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Streit um „Bleiburg-Gedenkmesse“ in SarajevoMit dem Segen der Kirche

Jedes Jahr erinnert die kroatische Rechte an gefallene Ustascha-Anhänger. Dieses Jahr will auch die katholische Kirche in Bosnien teilnehmen.

Gleicht einer nationalistischen Show: umstrittene Gedenkfeier im österreichischen Bleiburg 2018 Foto: Eibner/Expa/imago

SPLIT taz | Als vor wenigen Tagen die Nachricht öffentlich wurde, der katholische Kardinal von Sarajevo, Vinko Puljić, wolle am 16. Mai eine Gedenkmesse für die nach dem Zweiten Weltkrieg getöteten kroatischen Ustascha-Soldaten abhalten, kam es zu heftigen Diskussionen in der Stadt. Viele Bürger Sarajevos erinnerten an die unzähligen Opfer der Ustaschen und protestierten gegen eine solche Messe.

So wird im Stadtteil Marindvor dieser Tage mit an Laternenpfählen und Bäumen aufgehängten Puppen drastisch an die 55 Widerstandskämpfer erinnert, die kurz vor der Befreiung der Stadt am 6. April 1945 von der kroatischen Ustascha-Diktatur und der deutschen Besatzungmacht hingerichtet worden waren. Insgesamt wurden von 1941 bis 1945 mehr als 10.000 Menschen aus Sarajevo ermordet.

Auf dem Vraca-Hügel südlich von Sarajevo gibt es für sie ein Denkmal. Auf Steinplatten sind alle Namen der Ermordeten eingraviert – die Mehrheit davon Juden. 7.500 jüdische Bürger der Stadt sind ab 1941 in das kroatische Vernichtungslager Jasenovac und nach Auschwitz deportiert worden. Insgesamt sollen es mehrere Hunderttausend Menschen gewesen sein, die dem Ustascha-Regime zum Opfer gefallen sind.

Nach der Befreiung Sarajevos durch Partisanentruppen am 6. April 1945 mussten sich die deutschen und die Ustascha-Truppen nach Norden zurückziehen. Der Krieg war für sie verloren. Gemeinsam mit anderen mit den Deutschen kollaborierenden Truppen wie serbischen Tschetniks und slowenischen Heimwehrleuten, wollten sie sich in Bleiburg in Österreich den dort schon befindlichen britischen Truppen ergeben.

Tod durch Schnellgerichte

Was dann geschah, ist zum Teil noch nicht vollständig aufgeklärt. Tatsache ist, dass nicht nur der harte Kern der Ustaschen und Tschetniks, sondern auch Mitglieder der kroatischen und slowenischen Heimwehren, deren Mitglieder zum Militärdienst eingezogen worden waren, und auch Zivilisten sich dem Tross angeschlossen hatten.

Am 14. Mai erreichten sie Bleiburg, wo sie von den Briten auf einer Wiese interniert wurden. Einigen Führern gelang sogar die Flucht, so Ante Pavelić, Gründer der Ustascha-Bewegung, der 1959 in Spanien starb.

Am 16. Mai 1945 begannen die Briten, die verbliebenen, inzwischen entwaffneten Ustaschen und Tschetniks an die Partisanen auszuliefern – nach britischen Quellen bis zum 31. Mai genau 12.196 Kroaten, 8.263 Slowenen, 5.480 Serben und 400 Montenegriner. Als der noch jugendliche Partisan Mustafa Kapidžić nach Bleiburg einrückte, konnte er beobachten, wie Schnellgerichte der Partisanen bekannte Persönlichkeiten der Ustaschen und Tschetniks zum Tode verurteilten und die Urteile auch vollstreckten.

Andere Quellen berichten, dass der Großteil der Gefangenen auf einen Marsch durch Slowenien, Kroatien bis nach Mazedonien geschickt wurde. Auf dem Weg sollen Gefangene Racheakten zum Opfer gefallen sein, viele seien an Erschöpfung gestorben. Die Körper der Toten wurden in Slowenien teilweise in Karsthöhlen geworfen, wo ihre Überreste erst nach Jahrzehnten entdeckt wurden.

„Die Partisanen haben Rache geübt“, sagt der in Zagreb lebende Politikwissenschaftler und Philosoph Žarko Puhovski. Es war eine blutige Rache, geben auch heute noch lebende Partisanen zu. Doch sie verwehren sich gegen den kroatischen Geschichtsrevisionismus, der die Ereignisse von Bleiburg als eine Art Genozid an den Kroaten verklärt.

„Es war eine Rache an den Kollaborateuren mit den Nazis, eine Rache an den Feinden, nicht aber nationalistisch definiert“, sagt auch Puhovski. Der Kommandeur der Partisanen, Josip Broz, genannt Tito, war selbst Kroate, die Partisanen kämpften für einen multinationalen Staat und gegen jeglichen Nationalismus.

Nationalisten leugnen Verbrechen

Waren es anfänglich vor allem Angehörige, die trauerten, so ist das jährliche Totengedenken in Bleiburg in den letzten Jahren immer mehr einer verengten Erinnerungskultur gewichen.

Heute manifestiert sich dort kroatischer Nationalismus, monieren kroatische und bosnische Intellektuelle. Dagegen werden von den gleichen nationalistischen Kreisen die Untaten der Ustaschen geleugnet, die Gedenkfeiern in Jasenovac gestört und überlebende Opfer diffamiert, bedauern jüdische Gemeinden und serbische Opferorganisationen. Der Gruß der Ustaschen – „Für die Heimat bereit“ – wird von rechtsgerichteten Kreisen öffentlich benutzt.

Das Totengedenken in Bleiburg ist einer verengten Erinnerungskultur gewichen

Und die katholische Kirche? Seit der Unabhängigkeit Kroatiens ist sie immer mehr nach rechts gerückt, auch in Bosnien. Zwar kämpfen die Franziskaner in Sarajevo gegen den nationalistischen Chauvinismus der bosnischen Kroaten unter Führung von Dragan Čović, doch der hat offenbar die Oberhand gewonnen und den Kardinal für seine Kampagne eingespannt. Čović warf Kritikern vor, die freie Religionsausübung zu behindern.

Sein Gegenspieler, der sozialliberale Vertreter der Kroaten im bosnischen Staatspräsidium, Zelko Komšić, konterte: „Für Faschisten zu beten ist ein Akt, der allen zivilisierten Werten widerspricht.“

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5 Kommentare

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  • "Dagegen werden von den gleichen nationalistischen Kreisen die Untaten der Ustaschen geleugnet, die Gedenkfeiern in Jasenovac gestört und überlebende Opfer diffamiert, bedauern jüdische Gemeinden und serbische Opferorganisationen."



    Ohne diesen Satz, in dem serbische Opfer ganz nebenbei erwähnt werden, könnte man laut diesem Artikel meinen, dass die Serben bei der Ustasa mitgemacht haben. Geht es allerdings um Kollaboraeure, werden die serbischen Tschetniks gleich als erste erwähnt.



    Die meisten der Opfer in Jasenovac waren Serben, der erklärte Feind der Ustasa. Die Nazis haben nicht umsonst "Serbien muss sterbien" gesungen. Man muss sich schon arg mit Scheuklappen durchs Leben gehen, um so einen Artikel zu verfassen.

  • 9G
    91491 (Profil gelöscht)

    ?subject=Faschisten unter der Decke der Kirche: Lügen mit Gottes Segen - taz.de&body=taz.de/Faschisten-...r-Kirche/!5604086/

  • Da katholische Geistliche selbst im Vernichtungslager Jasenovac mitgemischt hat, ist es nur Recht und billig, dass sie heute ihre "Helden" ehrt.

  • 9G
    91491 (Profil gelöscht)

    Dass bei der Abschlachtung der Serben durch die Kroaten nicht nur religiöse, sondern auch rassistische Gegensätze eine große Rolle spielten, ist selbstverständlich, sei aber doch ausdrücklich betont,obwohl es die katholische Kirche kaum entlastet.

    Denn vom Anfang bis zum Ende dieses Regimes bestand die engste Zusammenarbeit zwischen ihr und der Ustascha-Bewegung.

    Bischöfe sassen im Ustascha-Parlament, Priester fungierten als Polizeichef und als Offiziere in Pavelics Leibwache, Franziskaner kommandieren in KZ-Lagern, Mitglieder der " Katholischen Aktion": und ihr angegliederten Organisationen waren häufig auch Ustascha und sogar die Nonnen, die Brust beladen mit Ustascha Orden,grüssten nach Art der Faschisten und beteiligten sich an den Paradebeispiel,wobei sie unmittelbar hinter den Soldaten marschierten.

    Die katholische Presse des Landes versicherte bei jeder Gelegenheit der Ustascha-Partei ihre Sympathie. In einer Fülle von Artikeln begrüsst sie " das neue und freie Kroatien als einen katholischen Staat " ,beteuert dem von Gott Gesandten Pavelics die Loyalität 6nd feiert Adolf Hitler als " Kreuzfahrer Gottes" .

  • Die Hierarchie der katholischen Kirche war sich nie zu schade für solchen Unsinn.

    Die Franziskaner waren oft ein Sonderfall, ein kleines Wunder, dass Franziskus nicht auf dem Grossen Haufen der "Ketzer" gelandet ist.