Bioland-Verbandes, dem 6.000 Landwirte, Gärtner, Imker, Winzer, sowie rund 1.000 Händler und Verarbeiter in Deutschland und Südtirol angehören. Die Regeln des Verbands sind strenger als die Ökoverordnung der EU.
Welche Vorteile für Ökobetriebe hätte eine stärkere Förderung von Biogas aus Gülle und Leguminosen, außer dass weniger Mais angebaut würde?
Insbesondere Ackerbaubetriebe mit wenig oder gar keinem Vieh in vielen Regionen brauchen eine Verwertung von Kleegras und von Luzernen in ihren Fruchtfolgen. Dafür bietet eben eine angepasste Biogastechnik eine Säule für die Nutzung dieser im Biolandbau natürlich anfallenden Reststoffe.
Würde es da nicht näherliegen, Tiere zu halten, die diese Pflanzen fressen?
Klar, das ist immer der vorzuziehende Weg, dass jeder Ackerbauer möglichst Wiederkäuer hält. Es gibt aber Regionen, wo das schwierig ist. Es gibt nicht die Nachfrage nach so viel Rindfleisch, weder in Deutschland noch in Europa. Und es gibt auch Betriebe, die keine Tiere halten wollen, zum Beispiel bio-vegane Höfe.
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