Studie zu Linksextremismus: Täglich grüßt der Postautonome
Der Präventionsrat Schleswig-Holstein lässt eine Online-Studie zu linksextremistischen Erscheinungen machen. Die Befragung stößt vielerorts auf Kritik.
Am 9. Januar hat Kassun verschiedene Stellen mit der Bitte um Mitarbeit angeschrieben. Sie seien als „geeignete Akteure“ identifiziert worden, weil sie „durch ihre Arbeit mit Linksextremismus konfrontiert sind und/oder zumindest mit milieuaffinen Menschen in Kontakt stehen können“. Bis zum 25. Januar soll die Studie laufen.
Viele Akteure waren überrascht, denn in dem großen Kreis des Landespräventionsrates war die Studie nicht angekündigt und auch nicht vorgestellt worden. Die Onlinebefragung stieß bei verschiedenen Trägern der Beratungs- und Bildungsarbeit auf Kritik – nicht bloß wegen der inhaltlichen Annahmen in den Fragen, sondern auch wegen der mangelnden empirischen Aussagekraft. Der Link ist offen: Wer will, kann einfach mitmachen, und das mehrfach.
Nach Fragen zur Berufserfahrung wird ermittelt, ob man in seinem Arbeits- oder Funktionsbereich schon mit der DKP, MLPD, Sozialistischen Deutschen Jugend, Roten Hilfe, Autonomen, Postautonomen und „Sonstigen“ konfrontiert war. Weitere Parteien oder Gruppen können angegeben werden. Zwei kleine Hinweise zum Anklicken erklären einem sofort, was Postautonome von Autonomen unterscheidet.
Die Firma Ramboll Management Consulting ist vom Landespräventionsrat mit der Studie beauftragt worden. Das internationale Unternehmen (über 15.000 Mitarbeiter in 35 Länder) bietet aber auch Befragungen und Politikberatung an.
Auf seiner Webseite wirbt das Unternehmen mit der Beratung von Bundes- und Landesbehörden, Städten und Landkreisen bei der digitalen Verwaltung.
Die Rubriken auf der Startseite: Hochbau und Architektur, Transport und Infrastruktur, Stadtplanung- und gestaltung, Umwelt und Gesundheit, Energie sowie Wasser.
Nur wenn die Frage beantwortet wurde, kann die Studie weiter online verfolgt werden. So darf dann angegeben werden wie relevant der Linksextremismus im eignen Funktionsbereich und der Region sei und wie oft einem „linke Gewalt“ begegnet wäre: „Niemals, Jährlich, Monatlich, Wöchentlich, Täglich, Kann ich nicht sagen“, darf angekreuzt werden. Die Frage impliziert ein hohes Gewaltpotenzial, was von jeder Polizeistatistik widerlegt wird.
Als mögliche Ursachen linksextremistischer Einstellungen stehen zur Auswahl: geringe Selbstkontrolle, erhöhter Drogenkonsum, Bedürfnis nach Gemeinschaft, Suche nach Identität, Selbstinszenierung, Desintegrationserfahrung, Abenteuerlust, instabiler familiärer Hintergrund, schulische und berufliche Frustration.
Politische Motive werden aber nicht ausgeschlossen: Angekreuzt werden kann Begeisterung für linksextreme Subkultur, die Ablehnung der bestehenden Werte und Normen oder die Unzufriedenheit mit politischen Partizipationsmöglichkeiten. Warum „politische Überzeugung und Szenezugehörigkeit von Freunden“ eine Frage statt zwei sind, erschließt sich nicht ohne Weiteres.
Bei den Ursachen kann zudem „Vorhandensein von Bevölkerungsgruppen, die als Feindbilder und Gegner dienen“ angegeben werden. Bevölkerungsgruppen? Wohl eher eine Frage aus dem Fragekatalog zum Rechtsextremismus. Oder gilt „die Polizei“ als solch eine Gruppe?
Die letzten Fragen beziehen sich auf die Schwierigkeiten bei der Prävention: Mangel an gesellschaftlicher Unterstützung, fehlende Kooperationspartner oder fehlendes Vertrauen der Zielgruppe. Zuletzt wird gefragt, wo Schwerpunkte gelegt werden sollten: bei der Verschärfung der Gesetze für linksextremistische Straftaten, Stärkung der Polizei oder Integrationsmaßnahmen für ehemalige Straffällige.
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