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Streit zwischen Milka und Ritter SportMorgen zählt wieder Geschmack

Jörn Kabisch
Kommentar von Jörn Kabisch

Der Streit um die Form der Schokolade dürfte moderne Konsumenten kalt lassen. Die interessieren sich mehr für den Zuckergehalt oder gar den Geschmack.

Glänzende Verpackung. Aber Zeiten, in denen quadratisch automatisch gut war, sind vorbei Foto: Daniel Maurer/dpa

D as Urteil im Streit Milka gegen Ritter Sport ist ein Sieg für beide Schokoladenproduzenten wie für alle Markenartikler, aber lang wird er nicht währen. Nicht nur am gestrigen Tag, auch immer wieder in den vergangenen zehn Jahren, so lange währte der ganze Rechtsstreit, teilte sich die Republik in Anhänger der lila Kuh oder des sportlichen Schokoladenquadrats, wenn das Thema hochkam.

Es ist dann für viele wie eine kleine erholsame Reise zurück zu Kindheitstagen und in eine Zeit, als es noch Marken waren, die kulinarische Identitäten prägten. Ob der bessere Bohnenkaffee von Jacobs oder von Eduscho kam, das Eis von Schöller oder Langnese, Fruchtgummis von Katjes oder Haribo oder ob es Coca oder Pepsi-Cola sein musste, das war in der alten Bundesrepublik bisweilen so wichtig wie die Partei, die man wählte oder der Fußballverein, für den man brannte. Und manchmal hing das sogar eng zusammen.

Aber die Zeiten, in denen quadratisch automatisch gut war, sind vorbei. Inzwischen werden aus treuen Kun­d*in­nen bewusste Kund*innen. Sie lassen sich keinen Lebensstil verkaufen, sie wählen für ihren Lebens- und Ernährungsstil aus. Und misstrauen dabei Verpackung und Etiketten. Sie fragen nach den inneren Werten, sie interessieren sich für die Produktionsbedingungen, sie geben bei Schokolade mehr Geld aus, wenn der Kakao bio und fair angebaut wurde. Und weil sich allein mit schönem Schein nichts mehr verkaufen lässt, konkurrieren Unternehmen, die immer noch auf ihre alten, floskelhaften Botschaften setzen, im Supermarkt inzwischen am unteren Ende der Preisliste und ringen mit Sonderaktionen um Marktanteile. Oder streiten vor Gericht um Form und Verpackung dessen, was sie zur Ramschware haben werden lassen.

Aber was soll’s, was schadet ein unschuldiger Tag Nostalgie für die gute alte Milchschokolade? Ab morgen interessieren sich Verbraucher*innen wieder für Palmöl, den Zuckergehalt oder sogar den Geschmack. Und über den sagt es nichts aus, wenn eine Schokolade quadratisch ist oder der Butterkeks 52 Zähne hat. Aber auch diese Frage, steht zu befürchten, wird noch mal vor Gericht landen.

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Jörn Kabisch
Autor
Wirt & Autor für taz und FuturZwei
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2 Kommentare

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  • An zwei Punkten muss man den Kommentar korrigieren, Ritterschokalde ist nicht die billigste, und es gibt seit einiger Zeit auch eine fair gehandelte Produktlinie von ihnen. Von Milka ist mir das nicht bekannt.

  • Für eine bewusste Kundin wie mich ist dieses Urteil ein großer Sieg. Da gewinnt ein Familienunternehmen gegen den Mondelez-Konzern, das ist ein Sieg der Vielfalt.



    Mondelez hat neben Milka mit der geschützten Farbe auch die Toblerone im Programm - und hier stellt niemand den Schutz der Form in Frage.

    Bei den Zutaten lohnt es sich immer, genau hinzuschauen und z. B. darüber zu staunen, dass eine Vollmilch von Lindt mehr Zucker enthält als eine Vollmilch von Ritter. Beide Hersteller verwenden übrigens Palmöl für Füllungen - aber die muss man ja nicht kaufen.