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Streit über die Autobahn A20Die autofreundliche Fledermaus

Umweltverbände zweifeln an Fledermaus-Gutachten der Landesregierung von Schleswig-Holstein. Auch die Prüfung alternativer Trassen fehlt noch immer.

Liebt Winnetous Kalkberg und angeblich auch den Geruch von Asphalttrassen. Foto: dpa

Claudia Bielfeldt ist skeptisch. „Wir glauben nicht einfach, was die Landesregierung uns erzählt“, sagt die Vorsitzende des Umweltverbandes BUND in Schleswig-Holstein. „Unsere Fachleute werden die gesammelten Daten genau nachprüfen“, kündigt sie an. Denn das schleswig-holsteinische Verkehrsministerium hat vollmundig verkündet, dass Autos und Fledermäuse sich bestens vertrügen. Umfangreiche Fledermaus-Zählungen hätten ergeben, so Staatssekretär Frank Nägele (SPD), dass die geplante Trassenführung der Küstenautobahn A20 im Raum Bad Segeberg die in der Kalkberghöhle überwinternden Fledermäuse nicht gefährde.

BUND und Naturschutzbund (Nabu) wollen nun prüfen, „ob die Zählungen und deren Interpretation plausibel sind und den Anforderungen entsprechen“, so Bielfeldt. „Gutachter sind manchmal sehr kreativ“, pflichtet ihr Nabu-Landesgeschäftsführer Ingo Ludwichowski bei. Nägeles Festlegung findet er „sehr mutig“, für definitive Aussagen sei es aus seiner Sicht noch zu früh. Und damit geht der Streit über die Küstenautobahn in eine weitere Runde.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte im November 2013 auf Klage von BUND und Nabu den Weiterbau der A20 gestoppt, weil der Fledermaus-Schutz nicht ausreichend beachtet worden war. Die angewandte „Methode der Bestandserfassung der Fledermäuse“ habe das Gericht nicht „davon überzeugen können, dass diese Methode den besten wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht“, befanden die Leipziger Richter: „Daher konnte das Gericht nicht mit Sicherheit feststellen, dass das Vorhaben mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets ,Segeberger Kalkberghöhle‘ verträglich ist.“

Die Autobahntrasse soll die Kreisstadt Bad Segeberg südlich umgehen und im Abstand von nur etwa 1,5 Kilometern am Kalkberg vorbeiführen, der vor allem durch die Karl-May-Festspiele bekannt wurde. Tatsächlich handelt es sich bei dem 91 Meter hohen grauen Gipsberg um ein nach der europäischen Flora-Fauna-Richtlinie zu schützendes Habitat. Für Fledermäuse ist es eines der wichtigsten Überwinterungsquartiere in Deutschland mit rund 25.000 Tieren von sieben verschiedenen Arten. Bis zu 400.000 Ausflüge pro Nacht wurden dort von Biologen gezählt.

Das Land hatte nach dem Tadel aus Leipzig ein Monitoring in Auftrag gegeben. Seit März 2014 beobachteten Experten des Fledermaus-Zentrums Noctalis die Flugrouten der Tiere rund um den Kalkberg mit mehr als 100 Ultraschallerfassungssystemen. Dabei sei festgestellt worden, „dass an vielen Stellen Knicks oder andere Strukturen vorgesehen waren, um die Fledermäuse zu leiten“, sagt jetzt Britta Lüth vom Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr.

Recht bekamen die Umweltverbände damals vom BVerwG auch mit einem zweiten Kritikpunkt: Die Autobahn soll das Tal des zweitgrößten schleswig-holsteinischen Flusses Trave an einer Stelle queren, die ebenfalls als FFH-Gebiet geschützt ist. Hier gibt es seltene Kalktuff-Quellen mit versteinerten Ablagerungen. Auch der Planfeststellungsbeschluss räumte eine „erhebliche Beeinträchtigung prioritärer Lebensraumtypen“ ein. Allerdings wurden nach Ansicht der Leipziger Richter „nicht in ausreichendem Maße“ alternative Trassenführungen geprüft.

Und deshalb rügen nun Nabu und BUND, dass „eine ergebnisoffene Alternativenprüfung“ noch immer fehle. „Die Fledermäuse sind nur die halbe Miete“, mahnt Bielfeldt. Sie gehe aber davon aus, dass das Land „an einem rechtssicheren Verfahren interessiert ist“. Beide Umweltverbände stünden jedoch „für Gespräche, die das Urteil unterlaufen, nicht zur Verfügung“.

Das ist auch Staatsekretär Nägele klar. Bei der neuen Planfeststellung gehe Sicherheit vor Schnelligkeit, sagte er: „Wir haben nur noch eine Chance, und die muss sitzen. Eine zweite Niederlage vor Gericht will ich nicht riskieren.“ Das sei auch besser so, sagt Bielfeldt: „Wir werden keine Kompromisse zu Lasten unseres Naturerbes machen.“

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