Stromerzeugung während der Pandemie: Corona killt Kohle
Die Corona-Pandemie drosselt in vielen Regionen der Welt die Verbrennung von Kohle. Den Trend zu mehr CO2 in der Atmosphäre kann das nicht stoppen.
Auch in den USA ist der Kohleverbrauch weiter geschrumpft, laut Analysten noch einmal um 35 bis 40 Prozent gegenüber dem ohnehin schon schlechten Vorjahr. Im April produzierten dort Sonne und Wind zum ersten Mal mehr Strom als die Kohle – allen Versprechungen von US-Präsident Donald Trump zum Trotz, er werde „die Kohle zurückbringen“. Österreich schaltete sein letztes Kohlekraftwerk ab, Schweden nahm ebenfalls seine letzte CO2-Schleuder vom Netz. Damit sind inzwischen neun EU-Länder kohlefrei: das Baltikum, Österreich, Schweden, Malta, Zypern, Belgien und Luxemburg. In Großbritannien lief bereits im ganzen April kein Kraftwerk auf Kohlebasis. Und in Deutschland ging der CO2-Ausstoß aus dem Energiesektor schon 2019 um 17 Prozent zurück. Mit der Krise sinken die Emissionen weiter, sodass sogar das deutsche Klimaziel von minus 40 Prozent Ende 2020 erreicht werden könnte.
Ein Effekt: Die Luft wird sauberer. Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Chemie hat hochgerechnet, dass allein an den ersten zwei Wochen des Lockdown weltweit statistisch gesehen 7.400 Menschen weniger an dreckiger Luft gestorben sind als üblich. 6.600 Kinder weniger erkrankten an Asthma, weil weniger Ruß, Stickoxide und andere Schadstoffe in der Luft sind.
Trotzdem mehr CO2 in der Atmosphäre
Außerdem bleibt der Atmosphäre zusätzliches CO2 erspart. 2020 werden das wohl um 2,6 Milliarden Tonnen sein, etwa 8 Prozent, schätzt die Internationale Energieagentur IEA. Das ist ungefähr die Reduktion, die für die nächsten 30 Jahre in jedem Jahr nötig wäre, um die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Allerdings steigt die Konzentration des CO2 in der Atmosphäre trotzdem weiter an, meldet die britische Wetterbehörde MetOffice. Nach Daten des Observatoriums Mauna Loa auf Hawaii wird die Anzahl der CO2-Moleküle auch 2020 auf einen neuen Rekordwert von 415 Teilen pro Million (ppm) klettern. Um diesen langfristigen Trend zu bremsen, ist die aktuelle Reduktion offenbar zu gering und zu kurzfristig. Veränderte Wettermuster, die zu mehr Trockenheit und weniger Pflanzenwachstum in den Tropen führen (und zum Teil für die verheerenden Brände in Australien verantwortlich waren), gleichen die sinkenden CO2-Emissionen der Energiewirtschaft aus.
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