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Studie zu JobbedingungenLeiharbeit macht krank

Im Schnitt haben Leiharbeiter ein Drittel mehr Fehltage im Jahr als Festangestellte. Das liege unter anderem an den Tätigkeiten, die Leiharbeiter ausführen müssen.

Immer wechselnde, harte Arbeiten: beispielsweise Fensterputzen Foto: dpa

Hamburg/Essen epd | Leiharbeiter sind länger krankgeschrieben als Arbeitnehmer in regulären Beschäftigungsverhältnissen. Nach einer Auswertung der Techniker Krankenkasse fehlten Leiharbeiter im vergangenen Jahr durchschnittlich an 20,3 Tagen. Das waren 5,6 Tage mehr als bei Arbeitnehmern in den übrigen Branchen (14,7 Tage), wie die Kasse am Donnerstag in Hamburg mitteilte.

In den vergangenen Jahren verschlechterte sich demnach die Situation zusehends. Noch im Jahr 2008 waren Leiharbeiter den Krankenkassen-Zahlen zufolge an 14,7 Tagen krank. In anderen Branchen waren es elf Tage. Über die Auswertung hatten zunächst die Zeitungen der Funke Mediengruppe berichtet.

Vor allem Muskel-Skelett-Erkrankungen führten bei Leiharbeitern zu mehr Krankheitstagen. Sie fehlten deshalb im Schnitt 4,5 Tage im Jahr, in anderen Branchen waren es 2,8 Tage. Wegen psychischer Erkrankungen blieben Leiharbeiter laut Erhebung 3,4 Tage zuhause, die übrigen Beschäftigten 2,4 Tage.

„Der relativ hohe Krankenstand liegt jedoch nicht nur in dem Beschäftigungsverhältnis Zeitarbeit begründet, sondern auch darin, dass die in der Zeitarbeitsbranche vermittelten Tätigkeiten zu einem großen Teil körperlich schwere Arbeiten sind“, erläuterte die Kasse. Viele Zeitarbeiter seien im Lager- und Transportbereich, als Installateure, Monteure oder Hilfsarbeiter tätig, in Berufsfeldern, die erfahrungsgemäß überdurchschnittlich hohe Fehlzeiten aufwiesen. „Deshalb ist die Diskrepanz zu den Beschäftigten anderer Branchen im Bereich der Muskel-Skelett-Erkrankungen besonders hoch.“

Auch der Wechsel der Einsatzorte und Arbeitsbereiche sowie eine relativ hohe Arbeitsunsicherheit der Zeitarbeitnehmer führen laut Techniker Krankenkasse zu einer erhöhten Belastung. Zudem wirkten sich die schlechten Jobperspektiven auf die Gesundheit aus. Nach Angaben der Bundesregierung sind derzeit in Deutschland 993.000 Zeitarbeiter beschäftigt.

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7 Kommentare

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  • und es gibt immer noch keine Partei die diese Zeckenfirmen verbieten will. Wenn die für ihre Drecksjobs wenigstens anständig löhnen würden. Aber nein, die Betrügerparteien (gelb rot schwarz) machen weiter den Arbeitsmarkt kaputt. Verstehe wirklich nicht, warum die noch eine Stimme erhalten

  • Leiharbeit macht also nicht krank, sondern es ist die körperliche Schwerarbeit die krank macht. Interessant wäre doch einmal Leiharbeiter und Festangestellt im gleichen Tätigkeitsbereich zu vergleichen.

  • Wie schön, dass es die Studie gibt!

     

    Man hört, es wird nunmehr nummerisch fundiert gestritten. Darüber etwa, ob das Problem (höherer Krankenstand) eher auf das „Beschäftigungsverhältnis Zeitarbeit“ und die damit verbundenen sozialen Umstände (höheres Stress-Level durch ständigen Arbeitsplatzwechsel und drohenden Jobverlust, geringe öffentliche Wertschätzung, finanzielle und soziale Ungleichbehandlung etc.) zurückgeht, oder doch mehr auf die Leiharbeiter-Tätigkeitsfelder, die mit körperlicher Anstrengung, ungesünderen Arbeitsbedingungen usw. einhergehen.

     

    Merke: Die Studie ist gut, wenn ein Sturm im Wasserglas erzeugt werden soll, der ohne Konsequenzen bleibt, den Diskutanten in ihrer jeweiligen Fankurve aber Punkte bringt.

     

    Vernünftiger wäre es, man würde nicht alle Jahre wieder Äpfel mit Birnen vergleichen, um so einen „Trend“ ablesen zu können, sondern die Studie anpassen. Etwa in dem man auch Berufsgruppen vergleicht, nicht nur Beschäftigungsverhältnisse. Fest angestellte Dachdecker etwa mit Leiharbeitern, die als Dachdecker arbeiten, fest angestellte Lageristen und solche, die von einer Leiharbeitsfirma vermittelt wurden oder Bandarbeiter mit unbefristeten Verträgen und solche mit einem Leiharbeits-Vertrag. Nicht-Leiharbeiterjobs sollten dabei ganz außen vor bleiben.

     

    Wenn dann der Krankenstand immer noch Abweichungen zeigt, weiß man wenigstens, woran es liegt. Würden die „Störfaktoren“ (grob) aussortiert, ließe sich das mit der Leiharbeit verbundene Risiko viel besser abschätzen und es wäre möglich, Lösungsvorschläge abzuleiten aus den Zahlen. Aber das, nicht wahr, kann ja weder den Fans noch den Gegnern der Leiharbeit recht sein. und der taz auch nicht. Ohne Problem, schließlich, keine Debatte.

     

    Und die Leiharbeiter selber? Die fragt mal wieder keiner. Die, die lieber über sie reden als mit ihnen, halten sie ja doch für (viel) zu doof, als dass sie ihnen ein Bewusstsein für die eigenen Probleme unterstellen könnten oder gar Vorschläge für deren Behebung.

    • @mowgli:

      Sie haben völlig Recht mit Ihrer Aegumentation. Dies sind aus meiner Sicht die allerwichtigsten Kriterien, um überhaupt zu logischen Schlussfolgerungen zu gelangen. Aber mit den Studien ist es wie mit den Statistiken. Wenn man nicht weiss welche Fragen zu stellen sind - oder mindestens so tut, als wären die falschen Fragen die einzig logischen - dann kann man mit viel Geschwafel eine Riesenmenge Dampf erzeugen, um seinen rhetorisch super verbrämten Unsinn bildschön zu vernebeln.

  • es ist nicht die leiharbeit die krank macht sondern die bedingungen. höhere wertschätzung auch und vor allem bei der bezahlung und leiharbeit kann nicht nur auftragsspitzen abdecken sondern auch ein interessantes arbeitsleben bieten. so erlebt auf baustelle in norddeutschland bei einem Gas wasser installateur der sich überraschenderweise als leiharbeiter entpuppte. in Frankreich soll das auch gehen.

    Vmtl mal wieder ein managmentfehler, hallo regierung!!!

    • @dada:

      Sie waren aber nicht dieser installateuer? Dann haben sie es auch nicht erlebt. Ich empfehle Ihnen 1 Jahr Zeitarbeit, dann lese ich Ihre qualifizierten Kommentare gerne & mit Interessse

  • Krankmacher

     

    Hartz IV macht auch krank, wie Studien beweisen.

    Aber das wurde ja von Grünen, SPD, CDU/CSU und FDP so gewollt... Man kann also sagen: Hartz-Parteien machen krank!