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Studie zum NaturbewusstseinBürger wollen mehr Ökovorschriften

Die Bauern sollen umwelt- und tierfreundlicher wirtschaften, sagt die Mehrheit der Bundesbürger. Auch wenn Produkte teurer werden.

Muh macht die Kuh, viele Kühe machen Mühe. Darin sind sich alle einig Foto: dpa

Berlin taz | Wo liegt das Glück? In der Natur. Neun von zehn Bürgern in Deutschland genießen es, im Grünen zu sein. Sie sagen, das sei für sie verbunden mit Erholung, Gesundheit und Glück. Das ist eine Erkenntnis der neuen Studie zum Naturbewusstsein. Als SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks diese am Mittwoch vorstellte, hatte sie eine Botschaft für einen ihrer großen Widersacher, CSU-Bundesagrarminister Christian Schmidt: „Es gibt eine große gesellschaftliche Mehrheit für eine Agrarwende.“

Hendricks und Schmidt streiten in der schwarz-roten Koalition über Umweltauflagen für Bauern. Sie will die Natur, Wasser und Boden schützen, weniger Spritzmittel und weniger Gülle auf dem Feld. Er will den Landwirten nicht zu viele Vorschriften machen. Am Mittwoch fühlte sich Hendricks nun, wie sie sagte, „bestärkt“.

Die Mehrheit der Bürger (65 Prozent) findet zwar, dass der Naturschutz in Krisenzeiten mit weniger Geld auskommen muss. Zugleich ist die Angst der Bürger vor dem Verlust intakter Natur aber groß: 65 Prozent fürchten, dass sie für Kinder und Enkel „kaum“ noch bleibt. Und sie haben einen Auftrag für die Bauern: Diese sollen umwelt- und tierfreundlicher wirtschaften.

In dem Fragebogen heißt es ausdrücklich, dass durch strengere Umweltregeln Lebensmittel teurer werden könnten. Die meisten Befragten sind trotzdem dafür: 83 Prozent halten neue Vorschriften „voll und ganz“ oder zumindest „eher“ für sinnvoll. Mehr als 90 Prozent fordern mehr Fürsorge für Schweine, Hühner, Rinder. Obendrein finden 76 Prozent wichtig, Genpflanzen in der Landwirtschaft zu verbieten.

Das Umweltministerium geht alle zwei Jahre der Frage nach, wie wichtig den Deutschen die Natur ist. Erstmals ging es dabei auch um die Rolle der Landwirtschaft. Demnächst stehen die EU-Agrarsubventionen auf der Tagesordnung von Schmidt und Hendricks. Deutsche Bauern erhalten jedes Jahr 6,3 Milliarden Euro. Davon sind aber nur knapp 1,2 Milliarden Euro an Maßnahmen zum Umwelt- und Naturschutz gekoppelt. Dabei lässt die EU-Kommission größere Spielräume, die etwa Frankreich und Dänemark nutzen. Hendricks forderte, es solle Zahlungen künftig nur „bei einem gesellschaftlichen Mehrwert“ geben.

Agrarminister Schmidt hingegen erklärte, man dürfe die Landwirtschaft „nicht mit immer neuen Forderungen und Belastungen überfordern.“ Deutschland muss bis Mitte nächsten Jahres an die EU melden, ob und wie Geld umgetopft wird für mehr Natur und Glück.

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5 Kommentare

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  • Wenn es um die Gesundheit der Bevölkerung und die Erhaltung unserer Natur geht, dann sollten ein paar mehr Regeln doch wohl das Mindeste sein. Da der Staat in diesem Fall aber wohl nicht eingreifen will oder kann, wie man bei den Verhandlungen über die Verwendung von Glyphosat sieht, liegt wohl die Macht beim Verbraucher, weshalb gilt: Jeder Kassenbon ist ein Stimmzettel! Regional und bio kaufen und irgendwann sehen es auch die restlichen Landwirte ein.

  • landwirtschaftsministerium und verkehrsministerium NIE wieder an die CSU

  • Wenn man etwas ändern möchte, muss man BIO-Produkte kaufen. Nur dann werden die Landwirte umsteuern, so hoffe ich. Zur Zeit sieht es aber leider nicht danach aus. Nach dem letzten EU Plan sollte es von Unkrautvernichtungsmitteln freie Bereiche, etwa in Randstreifen geben. Die Landwirte haben sich aber erfolgreich gewehrt und die EU - Vorgabe wurde in Deuschland komplett verwässert. Leider befürworten die Landwirte eine Chemielandwirtschaft, die auf lange Sicht gesehen Böden und das Grundwasser ruinieren. Man sieht es am Glyphosat. Trotz Hinweisen darauf, dass Glyphosat krebserregend ist, wollen die Landwirte nicht darauf verzichten. Dass es ohne Glyphosat und die anderern Herbizide und Pestizide geht, beweisen die BIO-Bauern.

    • @Dieter Minne:

      Und dass es ohne Herbizide und Pestizide derzeit eben nicht geht, beweisen gerade die Biobauern, die massenhaft Kupfer auf ihren Kartoffeln, Obst und Wein versprühen. Ein giftiges Schwermetall, das sich im Boden anreichert, im Gegensatz zu Glyphosat. Kupfer hätte heute nicht mehr die geringsten Chancen als Pflanzenschutzmittel zugelassen zu werden. Aus Rücksicht auf die Biobauern zieht man es jedoch nicht aus dem Verkehr.

    • @Dieter Minne:

      Ja, wirklich eine Frechheit von den Landwirten, wenn sie das Verbot von einem Pflanzenschutzmitteln ablehnen, ohne das ein wirtschaftlicher Getreideanbau derzeit nur schwer möglich ist und dessen Schädlichkeit in keiner Form bewiesen ist. Und wenn die 83% für strengere Regeln sind, dann sollen sie Bio kaufen und ordentlich dafür bezahlen, da haben sie schon recht. Derzeit reden die meisten von den Abstimmern jedoch nur dumm daher, der Anteil von Biolebensmitteln liegt bei um die 5%.