Studie zu ukrainischen Geflüchteten: Gekommen, um zu bleiben
Seit Beginn des russischen Angriffs sind über eine Million Ukrainer*innen nach Deutschland geflohen. Wie es ihnen hier ergeht, zeigt eine Studie.
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs wurden laut Bundesinnenministerium bis heute rund 1,1 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine registriert, so der Mediendienst Integration. Dank der „Richtlinie für vorübergehenden Schutz“ können sie in Deutschland arbeiten, Sprachkurse besuchen und erhalten – im Gegensatz zu anderen Geflüchteten – Sozialleistungen nach dem SGB II.
Für die Studie wurden 18- bis 70-jährige Ukrainer*innen befragt, die zwischen Februar und Juni 2022 nach Deutschland geflüchtet sind. Für diese Gruppe könne das Ergebnis verallgemeinert werden, so die Forscher*innen. Trotz der guten Ergebnisse der Befragung wollen sie auf vier Aspekte hinweisen, die „eine besondere Aufmerksamkeit seitens der Politik benötigen“, sagte Yuliya Kosyakova vom IAB.
Wo braucht es noch Unterstützung?
37 Prozent der Geflüchteten möchten für mehrere Jahre oder für immer in Deutschland bleiben, 34 Prozent bis zum Kriegsende, 2 Prozent noch für ein Jahr, der Rest ist unentschieden. Daher sollte nach Ansicht der Forscher*innen die staatliche Unterstützung auch auf einen längerfristigen Aufenthalt ausgerichtet werden.
80 Prozent der Befragten sind Frauen – in der Ukraine gilt ein Ausreiseverbot für wehrpflichtige Männer. Ein Drittel der geflüchteten Frauen ist (vorübergehend) alleinerziehend. Viele der Frauen wollen in Deutschland arbeiten und haben ein hohes Bildungsniveau und Arbeitserfahrung.
Aber ohne geeignete Kinderbetreuung sei der Zugang zu Sprachkursen und Arbeit erschwert, so Kosyakova. „Angesichts der Bedeutung von Arbeit und auch von Kontakt von Kindern zu anderen Kindern für die gesellschaftliche Integration sollte die Schaffung von geeigneten Kinderbetreuungsmöglichkeiten eine hohe Priorität haben.“
Die Sorge um Familienangehörige ist groß
Im Vergleich zur deutschen Bevölkerung geht es den Geflüchteten aus der Ukraine psychisch schlechter, vor allem die Sorge um Familienangehörige ist groß. Die psychosoziale Beratung und Sorge durch Fachpersonal sei von zentraler Bedeutung, so Kosyakova.
Viele der Geflüchteten kannten schon vor der Flucht Menschen, die in Deutschland wohnen. Das hätte den Staat entlastet, erklärte Nina Rother vom Bamf. Denn 74 Prozent der Geflüchteten wohnen in privaten – und nicht in staatlichen – Unterkünften. 26 Prozent davon bei Familie, Freunden und Bekannten.
„Für das Ankommen und das Einleben sind aber auch soziale Kontakte der Aufnahmegesellschaft besonders wichtig“, sagte Rothe. Aber laut der vorgestellten Studie hätten bisher nur rund 44 Prozent der Geflüchteten regelmäßig Kontakt zu Deutschen. Kosyakova fordert den Staat daher auf, mehr Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen. Immerhin gaben drei Viertel der Befragten an, sich in Deutschland willkommen zu fühlen.
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