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Studie zeigt Einfluss von MedikamentenPillen gegen asoziales Verhalten

Moralische Urteile können von Tabletten beeinflusst werden. Eine Studie hat die Wirkung von Medizin auf soziale Handlungen untersucht.

Eine neue Studie hat gezeigt, dass sich bestimmte Medikamente auf das soziale Verhalten auswirken. Foto: reuters

Berlin taz | Die Teilnehmer einer Studie der Oxford University sollten zwischen Geld und schmerzhaften Elektroschocks wählen. Dabei wurde nicht nur getestet, wieviel die Testpersonen zu zahlen bereit waren, um Schläge an sich selbst zu vermeiden, sondern auch, wieviel die Unversehrtheit anderer Versuchsteilnehmer ihnen Wert ist. Die moralische Frage lautete also: Wieviel bist du bereit zu zahlen, damit ein Fremder keinen Schaden nimmt?

Molly Crockett, die Leiterin der Studie, hat 175 gesunde Versuchsteilnehmer auf die Wirkung eines Antidepressivums und eines Parkinson-Mittels getestet. Dabei hat sie herausgefunden, dass die Probanden, denen vor den Tests ein serotoninanreicherndes Antidepressivum verabreicht wurde, eine deutlich höhere Tendenz zeigten, sich selbst und andere gegen Elektroschläge zu schützen.

Sie zahlten fast doppelt so viel Geld wie die Probanden, die ein Placebo bekommen hatten, um Schaden an sich und anderen zu vermeiden. Allerdings hatten beide Gruppen, sowohl die Placebo-Gruppe wie auch die, die das Serotonin-Mittel erhalten hatte, stärkere Hemmungen, anderen Stromschläge zuzufügen als sich selbst.

Überraschende Resultate erzielte dagegen die Testgruppe, die ein dopaminsteigerndes Parkinson-Medikament bekommen hatte. Hier verhielten sich die Testpersonen deutlich egoistischer, berichtet Crockett. Bei der Verteilung der Elektroschläge machten sie keinen Unterschied zwischen sich selbst und anderen Teilnehmern.

Sie waren bereit, eine ähnliche Summe für das Vermeiden von Elektroschlägen gegen sich und andere zu zahlen. Während die Placebo-Gruppe im Durchschnitt 44 Pence und die Serotonin-Gruppe 73 Pence bereit war zu zahlen, zahlten die Dopamin-Probanden nur 35 Pence, um Stromschläge von anderen Versuchsteilnehmern abzuwenden. Das Medikament hatte demnach zur Folge, dass die zuvor vorhandene Befangenheit, anderen Menschen Schaden zuzufügen, gesunken war.

Serotonin gut, Dopamin böse?

Für Crockett sind das bemerkenswerte Ergebnisse. Dopamin und Serotonin beeinflussen demnach schon nach einmaliger Einnahme von hormonsteigernden Medikamenten das soziale Verhalten. Hierbei wirkt sich Serotonin anscheinend positiv aus, während Dopamin negative Auswirkungen hat.

Bei beiden Stoffen handelt es sich um sogenannte Glückshormone des Körpers. Verschiedene Medikamente, wie beispielsweise die getesteten Mittel gegen Depressionen und Parkinson, steigern die Ausschüttung der Hormone im Köper. Bei kranken Menschen sollte das keine weitreichenden Folgen haben, da in diesen Fällen der Serotonin- bzw. der Dopaminspiegel im Körper zu gering ist. Bei den gesunden Testteilnehmern führte die Einnahme allerdings zu einem gesteigerten Hormonwert, der über kurze Zeit Folgen für das soziale und moralische Bewusstsein hatte.

Die Studie von Crockett zeigt damit, dass Hormone Einfluss auf unsere moralischen Entscheidungen haben. Die Ergebnisse bringen damit nicht nur neues Licht ins Feld der Aggressionsforschung, sie führen auch zu einer neuen Auseinandersetzung mit dem Begriff der Moral. Wenn die Moral eines Menschen nämlich keine aus inneren Überzeugungen gewachsene feste Größe darstellt, sondern durch die Zugabe von Medikamenten beeinflusst werden kann, verändert das die bisherige Sichtweise.

Andererseits bergen diese neuen Erkenntnisse auch die Chance, Störungen der moralischen Urteilskraft und des Sozialverhaltens auf den Grund zu gehen. Die bei der Studie durchgeführten Tests mit Medikamenten gegen Parkinson und gegen Depression wecken die Hoffnung, falsches Sozialverhalten eines Tages besser verstehen und behandeln zu können.

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8 Kommentare

 / 
  • Teil 1

     

    @ - stimme MOWGLI zu -

     

    ansonsten

     

    "…wecken die Hoffnung, falsches Sozialverhalten eines Tages besser verstehen und behandeln zu können.…"

     

    Gut - daß Ernst Bloch das Prinzip Hoffnung anders verstanden/formuliert hat -

    &… der Mensch - als Entwurf auf den Menschen hin -

    Noch immer jedem selbst überlassen/

    aufgegeben etc - Nennses wieses wollen - jedenfalls - ist!

     

    Aus Erfahrung - passiv - wie beobachtend - sag ich - es ist schon bei

    sog. Kranken - die hier angerissene Medikamentierung - und zwar unausweichlich angesichts der Singularität eines jeden einzelnen Menschen -

    ein Stochern im Nebel des Zukünftigen - und nur hinnehmbar -

    wenn unabweisbar notwendig. Punkt.

     

    Die Vorstellung hingegen -

    die gleich neben Sloterdijks Elmauer Menschzucht nistet -

    Es könne als rechtlich zulässig angesehen werden - außerhalb akuter konkreter Erkrankungen -

     

    Von wem bitte?? - und nach welchen Paramatern im einzelnen denn??

     

    Medikamente der genannten Art

    Menschen zuzuführen -

    Um ein - welches denn bitt?e - wie?

    - von wem bestimmt? - wonach? Verhalten herbeizuführen -

     

    Wäre nicht nur erkennbar eine nicht hinnehmbare staatlich/gesellschaftliche

    Veranstaltung - Nein!

    Sondern in toto - durch das

    Grundgesetz

    - beginnend mit seinem Art 1 GG

    ausgeschlossen - schlicht verboten.

    Weil es verbotenerweise den einzelnen Menschen zum

    Objekt einer solchen Veranstaltung

    machen würde.

     

    ff

    • @Lowandorder:

      Teil 2

       

      Diesen menschenkonstruktiven Wahnvorstellungen haben die Mütter&Väter des Grundgesetzes -

      die Generation meiner Eltern - die

      zwei Weltkriege, zuletzt eines mörderischen Staates, der erstmals die industrielle Vernichtung von Menschen aus Rassenwahn exekutiert hatte

      unumkehrbar (Art 79 abs 3 GG die Ewigkeitsformel als roché de bronce)

      eine klare Absage erteilt.

      Das läßt sich auch nicht - wie hier suggeriert -in

      "kleiner Münze" aushebeln.

      Das eben beseitigt den Objektcharakter

      nämlich grad nicht.

       

      kurz - zur Freiheit des Menschen und seiner Selbstbestimmung gehört es auch - sich strafbar zu machen.

      Oder wie es Kurt Tucholsky mal unmißvertändlich ausgedrückt hat -

      Dürfen - darf man alles.

  • Gibt es neuerdings eine Pille für Großk*tze an der Börse oder für unsere illustre Runde namens Bundesregierung?

    Und für Lobbyist/innen?

    Durch Einnahme von Pillen sozial werden. Oder ist das ein nachgeschobener Aprilscherz der taz?

  • Faszinierend! Nicht nur der Text selbst, sondern auch die beiden Kommentare.

     

    Leser GRISCH vertritt hier offenbar die Dopamin-Fraktion, während Leser LEIBERG die Serotonin-Fraktion vertritt. Zu gern würde ich beiden jeweils eine Blutprobe entnehmen um sie zu untersuchen und mich ggf. zu korrigieren. Was allerdings, wäre es möglich, niemandem wirklich helfen würde.

     

    Unser Problem besteht schließlich nicht darin, dass wir zu wenige oder die falschen Pillen schlucken. Unser Problem ist, dass Dopamin-Menschen viel mehr Energie als Serotonin-Leute in den Machterwerb und den Erhalt derselben stecken. Ganz freiwillig schlucken die Dopaminer sicher keine Kompetenz-Pillen. Dafür sind sie viel zu ängstlich. Eher werfen sie (brutal, wie sie nun mal veranlagt sind), den Serotinonern zwangsweise Dopamintabletten ein. Und rechtzeitig vorher zwingen zum Verzehr der Pille-Statt-Dessen werden die Serotoniner ihre Antagonisten wahrscheinlich auch nicht. Dazu sind sie einfach zu gelassen und sozial.

     

    Wäre man als menschlicher Beobachter ohne echte Alternative nicht so schrecklich involviert, könnte man die anstehende Entwicklung durchaus unterhaltsam finden. So aber kann man im Grunde nur drauf hoffen, dass die Serotoniner von heute die Dopaminer von morgen sind und umgekehrt. Und diese Hoffnung ist durchaus begründet. Unsere Moral ist schließlich nicht das Einzige, was an uns Menschen keine "feste Größe darstellt". Ich würde sogar darauf wetten, das das eine mit dem anderen kausal zusammenhängt.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      Ein kluger Kommentar ... offenbar von jemandem, der vom Fach kommt oder sich sicher darin bewegt.

       

      Was mich angeht, haben Sie ins Schwarze (als außerpolitischer Terminus gemeint) ) getroffen: 100 Punkte! Und meine Hochachtung.

       

      Das Problem besteht in der Tat nicht in Pillen - weder in 'richtigen' noch in 'falschen'. Die Krux ist das falsche Bewußtsein. Der Ausblick eher düster.

       

      Wie wusste schon der kluge Adorno: "Es gibt kein richtiges Leben im falschen."

  • "wecken die Hoffnung, falsches Sozialverhalten eines Tages besser verstehen und behandeln zu können."

     

    Na dann wollen wir mal hoffen, dass unser Sozialverhalten von den Mächtigen in Zukunft nicht als "falsches" klassifiziert und zwangsbehandelt wird.

     

    Dann kommen wir vom "big brother ist whatching you" zum "der große Bruder manipuliert Deine Synapsen"

     

    Aber warum solls uns besser ergehen wie den aufmüpfigen Senioren im Stift?

     

    Die Pharmaindustrie wird sich auf alle Fälle freuen...

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Mit Bedauern nehme ich zu Kenntnis, dass die Ergebnisse der Studie nicht kurzfristig umgesetzt werden können. Im aktuellen EU-Griechenland-Konflikt könnte ein Mittel, das soziales Handeln anregt, bestimmt wahre Wunder bewirken. Schäuble mit einem Lächeln auf seinen - schmalen - Lippen stimmt Vergesellschaftungen von Privateigentum zu. Welch eine Vorstellung!

  • Doof bleibt doof - da helfen keine Pillen!