Studie über Berufsunfähigkeit: Burnout und Depression
Wegen psychischer Probleme krank geschrieben: Das kommt immer häufiger vor. Besonders Frauen sind gefährdet, deshalb berufsunfähig zu werden.
„Allein in den letzten zehn Jahren registrieren wir in diesem Segment eine Zunahme um 40 Prozent“, sagte Amar Banerjee, Leiter der Versicherungsproduktion von Swiss Life Deutschland in Garching bei München. Damit einhergehen dürfte nach Einschätzung des Unternehmens die Zunahme von Stress, Leistungsdruck und mangelndem Ausgleich im Arbeitsleben.
Der Versicherer wertete die Daten seiner Kunden aus. Nach psychischen Erkrankungen folgen Krankheiten des Bewegungsapparats mit 24 Prozent vor Unfällen mit knapp 14 Prozent. Die Swiss Life ist nach eigenen Angaben bei Berufsunfähigkeitsversicherungen Nummer sieben auf dem deutschen Markt, absolute Zahlen nannte das Unternehmen nicht.
Frauen sind gefährdeter
Die Analyse deckt sich aber mit Zahlen der Rentenversicherung des Bundes in Berlin. Frauen sind offensichtlich sehr viel gefährdeter als Männer: Bei Frauen gehen laut der Swiss-Life-Studie 44 Prozent der Berufsunfähigkeiten auf eine psychische Erkrankung zurück, bei Männern sind es lediglich 28 Prozent. Außerdem werden Frauen häufiger bereits in jungen Jahren psychisch krank, bei Männern treten diese Diagnosen erst in der zweiten Lebenshälfte vermehrt auf.
Besonders deutlich wird der Trend im Langfristvergleich: Die gesetzliche Rentenversicherung des Bundes zahlte 1983 weniger als zehn Prozent der Erwerbsminderungsrenten wegen psychischer Störungen, 2017 war es bereits fast die Hälfte – 41.186 von 83.583 Fällen.
Auch die Rentenversicherung registriert in den vergangenen zehn Jahren eine besonders starke Zunahme psychischer Erkrankungen: 2018 wurden über 170.000 stationäre Rehabilitationen wegen psychischer Krankheiten bewilligt, über 50.000 mehr als zehn Jahre zuvor. Auch das entspricht einem Anstieg von 40 Prozent.
Die Fachleute der Rentenversicherung gehen aber nicht davon aus, dass die Bundesbürger heute häufiger psychisch krank werden als in früheren Jahrzehnten – sondern lediglich davon, dass Depressionen, Burnout und andere Leiden heute besser erkannt und damit häufiger diagnostiziert werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“