Arbeitslosigkeit unter Geflüchteten: Chancenkiller Corona

Viele Geflüchtete kamen wirtschaftlich besser durch die Krise als befürchtet. Ausgefallene Deutschkurse könnten langfristig aber zum Problem werden.

Fassade der "Agentur für Arbeit" in Wiesbaden

Geflüchtete sind durch den wirtschaftlichen Schock der Coronakrise besonders getroffen Foto: Arne Dedert/dpa

BERLIN taz | Die Coronakrise hat Geflüchtete auf dem deutschen Arbeitsmarkt vor allem zu Beginn schwer getroffen – allerdings fanden viele bereits ab Sommer 2020 zurück in den Beruf. Das geht aus einem Forschungsbericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Folgen für die Job-Aussichten von Geflüchteten könnte die Pandemie demnach vor allem langfristig haben, weil Lernangebote ausfielen.

Geflüchtete seien stärker vom wirtschaftlichen Schock der Krise betroffen als Menschen ohne Migrationshintergrund, erklärte der Forscher Herbert Brücker vom IAB bei der Vorstellung seiner Zwischenergebnisse während einer Veranstaltung des Mediendienst Integration. „Geflüchtete vereinen zahlreiche Risikofaktoren auf sich“, so Brücker. Sie arbeiteten etwa häufiger in kleineren Betrieben, hätten kaum Möglichkeiten, ins Homeoffice zu wechseln und seien oftmals nur befristet angestellt.

Wohl deshalb verloren zu Beginn der Pandemie mit rund 20.000 Menschen etwa fünf Prozent der Beschäftigten in dieser Gruppe ihre Arbeitsstelle, dreimal öfter wurde ihnen im Schnitt gekündigt als Menschen ohne Migrationshintergrund. Fast ein Viertel der Beschäftigten musste in Kurzarbeit.

Schon im Sommer 2020 – also nur wenige Monate nach Pandemiebeginn – stieg die Beschäftigungsquote unter Geflüchteten aber bereits wieder deutlich. Insgesamt waren Ende 2020 sogar mehr Geflüchtete sozialversicherungspflichtig beschäftigt als am Ende des vorangegangen Jahres. Viele Branchen seien erstaunlich gut durch die Krise gekommen, so Forscher Brücker, etwa die Bauindustrie, in der viele Geflüchtete beschäftigt sind.

Ausgefallene Deutschkurse: „Eine Katastrophe“

Dass gleichzeitig zur insgesamt gestiegenen Beschäftigungsquote auch die Arbeitslosenquote unter Geflüchteten wuchs, ist nur scheinbar paradox: Weil viele Sprach- und Integrationskurse bis Ende 2020 ausfielen, rutschten deren vormalige Teil­neh­me­r:in­nen in der Statistik in die Arbeitslosigkeit.

Dieser Ausfall von Lernangeboten berge große Risiken, warnte Brücker. Er drohe die Chancen vieler Geflüchteter auf dem Arbeitsmarkt langfristig zu verringern. „Der Integrationsprozess ist unterbrochen.“

„Eine Katastrophe“ nannte es Mosjkan Ehrari von der Geflüchteten-Informationsplattform Handbook Germany, dass so viele der Kurse ausfielen. Weil Kitas geschlossen blieben, hätten zudem viele Frauen ihre Arbeit aufgeben müssen, um Kinder zu betreuen, beklagt sie. Informationen über Notbetreuungsangebote seien oftmals nicht bis zu geflüchteten Frauen durchgedrungen. Getroffen hätte diese Menschen auch, dass viele unabhängige Beratungsstellen genauso wie Treff-und Lernorte in der Pandemie schließen mussten. „Die Unterstützunglandschaft ist zusammengebrochen.“

Dazu komme bei den Arbeitslosen die Angst um den Aufenthaltsstatus. Der hängt bei manchen Geflüchteten direkt an der Arbeitsstelle. Umgekehrt sei es dann oft schwierig einen Job zu finden, sobald der Aufenthaltsstatus wackle. „Das sorgt für große Unsicherheit“ so Ehrari. Zahlen dazu gibt es aber nicht. Der überwiegende Teil der Geflüchteten in Deutschland hat einen Schutzstatus, der nicht von einer Arbeitsstelle abhängt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.