Studie zu alpinen Gewässern: In Ketten gelegte Wildflüsse
Viele Fließgewässer in den Nordalpen sind ökologisch kaum noch intakt. Sie sind aufgestaut, kanalisiert oder begradigt. Das bedroht die Lebensräume von Tieren uns Pflanzen.
BERLIN taz | Der Zustand zahlreicher Alpenflüsse ist kritisch. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Umweltorganisation WWF, die am Dienstag vorgestellt wurde. Insgesamt sei nach dem Urteil der Umweltschützer die Hälfte aller untersuchten Flussabschnitte nur noch in einem "geringen" bis "mittleren" Maße ökologisch intakt.
Am besten schnitt laut Studie die Sense in der Schweiz ab. Deren ökologischer Wert sei zu 95 Prozent "hoch" oder "sehr hoch". Ihr folgen Isar und Ammer. In einem schlechteren Zustand seien dagegen Thur, Iller und Mangfall. Am negativsten wurde die Traisen bewertet, bei der 93 Prozent unter die Kategorien "mittel" und "gering" fallen. Untersucht wurden für die WWF-Studie 15 nordalpine Wildflüsse in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
"Viele Wildflüsse der Alpen wurden in Ketten gelegt. Sie sind aufgestaut, eingedämmt, kanalisiert oder begradigt, ihrer natürlichen Dynamik und ihrer Auen beraubt", sagt Claire Tranter, zuständige Referentin beim WWF Deutschland.
Der Umweltverband fordert daher die Erhaltung ökologisch wertvoller und - wo möglich - die Wiederherstellung von beeinträchtigten Flussabschnitte. Insgesamt belege die Studie nämlich die hohe Bedeutung naturnaher Wildflüsse, so Tranter. Häufiger fänden sich hier selten gewordene Lebensräume und gefährdete oder vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten.
Vom Wildfluss zur Staustufenkette
Besonders starke Beeinträchtigungen wurden an der Iller, im deutschen Teil des Lechs sowie an Mangfall und Traisen festgestellt. "Es gibt Flüsse, die zu reinen Staustufenketten wurden", so Tranter. Andere seien massiv durch Querbauwerke und Ausleitungen beeinträchtigt. So gebe es Flussabschnitte, an denen die Gewässerdynamik wegen der zahlreichen Staustufen, starker Eintiefungen oder der unmittelbaren Uferbebauung nicht mehr wiederhergestellt werden könne.
Hier müsse der Verlust der letzten Auenreste über technische Hilfsmittel und gezielte Pflege- und Gestaltungsmaßnahmen verhindert werden. An manchen Stellen sollten die Flussläufe aufgeweitet und auetypische Biotope wie Altwässer oder Flutrinnen gezielt angelegt werden. Denn auch die heute noch verbauten Abschnitte verfügten über hohes Potenzial zur Wiederherstellung wertvoller Lebensräume.
Leser*innenkommentare
Karl
Gast
Super!
Die Sedimente solcher "Gewässer" ziehen eine Spur der Verwüstung durch die gewiss nicht geringmächtigen Ablagerungen der Donau...
Das wird sicher spannend, wenn so wieder der Berg ins Tal kommt, stückweise!
Glück auf!
Karl
Peter S.
Gast
Auweia. Aber die Norweger mögen doch bitte Ihre Naturräume für Pumpspeicherkraftwerke zerstören, damit hierzulande die "Energiewende" evtl. zum Erfolg führt.