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Streitgespräch mit Ex-Polizisten„Wer ist gefährlicher?“

Mit Leuten reden, die man für rechts hält? taz-Redakteur Bernd Pickert meint ja und debattiert mit dem Youtuber Nick Hein. Ein Experiment.

Reden und zuhören: Bernd Pickert (links) und Nick Hein beim Streitgepräch in der taz-Redaktion Screenshot: youtube/Nick Hein

Berlin taz | Mit Leuten reden, die so ganz anderer Meinung sind als man selbst? taz-Redakteur Bernd Pickert meint: Ja, wenn es keine organisierten Nazis sind. Und erst recht, wenn es Bekannte oder gar Freunde sind. Mit dem Thema ist er sogar mal bei einem Poetry Slam aufgetreten. Also ja, reden!

Daher hat sich Pickert nun mit dem Youtuber Nick Hein getroffen, um in dessen Videokanal über die Frage zu streiten: „Nazis vs. Antifa. Wer ist gefährlicher?“

Pickert hatte Nick Hein vor ein paar Jahren kennengelernt, als er für die taz öfter über Mixed Martial Arts schrieb, die „gemischten Kampfkünste“, die damals in Deutschland noch sehr verschrien waren. Er wollte aktive Kämpfer kennenlernen und traf Nick Hein 2014 in dessen Heimatstadt Köln beim Training, als er sich auf einen Kampf vorbereitete. Damals war Hein noch Bundespolizist, wenn auch mit reduzierter Arbeitszeit, um sich um seinen Sport zu kümmern. Beide verstanden sich ganz gut und in der taz erschien ein Portrait über Nick Hein.

Vom Bundespolizisten zum Buchautor

Der kündigte wenig später bei der Bundespolizei, um sich ganz seiner MMA-Karriere widmen zu können. Als nach den sexistischen Übergriffen am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht 2015/16 sein alter Dienstort im Fokus öffentlicher Debatten stand, fing er an, sich als Ex-Polizist immer häufiger in der Öffentlichkeit zu Wort zu melden, provozierte ein paar Medienskandale und schrieb schließlich ein Buch, “Polizei am Limit“.

„Nick Hein ist eloquent und ich kann ihn gut leiden. Trotzdem oder gerade deswegen war ich in den letzten Monaten immer wieder vollkommen entsetzt, was für Tiraden er im Netz so absetzte“, sagt Pickert: „Für mich war das AfD-Sprech, und deshalb hab ich mich da immer wieder eingemischt, was mir einen Shitstorm nach dem anderen von seinen Followern einbrachte und die Frage von meinen Freunden, warum ich mir das antue“

Unter seinem früheren Kampf-Nicknamen „Sergeant“ betreibt Nick Hein seinen Youtube-Kanal – und er fragte den taz-Redakteur, ob er bereit wäre, da ein eigenes Format mit ihm zu bestreiten, gerade weil sie so unterschiedliche Meinungen haben. Das passte. Beide trafen sich in der taz, um vor der Kamera zu streiten. Hart in der Sache, zivil im Umgang.

Wer gehört eigentlich zur Antifa?

Sie streiten über Übergriffe von Nazis und Antifas und wer eigentlich alles zur Antifa gehört. Über Polizeigewalt und Gewalt von Polizei. Und über die Haltbarkeit von Stammtischparolen.

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Die Probleme gingen aber schon bei der Bezeichnung los: Nick Hein sieht sich selbst nicht als rechts, sondern als konservativ, irgendwo zwischen CDU und CSU. Mit der AfD will er nichts am Hut haben – auch wenn unter seinen Followern sehr viele mit AfD-Profil sind.

Ein Experiment war das für beide. Ob es funktioniert und irgendwas bewegt? Wer die Kommentare von Nick Heins Followern auf Youtube liest, mag das bezweifeln. Aber es muss möglich sein, als Freunde mit unterschiedlicher Meinung respektvoll miteinander zu reden, auch außerhalb der jeweils eigenen Filterblasen. Davon sind beide überzeugt.

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7 Kommentare

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  • Fragt sich "wie rechts" die Personen sind, mit denen mensch befreundet ist. Falls es krass, verfestigt ist, in Richtung Rassismus geht, verweise ich auf folgendes Lied ...



    www.youtube.com/watch?v=gqH_0LPVoho



    oder etwas rockiger:



    www.youtube.com/watch?v=GLTdMEP2vxI



    Now it's the time for your friendship to end!

    • @Uranus:

      *Now is the time for your friendship to end

  • Die "Frage" alleine stellt eine infame Verniedlichung nationalsozialistischer und neonazistischer Gräueltaten dar und wer hier Raum zur Diskussion sieht, bzw, erzeugen will, trägt diese Relativierung mit.

    Es gäbe m.M.n. nur eine adäquate Reaktion auf dieses "Experiment" und das wäre eine Stellungsnahme des VVN-BdA mit anhängender Beschwerde beim Presserat.

  • P.S.:



    Antifaschismus ist übrigens keine "Filterblase", sondern logische Konsequenz des Humanismus. Faschismus wiederum ist tatsächlich eine Filterblase, ein Hirngespinst und Zeichen mangelnder Empathie.

    • @Hampelstielz:

      Deine Empathie hat nicht so weit gereicht, dir seinen Kanal mal anzusehen? Er teilt wesentliche talking points der Nazis, z.B. zu Chemnitz-Demos und G20, nimmt aber einen YouTube-Nazi öffentlich ins Gebet, sein Leben zu überdenken. Ein Grenzfall oder ein U-Boot? Schwer zu sagen, die Nazi-Anleitungen legen ja nahe, sich trotz Propaganda für das Nationale nicht zu deutlich zu bekennen.

      Ein sympathisches Logo hat der Kanal, à la "Kradsportgruppe Waffen-SS", aber gut, ist sicher "nicht so gemeint". Wie man das Format bewerten soll, ist also schwierig, der Betreiber versteht die Gewaltziele der Nazis und ihre ideologischen Legitimationsversuche offenbar wenig bis gar nicht und scheint trotz seiner Gespräche und seiner Ausbildung die Gewalt, die von ihnen ausgeht mindestens arg zu unterschätzen.

      Obwohl er regelmäßig auf "die Linken" schimpft, hat er so wenig Wissen über Organisationen, die sich – in Details - spinnefeind sind, sich aber bei Großereignissen wie G20 die Straße teilen und komplett unterschiedliche Aktionsformen wählen.

      Er scheint mir eher ein Opfer seiner Blase zu sein als ein überzeugter Nazi, bedauerlich, dass er sich zu weigern scheint, sich selbst durch Beschäftigen mit seinen „Gegnern“ ein realistischeres Bild von Staatsgewalt, linken Gruppen und Nazistrukturen zu erarbeiten. Vielleicht lässt er sich das über diesen Kontakt nahebringen.

      Aber natürlich gibt es neben den nötigen und löblichen Antifas auch solche, die in heiligem Furor in komplett unbedeutenden Alltagsituationen eskalieren. Auch die können sich leider Antifa nennen und liefern ihm und seinen Followern Anlässe ihre Perspektive als legitim zu erachten. Die Nazis geben derweil die Parole aus: auf Gewalt vorbereitet sein, sich nicht erwischen lassen und die "Herzen der Mitte gewinnen".

  • Rassismus und Faschismus wird nicht diskutiert. Gespräche mit Drecksäcken führen, die Menschen in Lager stecken wollen? Alles klar bei euch? Schlimm genug, das die Partei, deren Führer niemanden rechts von sich stehen sehen wollte mit einem rassistischen Innenminister im Bundestag vertreten ist. Nein, ihr hofiert noch dazu einen Nazi.

    • @Hampelstielz:

      Herrgott nochmal, dieser Nick Hein ist für Sie also auch ein Nazi?! Auch wenn der nicht einmal was mit der AfD zu tun hat und diese ablehnt? Was bezwecken Sie eigentlich mit diesem dämlichem Vorwurf? Wollen Sie die Gesellschaft noch mehr spalten? In einer Demokratie gibt es nunmal auch einen rechten Flügel, ob es ihnen passt oder nicht...da helfen auch dieses ständigen Beleidigungen nicht weiter! („Drecksäcke“ usw.)