Streit über Edeka-Baupläne in Bückeburg: Raunen im Ratssaal
Die Edeka-Tochterfirma „Bauerngut“ will ein Logistikzentrum im Landschaftsschutzgebiet bauen. Den Streit darüber sollte eine Aussprache beilegen.
In seinem Vortrag erklärte der Geschäftsführer der Firma Bauerngut, Klaus Jeinsen, die Kapazitätsgrenzen am derzeitigen Standort, einige Hundert Meter entfernt von dem geplanten Neubau, seien erreicht. Das Logistikzentrum müsse allerdings zwingend in der Nähe des Produktionsstandorts errichtet werden. Zusätzlich zu den bereits bestehenden 800 Arbeitsplätzen würden 80 neue geschaffen.
Sollte das neue Logistikzentrum nicht auf der Fläche gebaut werden können, hatte Bauerngut zuvor damit gedroht, sein gesamtes Werk an einen anderen Standort zu verlegen. Für die Stadt Bückeburg würde das den Verlust eines ihrer größten Unternehmen bedeuten. „Sollte Bauerngut weggehen müssen, wäre das für unsere Mitarbeiter ein Schlag ins Gesicht“, sagte Jeannette Korzak, eine Mitarbeiterin der Firma Bauerngut, die ebenfalls auf dem Podium saß.
Für die Umwandlung des Landschaftsschutzgebietes in Bauland hatte die Stadt Bückeburg im April einen Antrag beim Kreisausschuss gestellt, der von dem Gremium auch bewilligt wurde. Zu dem umstrittenen Vorhaben hatten die Stadt rund 700 Stellungnahmen aus der Bevölkerung erreicht, die nun nach und nach beantwortet werden sollen. An diesem Abend interessierte die Bürger*innen vor allem, ob Alternativflächen geprüft wurden, ob eine Erweiterung des Grundstücks in Zukunft geplant sei und ob es durch das neue Zentrum zu einem zusätzlichen Lkw-Verkehr kommen wird.
Andreas Frenzel-Rückert, „Wir lieben Bückeburg“
Die Gegner*innen des Logistikzentrums haben sich zu der Initiative „Wir lieben Bückeburg“ zusammengeschlossen. Ihre Onlinepetition wurde bisher von rund 1.700 Menschen unterschrieben. Andreas Frenzel-Rückert, Mitglied der Initiative, betonte im Gespräch mit der taz: „Wir haben nichts gegen ein Hochregallager im Industriegebiet, sondern nur gegen ein Lager im Landschaftsschutzgebiet.“ Die Initiative befürchtet, dass nach einem Bau in diesem einen Fall zukünftig schnell auch weitere angrenzende Flächen in Bauland umgewandelt werden könnten.
Welche Ausgleichsflächen für die Baumaßnahme geschaffen werden sollen, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt. In dem Landschaftsschutzgebiet waren bodenbrütende Feldlerchen entdeckt worden, die bei einem Bau umgesiedelt werden müssten. Ob der geplante Neubau auch negative Auswirkungen auf die umliegenden Landschaftsschutzgebiete haben wird, kann eine Vertreterin des Landkreises allerdings nicht abschließend beantworten. „Wir können das erst bewerten, wenn alles vorliegt.“
Als ein Bürger während der Fragerunde anmerkte, dass die Firma Bauerngut die Baufläche bereits 2019 erworben habe, ging ein Raunen durch den Saal. Offensichtlich war vielen der Anwesenden diese Tatsache nicht bekannt. Auf telefonische Rückfrage der taz bestätigte Björn Sassenberg von der Stadt Bückeburg allerdings, dass eine Sicherung der Grundstücksfläche bereits 2019 erfolgt sei. Dies sei ein normaler Vorgang, denn schließlich sei so ein Bauvorhaben mit erheblichen Kosten für die Firma Bauerngut verbunden.
Nach rund drei Stunden hitziger Diskussion erklärte Bürgermeister Reiner Brombach (SPD) schließlich: „Wir tun alles, um die unterschiedlichen Belange in Einklang zu bringen.“ Bauerngut-Geschäftsführer Klaus Jeinsen zeigte sich auch am nächsten Tag noch zufrieden mit der ergebnislosen Aussprache. „Ich bin froh, dass bei der gestrigen Informationsveranstaltung alle Interessensgruppen an einen Tisch gekommen sind.“
Andreas Frenzel-Rückert von „Wir lieben Bückeburg“ ist nach der Infoveranstaltung hingegen ernüchtert: „Es gab nur wenige Neuigkeiten und wenig Tiefe.“ Außerdem zweifelt er auch an den Möglichkeiten, dort tatsächlich gehört zu werden: „Ich habe den Eindruck, dass die Stadt ihre Entscheidung zum Bau bereits 2019 getroffen hat“, sagt er. Die Initiative will sich darum auch weiter gegen das Logistikzentrum einsetzen. „Wir bleiben weiter aktiv“, betont Frenzel-Rückert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit