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Streit um Unkrautvernichter GlyphosatNiederlage für Pestizid-Freunde

Die Unbedenklichkeitserklärung für den Unkrautkiller Glyphosat muss revidiert werden, sagen Experten der Vereinten Nationen.

Glyphosat-Hersteller Monsanto hofft weiter auf eine positive Bewertung durch die EU-Behörden. Foto: dpa

Berlin taz | Den Befürwortern des meistverkauften Pestizids Glyphosat scheint ein wichtiges Argument wegzubrechen: Nachdem die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Mittel im März als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft hatte, verwies US-Hersteller Monsanto auf ein anderes Gremium, das „Gemeinsame Treffen“ der WHO und der UN-Agrarorganisation FAO über Pestizidrückstände in Lebensmitteln (JMPR). Dieses hat dem Unkrautvernichter mehrfach bescheinigt, in den erlaubten Mengen weder Krebs noch Schäden am Erbgut zu verursachen.

Doch jetzt rät selbst eine vom JMPR eingesetzte Expertengruppe, diesen Persilschein für die Chemikalie zu überprüfen. Die Arbeitsgruppe empfiehlt eine vollständige Neubewertung von Glyphosat. Das ist offenbar als grundsätzliche Kritik an der Arbeit des Gremiums gemeint. Schließlich plädieren die Experten auch dafür, dass „das JMPR interne Richtlinien überprüft, um die Kriterien für Einbeziehung/Ausschluss von Daten [in seine Analysen, die Red.] zu stärken“.

Das JMPR habe „viele“ von den WHO-Tumorforschern verwendete Studien vor allem aus Fachzeitschriften nicht ausgewertet. Die Experten heben hervor, dass die Krebsforscher nicht nur Untersuchungen, in denen es allein um Glyphosat geht, sondern auch solche mit Mischungen analysiert hätten. Pestizidprodukte wie Monsantos Unkrautkiller Roundup sind Kombinationen aus dem Wirkstoff und mehreren Hilfssubstanzen. Die Fachleute bemerken zudem, dass das JMPR sich nicht auf Rückstände in Nahrung beschränken dürfe, die durch die Nutzung von Glyphosat als Pflanzenschutzmittel entstehen.

Diese Kritikpunkte sind nicht nur für die Diskussion über den Unkrautvernichter wichtig. Vielmehr können sie eine fundamentale Reform der JMPR-Arbeit begründen – und damit des Umgangs der Behörden mit Pestiziden in vielen Ländern. Schließlich setzt das JMPR wichtige Richtwerte fest, wie viel eines Pestizids von Menschen eingenommen werden kann, ohne gesundheitliche Schäden zu erleiden. Diese Zahlen dienen Staaten als Grundlage, um gesetzlich verbindliche Grenzwerte zu beschließen.

Laufendes Zulassungsverfahren abbrechen

Der Gentechnik-Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Harald Ebner, forderte nach Bekanntwerden des Berichts, die Anwendung von Glyphosat zu stoppen oder zumindest einzuschränken. „Es kann nicht sein, dass Menschen Gesundheitsrisiken ausgesetzt sind, weil die zuständigen Behörden womöglich vorsätzlich im Profitinteresse gepfuscht haben.“ Die EU müsse ihr laufendes Verfahren für eine neue Zulassung von Glyphosat abbrechen.

Monsanto dagegen gibt sich unbeeindruckt. „Ich gehe nach wie vor davon aus, dass eine positive Bewertung durch die EU-Behörden herauskommt“, sagte der Zulassungsleiter der deutschen Konzernniederlassung, Holger Ophoff, der taz. Das staatliche Bundesinstitut für Risikobewertung, das Glyphosat für die EU analysiert hat, war am Sonntag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

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5 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Der Artikel erhielt gestern vom "Medien-Doktor Umwelt" der TU Dortmund 4 von 5 Punkten, die beste Bewertung bisher in diesem Jahr. Glückwunsch! http://www.medien-doktor.de/umwelt/2015/10/streit-um-unkrautvernichter-glyphosat-niederlage-fuer-pestizid-freunde/

  • Danke Jost Maurin !

    Da zeigt sich mal mehr die Diskrepanz zwischen "Realökonomischer Profitkultur" und der Wirklichkeit :

    Die balancierte ästhetische Wirklichkeit der Artenvielfalt und deren Rollen in der Ökologie wird arg vermindert durch die Pestizidkultur..

    Die Blumenpracht in Wald und Feld wird weniger, die Insekten werden weniger.. die Bienen können nicht mehr.. die Vielfalt der Vogelarten verschwindet...

    Eine art `tödliche Ruhe´ und Farblosheit macht sich breit in den Feldern der Agrarkultur..

    Wenn die Städter durch Feinstaub und NOx in ihrer Lebensqualität bedroht sind.. so sind Ferien auf dem Lande oftmals durch Giftschwaden der Pestizidtraktoren ungeniessbar..

    -----------------

    Das ist das Resultat wissenschaftsgläubiger ökonomischer Profitrationalität...!

    SEufz...

  • 1G
    12671 (Profil gelöscht)

    Wer wie was und mit welchem Interesse zum Thema Glyphosat verfolgt, lese man hier in einer 140-Seiten Übersicht nach: http://analogo.de/2015/08/21/der-glyphosat-report-von-ana-logo-6-teil/

  • nur ein molekuel reicht - das nur zu den grenzwerten.

    http://taz.de/Glyphosat-in-Muttermilch/!5207166/

  • Das ist ein Punkt für den Kampf gegen Glyphosat aber leider noch keine "Niederlage" der Giftlobby. Wenn es schlimm kommt, dann wird die Zulassung um weitere 10 Jahre verlängert, da "zum Zeitpunkt der Bewertung der Glyphosat noch als unbedenklich gelten konnte" und eine Neubewertung der Studien noch nicht verfügbar war. Damit hätte dann Monsanto und die Korruption auf der ganzen Linie gesiegt.

    Deshalb muss der Kampf gegen Glyphosat und Korruption öffentlichkeitswirksam weitergeführt werden.