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Streit um die KrankenhausreformLeider auf dem Weg verloren

Manuela Heim
Kommentar von Manuela Heim

Seit Jahren kommen die Bundesländer ihrer Pflicht zur Investition ins Klinik­system nicht ausreichend nach. Sie tragen Mitschuld an der Misere.

Krankenpfleger in einer Klinik Foto: Daniel Bockwoldr/dpa

N ach anderthalb Jahren Ringen hat es die Krankenhausfinanzierungsreform in den Bundestag geschafft. Auf dem Weg ist einiges verlorengegangen – vor allem vom Glauben, dass mit den Ländern bundesweit eine zukunftsorientierte und solidarische Krankenhauspolitik zu machen ist.

„Die da in Berlin“, sagte im Verlauf des Bund-Länder-Streits einer der Landesgesundheitsminister, „müssen merken, dass sie nicht über uns bestimmen dürfen.“ Damit ist vieles gesagt über die Befindlichkeiten im Kampf um ein Gesetz, in dem es im Grunde um mehr Qualität und Bedarfsorientierung gehen sollte. In einem Kranken­haussystem, in dem derzeit ein Großteil der Häuser rote Zahlen schreibt, Spitzenmedizin neben bedenklichen Gelegenheitseingriffen und Über- neben Unterversorgung existiert.

Vieles der Fehlentwicklung hat mit dem bisherigen Finanzierungssystem der Fallpauschalen zu tun, großen Anteil haben aber auch die Bundesländer. Seit vielen Jahren kommen sie ihrer Pflicht zur Investition ins Klinik­system nicht ausreichend nach. Analysen zum Bedarf und zur Verteilung der bisherigen Kliniken zeigen, dass sie auch ihre Pflicht zur Krankenhausplanung mindestens vernachlässigt haben. Genau diese Bundesländer beharrten aber in einer Art auf ihrem Mitspracherecht und pauschal mehr Geld, die große Zweifel am Grundinteresse einer bedarfsgerechten Pa­ti­en­t*in­nen­ver­sor­gung weckt.

Auch wenn die Reform demnächst im Bundestag beschlossen wird, ist nicht klar, was in der Umsetzung übrigbleibt und wer am Ende dafür zahlt. Die geplanten Qualitätskriterien müssen erst verhandelt werden. Die Kosten des Systemumbaus in Höhe von 50 Milliarden Euro sollen je zur Hälfte die gesetzlich Versicherten und die Länder übernehmen, in deren Händen weiter die Krankenhausplanung liegt. Das Vertrauen darin, dass sie diese Pflicht in Zukunft besser ausfüllen als bisher, hat der Kampf um die Krankenhaus­reform jedenfalls nicht gestärkt.

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Manuela Heim
Gesundheit und Soziales
Redakteurin in der Inlandsredaktion, schreibt über Gesundheitsthemen und soziale (Un-) Gerechtigkeit.
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6 Kommentare

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  • Blick über die Grenzen schadet nicht und lenkt auch von dem entnervenden Gezerre etwas ab. Schweden ist etwas größer als Deutschland hat aber 1/8 der Bevölkerung. 52 große Notfallkrankenhäuser haben einen Einzugsbereich von jeweils 200.000 Einwohnern. 5% der Bevölkerung ist mehr als 45 Minuten zu einem dieser Krankenhäuser unterwegs. In kleineren Regionen hat die Zentralisierung zu Kostenproblemen geführt . Was bedeutet das außerdem für die Qualität ? "Volume is a crucial factor for surgical quality but there are other factors to take into consideration." , d.h. die einfache Fallzahl erlaubt kein vollständiges Qualitätsurteil. Es kommt mehr auf Krankenhausorganisation, Ergebnismessungen und - Rückmeldungen sowie Anstrengungen zur Qualitätsverbesserung aller Beteiligter an . "The tradition in Sweden of doing this might explain why Sweden has good surgical results despite lacking high volume centres." Linus Axelsson in www.bdc.de/bdc-pra...surgery-in-sweden/



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    " collaborative quality improvement initiatives " im o.g. Text von Linus Axelsson ist das Gegenteil von Gezerre.

  • Mit Ausnahme von Bahn und Bundeswehr ist alles, was in Deutschland nicht funktioniert, ist Ländersache.

    • @Kurt Kraus:

      Oder Kommunensache. Als ob die Länder oder die Kommunen aus Blödheit die Problrme nicht bewältigen . Berlin bestimmt die Gesetze, die Länder und Kommunen finanuiren sollen (=viele) und die, die ihnen Einnahmen gewähren (=wenige).Believe me: die Zentralisierung wird nichts besser, nichts gerechter und das Stadt-Lan



      d -Gefälle nicht geringer machen.



      Monodimensionales Denken verbessert nichts, sondern ist ein Grundübel.

      • @Ignaz Wrobel:

        Es geht nicht um gerechter, es geht um schneller und einheitlicher (auch eine Form von Gerechtigkeit). Das kommunale Selbstbestimmungsrecht ha zwar Verfassungsrang, wird aber durch den goldenen Zügel der Länder ausgehebelt. Die Verwaltungsebene der Regierungsbezirke macht die Dinge auch nicht einfacher - ein Relikt aus der Postkutschenzeit. Zum Föderalismus können Sie übrigens bei Tucholsky schöne Dinge lesen.

      • @Ignaz Wrobel:

        Die Kommunen sind so eine Art Abladeplatz: Bund und Länder verabschieden gerne Gesetze, deren Erfüllung dann Aufgabe der Kommunen ist - ohne für eine entsprechende Finanzierung zu sorgen, die Kommunen müssen dann sehen wie sie klar kommen. Die mit hohen Gewerbesteuereinnahmen oder anderen Geldquellen (z.B. am Starnberger See...) können sich das Erfüllen leisten - die anderen brechen unter den Aufgaben zusammen und werden für alles, was die Einnahmen verbessern könnte weiter noch unattraktiver.

        • @Monomi:

          Genau das meinte ich mit "goldenem Zügel". Ich kann nur zustimmen.