Wetternamen als Teilhabekämpfe: Tief „Ahmet“ ist da

Das Netzwerk Neue deutsche Medienmacher*innen (NdM) vergibt migrantische Wetternamen. Jubel und Wut darüber sind aber oft unterkomplex.

Eine Wetterkarte auf der Tief Ahmet verzeichnet ist

„Wichtig ist, dass gesellschaftliche Vielfalt endlich Normalität wird, überall.“ – Ferda Ataman Foto: Neue deutsche Medienmacher

Tief „Ahmet“ bringt Schnee, und ein wenig Aufregung. Nicht des Schneefalls, klar, sondern des „Ahmet“ wegen. Verantwortlich zeichnet die Kampagne „Wetterberichtigung“ des Netzwerks Neue deutsche Medienmacher*innen (NdM), das marginalisierte Teile der Bevölkerung stärker in den Hochs und Tiefs dieses Landes abbilden will, auch in den meteorologischen eben. Dazu hat der Zusammenschluss 14 Patenschaften für Hoch- und Tiefdruckgebiete gekauft und sie migrantisch benannt. „Das Wetter diverser zu machen, ist nur ein symbolischer Schritt“, erklärt die Vorsitzende Ferda Ataman. „Wichtig ist, dass gesellschaftliche Vielfalt endlich Normalität wird, überall.“

Es brachte erwartbar liberales Klatschen und rechten Zorn, aber das alles ist ein wenig unterkomplex; die Wetternamen sind soziologisch und ökonomisch sehr spannend. 1954 wurden sie zur besseren Kenntlichkeit eingeführt, Sinnbild einer zunehmend medialisierten Öffentlichkeit. Seit 2002 gibt es Namenspatenschaften – und die ganz offen aus ökonomischer Motivation: „[…] zur Fortführung der vollständigen Klima­beobachtung“, schreibt das Institut für Meteorologie; sonst ist offenbar nicht genug Geld dafür da.

Bürgerliche Eitelkeit („Ich will, dass der Sonnenschein nach mir benannt ist“) sichert die Finanzierung von Wissenschaft; ein Ausdruck des allgegenwärtigen privaten Sponsorings. Es ist nicht billig, die Preise für eine Patenschaft liegen bei 240 bis 360 Euro. Das wirkt sich wohl auch auf die Vergabe der Namen aus, einen Justin findet man 2020 nicht. Hochdruckgebiete sind konsequenterweise teurer, weil langlebiger – für Exposition ein höherer Preis.

Immer schon waren diese Wetternamen auch Grund gesellschaftlicher Kämpfe. Bis 1998 bekamen die Frauennamen Tiefs und die Männer Hochs zugesprochen, dann regte sich feministischer Protest. Seitdem gibt es eine jährlich abwechselnde Regelung. Interessant übrigens, dass wesentlich mehr Frauen als Männer sich 2020 Wetter kauften. Migrantische Namen fehlen auch aktuell nicht völlig. 2020 finden sich PatInnen wie Zehra, Karaket, Keywan oder Ramesh. Aber die große Aufregung um „Ahmet“ ist auch Spiegel einer Gesellschaft, die viel auf oberflächliche Symbolpolitik schaut. Und weniger auf Zusammenhänge, ökonomische Kritik und tiefergehende Maßnahmen. Und jetzt viel Spaß im Schnee.

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