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Studentenprotest in Chile102 Demonstranten festgenommen

In Chile protestieren 100.000 Studenten gegen die Privatisierung der Universitäten. Innenminister Andres Chadwick nennt sie „Kriminelle und Extremisten“.

Erwischt: Polizist trifft Student in Santiago de Chile. Bild: dpa

SANTIAGO ap | Im Anschluss an eine friedliche Demonstration von Studenten ist es in der chilenischen Hauptstadt Santiago zu schweren Krawallen gekommen. 102 Menschen wurden nach Angaben der Polizei festgenommen, vier Polizisten verletzt. Landesweit waren am Mittwoch rund 100.000 Studenten auf die Straße gegangen, um für ein gerechteres Bildungssystem zu demonstrieren.

Die Auseinandersetzungen begannen, als Protestierende Molotow-Cocktails auf eine Polizeiwache warfen, ein Restaurant verwüsteten und Barrikaden auf den Straßen der Hauptstadt errichteten. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein.

„Das waren keine Studenten, das waren Kriminelle und Extremisten“, erklärte Innenminister Andres Chadwick später auf einer Pressekonferenz. „Sie haben koordiniert und geplant gehandelt, um diese Gewaltakte zu provozieren.“

Die Studenten protestierten gegen die zunehmende Privatisierung der Universitäten und forderten den Staat auf, sich wieder stärker im Bildungswesen zu engagieren. In diesem Zusammenhang verlangten sie auch eine gerechtere Verteilung der großen Einnahmen, die Chile als weltgrößter Kupferproduzent erzielt. Den Studentenprotesten schlossen sich auch Lehrer, Werftarbeiter und Minenarbeiter an. Am Sonntag finden in Chile Präsidentschafts-Vorwahlen statt.

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4 Kommentare

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  • C
    capulcu

    VENCEREMOS! Ich hatte das große Glück diese jungen Menschen, Schüler und Studenten in Chile, kennenzulernen. Noch nie habe ich so eine fitte und kämpferische Jugend getroffen. Sie wollen die lernen sich weiterbilden und setzen sich mit allen Mitteln für ihre Bildung ein. Sehe ich dann die deutsche Schüler und Studenten, die über das Wetter und ihr neues Iphone 5 jammern wird mir schlecht. Solidarität mit dem chilenischen Volk. Salvador Allende wäre stolz auf seine furchtlosen Enkel. Taksim ist überall.

  • H
    Hans

    Die neue hippe Neolibarale marktkonforme Demokratie:

    Oh nein, da organisieren und solidarisieren sich Gesellschaftsschichten zu Protesten gegen das marode System.

    Schickt ein paar Agent Provocateure rein und diskreditiert sie dann als Terroristen. Und wenn das nicht hilft, macht es wie in Frankfurt, hölt die Rechte der Menschen aus, beugt die Gesetze und hofft, das die Dreifaltigkeit sich gegenseitig den Rückenkratzt. Und rin mit den Polizisten, und dem Tränengas und den Gummigeschossen. Und schön ausspähen und für Twitter-Aufrufe zur Demonstration verhaften. Und wenn es jemand wagt über geheime Missstände zu whistleblowen, dann ab in den Sack und weg damit.

     

    Schöne Neue Welt.

  • E
    Erntehelfer

    Zum Glück haben wir in Deutschland eine universitäre Kultur, zahlreiche Bavökregelungen, ein umfangreiches Stipendienwesen und Erbschafts- und Schenkungsrechte, die es fast allen nicht akademikern Kindern verwehren, ein Studium auf zu nehmen.

     

    Aus dieser Perspektive ist es nicht entscheident, wer eine Universität besitzt, sondern wie er diese zu führen hat und unter welchen Rahmenbedingungen ein Studium durchgeführt wird. Wären die Rahmenbedingungen in Chile Human, würden nur sehr wenige private Universität entstehen, da diese Institutionen dem Gemeinwohl verpflichtet wären.

     

    In Deutschland sieht es nicht viel anders aus, auch wenn das Bildungsniveau und der IQ der Studenten stetig steigt, gäbe es durch die Schaffung eines demokratischen, gerechten und freiheitlichen Bildungssystems dennoch die Möglichkeit die Werte signifikant zu verbessern. Internationale Studien belegen dies.

     

    Leider gibt es aber auch bei uns immer noch zahlreiche Menschen, die sich in eine Zeit zurück wünschen, in der sie alleine das sagen hatten und keiner Ihre Aussagen hinterfragte! Sie wünschen sich in totalitäre Zeiten zurück!

     

    Meistens sprechen diese Menschen folgenden Satz aus: "Früher, das waren noch Zeiten in denen Anstand und Moral herrschte und die Leute soviel Bildung besaßen, dass sie die Warheit zu erkennen vermochten".

     

    Jetzt einmal ehrlich gefragt, welcher junge Akademiker würde heute eine solche absolute Wahrheit noch aktzeptieren? Vielleicht einige ewig gestriege hardcore Naturwissenschaftler oder BWL'er, aber wer sonst?

  • E
    Encapuchado

    Im Vorzeigeland des neoliberalen Kapitalismus scheint man ein ähnliches Demokratieverständnis wie im Land von Herrn Erdogan zu haben. Demonstranten als "Kriminelle".. unter Pinochet war es nicht anders, dort zögerte man auch nicht, Demonstranten als "Terroristen" zu beschimpfen. Kein Wunder, kommt doch das Pinera-Regime aus dem gleichen stinkenden Sumpf, aus dem auch schon Pinochet gekrochen kam. Hoffentlich wissen die Chilenen, wie man auf solche Provokationen einer Diktatur antwortet. Taksim ist überall.