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Studie zur KinderarmutArmut hemmt Entwicklung

43,2 Prozent der armutsgefährdeten Kinder sprechen mangelhaft Deutsch. Auch in anderen Bereichen sind die Betroffenen klar im Nachteil.

Gleiche Bildungschancen für alle? Kennt dieses Mädchen nicht. Bild: dpa

GÜTERSLOH afp | In Armut aufwachsende Kinder haben einer Studie zufolge von Schulbeginn an einen Rückstand auf ihre Altersgenossen. Die am Freitag von der Bertelsmann–Stiftung in Gütersloh veröffentlichte Studie zu Fünf- und Sechsjährigen aus Hartz–IV–Familien aus dem Ruhrgebiet ergab, dass diese mehr als doppelt so häufig Entwicklungsdefizite haben wie in gesicherten Einkommensverhältnissen lebende Kinder.

Sie sprechen demnach schlechter Deutsch, können schlechter reden, sich weniger gut konzentrieren, sind häufiger übergewichtig und haben geringere Koordinationsfähigkeiten. Für die Studie werteten das Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) an der Universität Bochum und die Stadt Mülheim an der Ruhr die Daten von knapp 5.000 Schuleingangsuntersuchungen aus den Jahren 2010 bis 2013 aus.

Die Auswertung ergab, dass bei den armutsgefährdeten Kindern 43,2 Prozent mangelhaft Deutsch sprechen, bei den nicht armutsgefährdeten Kindern aber nur 14,3 Prozent. Beim Zählen haben demnach 28 Prozent der Kinder aus Hartz–IV–Familien Probleme, aus den übrigen Familien aber nur 12,4 Prozent.

Auch in der körperlichen Entwicklung stellte die Studie erhebliche Unterschiede fest. Probleme bei der Körperkoordination zeigte demnach jedes vierte Vorschulkind aus einer Hartz–IV–Familie (24,5 Prozent), aber nur etwa jedes siebte Kind (14,6 Prozent) aus finanziell geordneten Verhältnissen. Ein ähnliches Verhältnis zeigte sich demnach bei den Fähigkeiten bei der Koordination von Auge und Hand mit 25 zu 11 Prozent.

Defizite in der selektiven Wahrnehmung zeigten 29,1 Prozent der armutsgefährdeten Kinder, in der Vergleichsgruppe waren es nur 17,5 Prozent. Adipös, also deutlich übergewichtig, waren demnach 8,8 Prozent der Kinder, die von staatlicher Grundsicherung leben. Bei den Kindern aus Familien mit sicheren Einkommen waren es nur 3,7 Prozent.

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2 Kommentare

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  • Die Frage ist doch wohl, wer braucht eine solche Studie, denn nach Kausalität wird hier nicht gesucht. Auch scheint die Herkunft, eine Variable, die sowohl Einkommen, als auch Deutschkenntnisse beeinflusst keine Erwähnung zu finden.

     

    Auch wenn man arm ist, kann man sein Kind gesund ernähren, mit ihm Sport machen (hierzu zähle ich auch Spielplatz) und dafür sorgen, dass es zugang zu Büchern, Hörbüchern etc. hat.

     

    Fertiglebensmittel alla Pizza und Co sind häufig teurer als selber machen, Büchereiausweis kostet im Jahr vielleicht 10 Euro für ALG2 Empfänger häufig kostenlos und Kinder sowieso.

     

    Wenn man möchte kann man natürlich alles aufs Einkommen schieben, aber die individuelle Schuld der Eltern sollte man hier nicht ausklammern und auch klar nennen. Nicht das Einkommen ist verantwortlich, sondern die Einstellung der Eltern.

     

    P.s. bin Student und bekomme meinen Lebensunterhalt von meinen Eltern, weniger als ALG2 und ich lebe gut davon. Hab aber auch keinen Fernseher, Playstation, Haustiere,...

  • Wie gut, dass neben diesem Text keinE VerfasserIn angegeben wurde. Nicht auszudenken, welcher Diskriminierung er oder sie sich womöglich hätte ausgesetzt gesehen, hätten die taz-Leser vom Inhalt des Textes auf seine Form und von da aus auf die Herkunft des Verfassers oder der Verfasserin geschlossen!

     

    "Sie sprechen [...] schlechter Deutsch [und] können schlechter reden", heißt es da ja unter anderem über die Kinder aus Hartz-IV-Familien. Der oder die VerfasserIn des Textes, in dem der Umstand angeprangert wird, behauptet nun, dass sogenannte Hartz-IV-Familien:

     

    1) nicht in "finanziell geordneten Verhältnissen" leben,

    2) kein "sicheres Einkommen haben" und

    3) "armutgefährdet" sind.

     

    Das alles ist so nicht korrekt. Zumindest ist es schlechtes Deutsch. "Geordnet" nämlich geht es durchaus zu, wo Vater Staat mit jedem Euro geizt. So sehr "geordnet", wie sonst selten irgendwo in diesem Land. Auch "sicher" ist Hartz-IV durchaus. Es ist schließlich gesetzlich garantiert. Zumindest so lange, wie sich die Bezieher keine erkennbaren Unbotmäßigkeiten leisten. Dass Kinder aus Hatz-IV-Familien allerdings "armutsgefährdet" sind, ist schlicht nicht wahr. Sie sind ganz einfach arm. Und das ist Absicht, denke ich. Es ist politisch so gewollt.