Studie zu Einwanderung nach Deutschland: Kein Integrationsweltmeister
Deutschland macht in der Integrationspolitik laut einer neuen Studie kaum Fortschritte. Es fehlen vor allem Bleibeperspektiven.
Damit landet Deutschland in einer Gruppe mit Ländern wie Frankreich, den Niederlanden oder Großbritannien. An der Spitze liegen Schweden (86 Punkte), Finnland (85) und Portugal (81).
„Deutschland stagniert in seinen Bemühungen“, sagte Thomas Huddelston, Leiter der Forschungsabteilung von der Migration Policy Group. Der Brüsseler Thinktank hat die Integrationspolitik von 52 Ländern in acht Politikfeldern miteinander verglichen, darunter Arbeitsmarkt, Einbürgerungsmöglichkeiten oder Zugang zu Gesundheit. Die Autor:innen rechnen Deutschland der Gruppe von Ländern zu, die eine „vorübergehende Integration“ unterstützten. Das sei auf dem Arbeitsmarkt zu sehen. Dort wurden die Rechte von Nicht-EU-Ausländer:innen gestärkt, indem etwa die Anerkennung ausländischer Abschlüsse vereinfacht wurde.
Der Bericht kritisiert jedoch, dass die deutsche Integrationspolitik Migrant:innen aus Nicht-EU-Ländern eine sichere Aufenthaltsperspektive verwehre. Dafür verantwortlich seien etwa die strengen Regeln beim Familiennachzug, die Hürden für einen permanenten Aufenthaltstitel. Auch erhielten Migrant:innen oft nicht die nötige Unterstützung, etwa wenn sie zum Arzt müssten oder sich gegen Diskriminierung wehren möchten.
Fehlende Sicherheit als „zentrale Schwäche“
Sabine Hess, Direktorin des Centers für Globale Migrationsforschung der Universität Göttingen und im Vorstand des Rats für Migration, kritisierte die „Integration auf Zeit“, die sich vor allem an ökonomischen Bedürfnissen orientiere. Bei der Familienzusammenführung seien die Regeln in den vergangenen Jahren sogar restriktiver geworden. „Geflüchtete aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten können ihre Angehörige nicht nachholen“, so Hess.
Ähnlich äußerte sich auch Albert Scherr, Leiter des Instituts für Soziologie an der Pädagogischen Hochschule Freiburg und ebenfalls im Rat für Migration. Die fehlende Sicherheit für Migrant:innen bezeichnet er als eine „zentrale Schwäche“. Besonders schwierig sei dies für Flüchtlinge mit Duldung. Menschen hangelten sich über Jahre von einem Aufenthaltstitel zum nächsten.
Scherr empfiehlt einen Rechtsanspruch auf Bleiberecht für Menschen, die drei oder fünf Jahre in Deutschland leben. Außerdem fordert er die Aufhebung des Arbeitsverbots für Geflüchtete aus „sicheren Herkunftsstaaten“.
Bisher sieht das Asylrecht nur in bestimmten Fällen eine Arbeitserlaubnis vor. Die Forderungen der Wirtschaft, abgelehnten Asylbewerber:innen einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren, hat die Bundesregierung in dem seit März geltenden Fachkräfteeinwanderungsgesetz nicht berücksichtigt.
Geflüchtete bei jedem vierten Unternehmen
„Die verabschiedeten Gesetze im Bereich der Duldungen müssen wir dahingehend nachsteuern, dass Menschen, die sich anstrengen, gut integrieren und nichts zuschulden kommen lassen, auch die Möglichkeit für eine echte Bleibeperspektive bekommen“, sagt Lars Castellucci, migrationspolitischer Sprecher der SPD, der taz.
Er verweist aber auch auf die Erfolge. Über die Hälfte der Geflüchteten sei heute sozialversicherungspflichtig beschäftigt oder in Ausbildung. „Das ist mehr, als ich selbst erwartet habe.“ Nach einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) vom September beschäftigt knapp jedes vierte Unternehmen in Deutschland Geflüchtete.
Die migrationspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Filiz Polat, fordert, die Potenziale von Geflüchteten stärker in den Blick zu nehmen: „Die Studie zeigt einmal mehr: Deutschland als Einwanderungsland macht seine Hausaufgaben nicht. Menschen, die von Abschiebung bedroht, aber in Deutschland integriert sind, brauchen eine aufenthaltsrechtliche Perspektive.“
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