Streit um Moschee auf Trikot: 1. FC Köln erteilt Fan Abfuhr
Ein Anhänger tritt aus dem Fußballverein 1. FC Köln, weil eine Ditib-Moschee auf dem neuen Auswärtstrikot prangt. Der Club reagiert cool.
Das islamophobe Ex-Mitglied bescheinigte sich selbst dann gleich noch mehrerer anderer Phobien, indem es gegen vermeintliche zukünftige rosa Trikots schimpfte, um „die Weltoffenheit perfekt“ zu machen. Und der FC reagierte klug. Er konterte mit Veröffentlichung und dem Post eines rosa Trikots. Er bestätige die Kündigung gern, schrieb der Verein auf Twitter, und fügte hinzu: „Danke für die Idee mit dem Trikot.“
Der Klub hat diese Lösung gut abgekupfert. Zuvor hatte Mainz 05 auf ein rassistisches Kündigungsschreiben ähnlich reagiert und viel positiven Zuspruch bekommen. Es spricht für die Öffnung des Fußballs, dass sich eine sarkastische Abwertung von Rassismus mittlerweile auch öffentlich lohnt. Freilich, ganz so einfach ist es nicht.
Empfohlener externer Inhalt
Zum einen, weil die Moschee zum mächtigen, Erdoğan-freundlichen Ditib-Verband gehört. Das ist allerdings bei einer Skyline das schwächere Argument, beim Abbild des Doms stört sich ja auch niemand am erzkonservativen Laden Katholische Kirche. Eine politisch intelligentere Wahl hätte sich für ein Symbolbild einer Moschee entschieden. Und zweitens, weil es die Offenheit nur in den unteren Vereinsstrukturen gibt.
Widersprüchliche Karnevalisten
Der FC, die Stadt Köln und der Karneval sind verquickt, viel gründlicher noch als andernorts. Denn da gibt es ja meistens zwei Stadtrivalen: Hertha und Union, HSV und Sankt Pauli, Bayern und Sechzig. In Köln gibt es nur den FC. Er spiegelt diese Stadt in all ihren Widersprüchen, in der offensives Multikulti zum Selbstbild gehört und sich viele Karnevalisten seit Jahrzehnten sehr ernsthaft gegen Rassismus solidarisieren.
Und es gleichzeitig fertigbringen, ein völlig verkrusteter Haufen gutbürgerlicher, weißer Männer zu bleiben, dessen Witze vor Rassismus und Sexismus strotzen. Eine homogene Gruppe, die voller Überzeugung singt, wie bunt sie ist und wie toll das sei, und das auch glaubt. Diesen Widerspruch muss man erst mal hinkriegen.
Der FC fügt sich darin nahtlos ein. An der Basis ist er durchaus bunt und bisweilen integrativ, trägt auch manches Büdchen türkischstämmiger Kölner FC-Wimpel. Sein Vorstand aber besteht ausschließlich aus gut betuchten, älteren weißen Herren. Dass Ober-Karnevalist Markus Ritterbach bis 2019 auch FC-Vizepräsident war, ist nur das deutlichste Abbild dieser Klüngelwirtschaft. Ein muslimischer FC-Präsident wäre in diesem konservativen Kosmos völlig unvorstellbar.
Beteiligung wächst im Fußball sehr langsam von unten nach oben. Es ist also durchaus interessant, dass der FC es für an der Zeit hält, eine Moschee prominent aufs Trikot zu setzen. Und ein fröhliches Ausleben eines zutiefst widersprüchlichen Selbstbildes.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!