Streit in der Union um die Obergrenze: „Atmender Deckel“ ist „Totgeburt“
Sowohl Angela Merkel als auch Horst Seehofer haben einen Vorschlag aus den eigenen Reihen abgelehnt. Die Obergrenze sollte jährlich neu berechnet werden.
Die beiden Innenexperten Stephan Mayer (CSU) und Armin Schuster (CDU) hatten den beiden Parteivorsitzenden das Konzept eines „atmenden Deckels“ vorgeschlagen. In einem Brief regten sie schon vor Monaten an, die Kapazität zur Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland jedes Jahr neu zu berechnen und an die Zahl der Neuankömmlinge des Vorjahres zu koppeln. Eine feste Obergrenze sollte es nicht geben.
Laut Bild hat dieser Vorschlag jedoch keine Chance. Die Idee sei eine „Totgeburt“, hieß es dem Bericht zufolge in Seehofers Umfeld. Die CSU bestehe auf einer starren Obergrenze, um den Wählern eine klare Perspektive zu bieten.
Merkel wiederum fürchte vor allem einen jährlich neuen, öffentlichen Poker um die Flüchtlingszahlen, den man gegen die AfD nur verlieren könne, berichtet das Blatt unter Berufung auf Kreise der CDU-Innenpolitiker.
Seehofer macht die Obergrenze mit einer maximalen Zuwanderungszahl von 200 000 Flüchtlingen pro Jahr zur Bedingung für eine Koalitionsbeteiligung im Falle eines Sieges bei der Bundestagswahl im Herbst. Merkel wiederum lehnt eine Obergrenze kategorisch ab. Zuletzt war auch aus den Reihen der Union der Druck auf die Parteichefs gewachsen, den Streit endlich zu beenden.
Österreich fordert EU-Obergrenze
Zum Abschluss ihrer Klausurtagung im oberbayerischen Kloster Seeon erwarten die CSU-Bundestagsabgeordneten an diesem Freitag Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Auch mit ihm wollen sie über Sinn und Rechtmäßigkeit einer Obergrenze sprechen.
Österreich fordert inzwischen eine Flüchtlingsobergrenze für alle Länder der Europäischen Union. Das berichtet Bild unter Berufung auf ein Konzept von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil.
„Es geht darum, die verfehlte europäische Asylpolitik zu beenden: Wir müssen uns alle eingestehen und ehrlich sagen, dass die Aufnahmekapazitäten in der EU begrenzt sind“, sagte der SPÖ-Politiker dem Blatt. „Wir müssen die illegalen Einreisen unterbinden.“ Im Gegenzug solle es nur noch ein geordnetes System der legalen Einreise für Asylberechtigte geben. Asylanträge sollten nur noch außerhalb der EU gestellt werden dürfen.
Die Regierung in Wien will das Konzept dem Bericht zufolge in Kürze in Brüssel einbringen. Es sehe explizit auch die Einführung von Flüchtlingsobergrenzen in jedem EU-Land vor.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge