Streit um Dealer im Görlitzer Park: „Bezirk hat sich nicht gekümmert"
Anwohner des Kreuzberger Parks organisieren sich, um Ideen jenseits von Polizeipräsenz und Ordnungspolitik zu entwickeln.
taz: Herr Rollhäuser, Sie haben im Sommer erfolglos versucht, eine Anwohnerinitiative für den Görlitzer Park aufzubauen. Seit der Aufregung der vergangenen Wochen bekommen Sie nun doch vermehrt Zuschriften. Mit welchem Anliegen?
Lorenz Rollhäuser: Es gibt einige Leute in der Nachbarschaft, die kreative Lösungen im Umgang mit den Problemen im Park finden wollen. Also Lösungen, die nicht polizeilich und ordnungspolitisch sind. In Kreuzberg wäre es kein großes Ding, wenn an drei oder vier Stellen im Park Drogen verkauft würden. Es stören bestimmte Verhaltensweisen: dass Leute angesprochen werden, die nicht angesprochen werden wollen; dass man sich zwischen den Dealern durchquetschen muss. Die Flüchtlinge werden bleiben. Wir müssen daher schauen, wie man es schafft, dass die Situation für alle irgendwie okay ist.
Zum Beispiel?
Wir wünschen uns Parkworker, also Sozialarbeiter, die interkulturell fit sind und im Park Präsenz zeigen. Die müssten sich Respekt verschaffen und klarmachen, dass es bestimmte Vorstellungen und Regeln gibt. Dass die Dealer an die Leute besser nicht zu nah rangehen; dass sie Frauen in Ruhe lassen sollen.
Sozialarbeiter des Vereins Joliba haben genau das bereits versucht. Wirklich verändert hat das die Situation allerdings nicht.
So etwas wird kurz gemacht – und dann ist wieder kein Geld da. Ich werfe dem Bezirk vor, dass er sich nicht gekümmert hat, das zu verstetigen. Stattdessen kommt man wieder mit der Polizei. Ich würde mir eine für Kreuzberg angemessene Lösung wünschen.
Letztlich geht es auch Ihnen darum, die Dealer im Park zurückzudrängen.
Ja, natürlich ist es uns lieber, wenn da ein paar weniger stehen. Aber uns ist auch klar, dass die Leute nicht zum Spaß Drogen verkaufen. Das größte Problem in letzter Zeit waren für mich auch nicht die Dealer selbst, sondern die Szene, die angefangen hat, sich im Umfeld aufzuhalten. Wenn man klarmacht, dass jemand auf sie schaut, könnte das schon etwas ändern. Es sind auch viele Party-Touristen im Park. Warum nutzt man nicht einen Teil der City-Tax dafür, die Folgen dieses Tourismus zu lindern?
61, hat mit drei anderen die Anwohnerinitiative Görlitzer Park gegründet: www.ai-gp.de
Es gibt Ideen, Teile des Parks neu zu definieren, beispielsweise Beete an Kitas zu vergeben oder auch neue Sportflächen zu schaffen. Was halten Sie von diesen Vorschlägen?
Über all das sollte man nachdenken. Je mehr Anwohner man miteinbezieht, umso besser. Allerdings darf man nicht vergessen: Es gibt auch viele Anwohner, die haben eine berechtigte Angst, wegen der steigenden Mieten bald nicht mehr in der Gegend wohnen zu können. Die hoffen: Solange der Park aussieht, wie er aussieht, ist das auch ein Bollwerk gegen die Gentrifizierung.
Im Juni haben Sie schon einmal ein Treffen organisiert. Sie wurden von Kritikern niedergeschrien. Wie wollen Sie verhindern, dass das wieder passiert?
Wir machen erst mal keine öffentliche Veranstaltung, sondern werden uns privat treffen.
Der Bezirk müsste eigentlich ein Interesse daran haben, mit Anwohnern zusammenzuarbeiten. Stehen Sie in Kontakt?
Wir haben uns vor Monaten mit der grünen Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann getroffen. Danach kam vonseiten des Bezirks überhaupt nichts mehr. Wir haben mehrfach versucht, mit dem Stadtrat Hans Panhoff Kontakt aufzunehmen. Das ist uns aber nicht gelungen. Erst jetzt beim Büschestutzen kamen wir ins Gespräch und haben uns verabredet. Im letzten halben Jahr haben sich CDU-Innensenator Frank Henkel und der Bezirk nur gegenseitig die Schuld zugeschoben – keiner wollte im Görlitzer Park wirklich etwas ändern. Also ist nichts passiert. Es kann nicht gut gehen, ein so großes Stück Stadt sich selbst zu überlassen.
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