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Studie zu Hilfen für deutsche ÖkobauernDreimal so viel Geld für Bio nötig

Um die Ziele der EU-Kommission für den Ausbau des Öko-Landbaus zu erreichen, sind in Deutschland jährlich eine Milliarde Euro nötig, so eine Studie.

Mehr Geld für die Branche? Ein Landwirt erntet Bio-Möhren auf einem Feld im Landkreis Hildesheim Foto: dpa

Berlin taz | Die Subventionen für die ökologische Landwirtschaft müssen in Deutschland bis 2030 fast verdreifacht werden, um die Ziele der EU-Kommission für den Ausbau des Biolandbaus zu erreichen. Für einen Anteil von 25 Prozent der landwirt­schaftlichen Fläche seien jährlich rund 1 Milliarde Euro nötig, steht in einer von der Umweltschutzorganisation Greenpeace in Auftrag gegebenen Studie des Kasseler Instituts für ländliche Entwicklung. Die Analyse wird am Montag veröffentlicht.

2018 förderte Deutschland den Ökolandbau laut Greenpeace mit 344 Millionen Euro, der Ökoanteil der Agrarfläche lag bei 8,5 Prozent. „Seit 2010 verfehlt die Bundesregierung immer wieder ihre Ziele beim Ökolandbau und wird auch die Vorgaben der EU-Kommission nicht erreichen“, sagt Lasse van Aken, Landwirtschaftsexperte des Umweltverbands. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) habe im aktuellen Haushalt die Fördermittel sogar verringert. „Statt eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu fördern, setzt Ministerin Klöckner die Klientelpolitik von gestern fort und stellt sich gegen eine EU-Kommission, die endlich versucht, mit dem Schutz von Klima und Arten in der Landwirtschaft ernst zu machen“, so van Aken.

Die Bundeslandwirtschaftsministerin nutze ihre Rolle als amtierende Vorsitzende des Europäischen Rats der Agrarminister, der am Montag in Luxemburg zusammenkommt, um die Umwelt- und Klimapolitik der Kommission zu unterlaufen. Im September hat sie laut Greenpeace im Rat Vorschläge zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union vorgelegt, die verhindern würden, dass die Kommission ihre politischen Vorgaben bei der nationalen Umsetzung des „Green Deal“, der „Farm-to-Fork“- sowie der Biodiversitätsstrategie einfordern kann. Damit wäre auch das 25-Prozent-Ziel für den Ökolandbau nicht bindend. Dabei sei die ökologische Bewirtschaftung von mindestens 25 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen bis 2030 ein wesentlicher Meilenstein der „Farm-to-Fork“-Strategie der Kommission zum Schutz der Arten und des Klimas.

„Klöckner sollte ihre Blockadehaltung im Rat jetzt aufgeben“, sagt van Aken. „Die Klima- und Umweltziele der EU-Kommission müssen bei der Reform der europäischen Agrarpolitik unbedingt berücksichtigt werden.“

Um das Ziel der „Farm-to-Fork“-Strategie beim Öko-Landbau in Deutschland zu erreichen, müsste nach den Berechnungen des Kasseler Instituts mit einer gezielten und bis 2030 anwachsenden Förderung die Öko-Fläche im Wein- und Gemüseanbau fast verdreifacht und im Ackerbau fast verfünffacht werden. Die ökologisch bewirtschafteten Flächen bei Obst und Grünland müssten jeweils um ein Drittel größer werden.

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7 Kommentare

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  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Man kann mit Subventionen auch den Grundstein für weitere Subventionen legen.



    Wenn ich heute die Produktion von etwas fördere, wofür es keine entsprechende Nachfrage gibt, dann provozierte ich ein Überangebot, dass zum Preisverfall führt, der dann weitere Subventionen notwendig macht.



    Pullprozesse anzustoßen statt Pushprozesse scheint mir an dieser Stelle sehr viel sinnvoller, weil nachhaltiger und selbsterhaltend. Solche zu etablieren ist aber mühsam, dauert länger und erfordert andere Ideen.

  • Warum sagen ( schreiben ) Sie , Herr Maurin, nicht die Wahrheit über das erreichen von mehr Bio-Landwirtschaft in Deutschland ? es geht nur über höhere Erzeugerpreise, also auch höhere Preise für die Konsumenten.



    4,8 Mrd. € werden in Deutschland als Flächenprämie ausgezahlt, wenn jetzt der Anteil der Bio-Landwirtschaft 25 % sind, müsste das nach meiner Rechnung 1,2 Mrd. € für diese Betriebe ausmachen. Also ist die von Greenpeace verlangte Summe heute schon überschritten. Dazu kommen noch etliche hundert Millionen aus der 2.Säule, die alleine nur den Bio-Betrieben zukommen.

  • Letztlich... müssen wir nur die Schulden abbezahlen, die wir aufgehäuft haben. Während wir, durch Schäuble & Co. obsessiv auf die Bankkonten geschaut haben, um da bloss keine Luftschulden aufzubauen, haben wir eine wesentlich schwerere reale Schuld in Form von Natur- und Menschenausbeutung aufgetürmt.

    Im Inland wie im Ausland.

    Deshalb bin ich so wütend, wenn so jemand wie Merz (neulich bei der JU) diese Gülle über die Medien kippen darf: wenn er sich nicht an die nachfolgenden Generationen versündigen will, dann sind's CO2, Ackergifte, Mikroplastik -- und nicht Luftbuchungen, was ihn kümmern sollte.

  • Bewusstere Ernährung wäre sicher ein Anfang.

  • die heutige falsche Landwirtschaft ist doch ein Resultat von Beihilfen. Und jetzt sollen mehr Beihilfen es richten?

    Ziel muss sein: 0 Subventionen in sagen wir 10 Jahren.

    Ohne ein solches Ziel kann ich als Bürger keinem Cent Beihilfe zustimmen!

  • Ich bin selbst Biobauer und halte höhere Förderungen des Biolandbaus nicht für zielfördernd. Was derzeit gut läuft sind Eier, Obst und Gemüse, aber bei Produkten wie z.B. Getreide und Schweinefleisch überwiegt das Angebot derzeit deutlich die Nachfrage. Bei Milchprodukten ist es so, dass die Biomolkereien versuchen, die Mengen dem Bedarf anzupassen, um die Preise nicht zu ruinieren. Es gibt etliche Milchbauern, die gerne umstellen wollen, aber die Molkereien nehmen sie zur Zeit aus diesem Grund nicht auf.



    Wir brauchen keine Förderung des Angebots. Das war in der Landwirtschaft in den letzten 70 Jahren schon immer falsch und hat zu Fehlentwicklungen geführt. Wir brauchen eine Förderung der Nachfrage. Vielleicht sollte man mal damit anfangen, junge Menschen an die Themen Ernährung und Gesundheit heranzuführen und ihnen helfen, bewusst zu konsumieren und gesund zu leben. Dann brauchen wir uns um den Absatz unserer Produkte nicht zu sorgen.

    • @wollewatz:

      Ich stimme ja dir und Danny Schneider grds. zu: die phantasielose Fortführung des Subventionswettlaufes bringt uns nicht weiter. Auch hier fehlt ein Paradigmenwechsel. Vielleicht steht dazu ja auch was in dem Gutachten, sonst wäre es etwas armselig.

      Aber wenn du auf deinen Jahresabschluss schaust siehst du ja selbst wie mies es ohne Subvention derzeit aussehen würde und das ist wohl gemeint.

      Die Einpreisung der Schäden der konventionellen Landwirtschaft, vielleicht mit einer begrenzten Entlohnung für besondere ökologische Leistungen des Ökolandbaus, wäre meiner Ansicht nach die bessere Lösung, um es den Markt besser richten zu lassen.

      Hinzu käme, dass wir im Ökolandbau die Schliessung der Nährstoffkreisläufe zur Ertragssteigerung angehen müssten, so wie es in der Natur abläuft. Um das machbar zu machen werden viele Stellschrauben in unserer Gesellschaft neu justiert werden müssen. Aber die Zeit ist wirklich reif und in Asien wird daran längst gearbeitet.