Streit um Pkw-Maut in Deutschland: Deutschland und EU vor Einigung
Zuerst hatte die EU-Kommission geklagt, weil die Maut Ausländer diskriminiere. Jetzt sei eine Einigung schon vor November möglich, sagt Alexander Dobrindt (CSU).
Die Pkw-Maut sollte eigentlich Anfang 2016 starten, liegt aber auf Eis, weil die Brüsseler Behörde Deutschland wegen der Pläne vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt hat und bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hatte. Über den offensichtlich bevorstehenden Durchbruch berichtete am Donnerstag zuerst die Bild.
Dobrindt (CSU) sagte, es gebe enge und vertrauensvolle Gespräche zwischen dem Kommissionspräsidenten und ihm. „Jean-Claude Juncker hat sich dabei persönlich stark engagiert, um eine gemeinsame Lösung zu finden.“
Bild zufolge verhandeln die beiden seit Wochen. Demnach könnte es zusätzlich zu den geplanten Mautstufen günstigere Kurzzeitvignetten für Pendler aus dem Ausland und eine stärkere Berücksichtigung der Umweltverträglichkeit geben. Im Gegenzug wolle die Kommission ihre Klage zurückziehen. Für deutsche Autofahrer bleibe es dabei, dass keine Mehrkosten entstünden.
500 Millionen Euro mehr für Straßen
Die Abgabe soll für In- und Ausländer gelten. Inländer sollen aber über die Kfz-Steuer entlastet werden. Die Kommission hatte kritisiert, dies führe faktisch zu einer Befreiung von der Maut. Sie sah darin eine Diskriminierung ausländischer Autofahrer. Zudem seien die Kurzzeitvignetten in einigen Fällen zu teuer.
Die Pkw-Maut war im Bundestagswahlkampf 2013 ein Kernprojekt der CSU, die versprach, kein deutscher Autofahrer werde dadurch stärker belastet. Die SPD hatte das Vorhaben kritisch gesehen.
Die Grünen hegen weiterhin Zweifel an Dobrindts Mautkonzept. „Die Einigung über die Ausländer-Maut mit der Kommission, so sie denn wirklich stattgefunden hat, wird Dobrindt am Ende nichts helfen, denn sie wird vor dem Europäischen Gerichtshof scheitern“, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der Passauer Neuen Presse (Freitagausgabe). Statt sich mit diesem „Unsinnsthema“ zu beschäftigen, solle Dobrindt sich besser um saubere Autos, eine funktionieren Bahn und Infrastruktur kümmern.
Nach früheren Schätzungen werden dank der Maut Einnahmen von 500 Millionen Euro jährlich erwartet, die in die Straßen gesteckt werden sollen. Die Abgabe soll auf Autobahnen und Bundesstraßen erhoben werden. Für ausländische Fahrzeughalter wird sie aber auf Bundesstraßen ausgesetzt, um den kleinen Grenzverkehr nicht zu belasten. Deutsche Fahrzeughalter müssen automatisch eine Jahresvignette kaufen, die im Schnitt 74 Euro kosten wird. Ob sich an diesen Zahlen nach einer Einigung mit der EU-Kommission etwas ändert, war zunächst unklar.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden