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Studie des FamilienministeriumsFrauen in Minijobs gefangen

Ein Minijob nur zur Überbrückung? Die Realität sieht oft anders aus. Eine Studie zeigt, dass nur wenige Frauen den Sprung in die Vollzeitstelle schaffen.

Je länger der Minijob währt, desto schwieriger wird der Wechsel in einen anderen Job. Bild: dpa

BERLIN dpa | Die meisten Frauen, die nur einen oder mehrere Minijobs haben, kommen aus dieser Erwerbsform nach einer neuen Studie im Auftrag des Bundesfamilienministeriums nicht mehr heraus. Demnach wird ein Wechsel in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umso unwahrscheinlicher, „je länger der Minijob währt“, schreibt die Süddeutsche Zeitung.

Der Untersuchung zufolge sind Frauen, bei denen ihr Minijob keine zusätzliche Nebenbeschäftigung ist, im Durchschnitt bereits sechs Jahre und sieben Monate geringfügig beschäftigt. Bei Verheirateten sind es sogar sieben Jahre und einen Monat.

Nur 14 Prozent der Frauen, die früher einen Minijob als Hauptbeschäftigung ausübten, hätten heute eine Vollzeitstelle, 26 Prozent eine Teilzeitstelle mit mindestens 20 Stunden pro Woche. Mehr als die Hälfte der früheren Minijobber sei nicht mehr am Arbeitsmarkt tätig, so das Ergebnis der Ministeriums-Studie. Dies belege, dass Minijobs – anders als von den rot-grünen Arbeitsmarktreformern gewollt – „nicht als Brücke in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wirken“.

Autor der Analyse war laut Zeitung Prof. Carsten Wippermann vom Delta-Institut für Sozial- und Ökologieforschung. Die Studie beruhe auf einer Befragung von mehr als 2.000 Frauen. Etwa die Hälfte von ihnen hat einen Minijob, die andere Hälfte übte früher einen aus.

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7 Kommentare

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  • H
    Hafize

    Die Ergebnisse überraschen nicht wirklich, schließlich wird in Deutschland das Arbeitsvolumen auf mehr Menschen in Teilzeit verteilt - meist zu schlechten Konditionen und Löhnen. Das ist dann das Beschäftigungswunder, über das sich die Agenda-Strategen Gerhard Schröder, Wolfgang Clement, Franz Müntefering und Olaf Scholz öffentlich freuen und anderen europäischen Staaten als Vorbild preisen. (Man kann nur hoffen, dass sie sich die Kehrseiten dieses Modells auch ansehen)

     

    Was wenig Journalisten und Politiker bewegt, ist die Tatsache, dass Deutschland ein Land mit einem stagnativem Wachstum geworden ist. Richtige große Wachstumsschübe scheint es nicht mehr zu geben, entsprechend gibt es nur selten ein starkes Wachstum der Investitionen und ein stagnatives Beschäftigungsvolumen. Mit so einer Ausgangsbasis muss es irgendwann zu einer Gefährdung des Wohlstands kommen, aber wen kümmert das, dann weitet man eben den Kreis der Hartz-Ausgestoßenen noch aus oder macht eine 600-EURO-Lösung - Teilzeit, steuerfrei, inklusive späterer RentnerInnenarmut.

  • A
    Anita

    @Subhuman

     

    Meine Mutter hat meinem Vater 3 Kinder groß gezogen, ihm den Haushalt gemacht und hätte sie kein Haus von meiner Oma geerbt, müsste sie zur ihrer Rente auf ALG2 aufstocken. Nach den Erziehungszeiten konnte sie nicht mehr in ihren erlernten Beruf und hat nach der Scheidung nur noch schlecht bezahlte Hilfsjobs bekommen.

    Mir passiert das sicher nicht, ich geh wieder arbeiten, auch wenn mein Mann genug für uns verdient.

    Und die Kinder sind später sicher nicht unglücklich, wenn ihnen Mama und Papa das Studium komplett finanzieren können.

    Außerdem macht Arbeiten Spass. Zumindest im richtigen Job.

  • HO
    Hotel Ostoria

    Worum geht es denn in der Hauptsache bei BRIGITTE & Co? Um die Work-Live-Balance.

    Insofern – den Sprung in die Vollzeitstelle wollen viele mit Sicherheit erst "schaffen", wenn die - auch von der taz geforderte - 30h-Woche Gesetz ist.

  • S
    Subhuman

    Hätte ich ne Frau zuhause die genug verdient, würde ich es mir auch gemütlich in einer 400.- Stelle einrichten. Kein Stress, genug Freizeit, längere Lebenserwartung. Was will man(n) mehr!?

  • I
    Irene

    Die Vollzeitstelle als goldenes Kalb, um das wir alle herumtanzen müssen, seit wann ist das eigentlich so?

    Ob man auf dem Totenbett wohl bereut, dass man nicht sein ganzes Arbeitsleben lang Vollzeit für irgendeinen Anton Schlecker oder Aldi-Bruder geschuftet hat?

  • EL
    Ernst Lehmann

    Die Frage ist, ob den meisten Frauen der Minijob zusätzlich zu Hartz-IV ausreicht und nicht eigentlich Hartz-IV die Karrierebremse für Frauen auslöst anstatt der Minijob...

  • M
    maX

    Wieso gefangen?

     

    Die Studie zählt nur Zahlen auf, aber keine Hintergründe. Viele Frauen wollen gar nicht mehr als diesen "Mini"-Job haben, weil das Familieneinkommen insgesamt reicht. Um nur einen Euro mehr zu verdienen, also auf Lohnsteuerkarte, müssten sie dann aber um einiges mehr arbeiten.

     

    Bevor man so einen Panikbericht verbreitet, sollte man also zuerst unterscheiden, wieviele von den Frauen in langjährigen Minijobs überhaupt mehr wollen.

     

    Ob man Minijobs generell für gut oder schlecht hält, ist wieder ein anderes Thema. Nicht alle sind schlecht bezahlt. Für einige (Arbeitnehmer) bringen sie Vorteile.

     

    Und wie viele der angeblich "gefangenen" Frauen haben sich die Qualifikation für eine besser bezahlte Vollzeitstelle erarbeitet?