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Streit in der Saarland-LinkenKeine Stimme von Oskar und Sahra

Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht rufen zur Nichtwahl ihrer Partei im Saarland auf. Es gibt Streit um gekaufte Stimmen.

Lafontaine und Wagenknecht auf dem Sommerfest der Linken 2016 Foto: Becker&Bredel/imago

Frankfurt am Main taz | Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine gehen auf Konfrontation. Die beiden prominentesten Linken aus dem Saarland rufen dazu auf, den Spitzenkandidaten der eigenen Landespartei, den Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze, nicht zu wählen. Jede Stimme für die Linke im Saarland bei der kommenden Bundestagswahl sei eine Stimme für Lutze „und damit für eine Politik und ein Verfahren innerparteilicher Willensbildung, die von Sahra Wagenknecht und mir grundsätzlich abgelehnt werden“, erklärte Lafontaine zum Wochenbeginn.

Nach dem Desaster bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt erreichen die heftigen Auseinandersetzungen im bislang erfolgreichsten Westlandesverband der Partei einen neuen Höhepunkt. Am Sonntag hatte sich Lutze, seit 2009 Bundestagsabgeordneter und aktueller Linken-Landesvorsitzender, bei der Entscheidung über Platz eins der saarländischen Landesliste gegen den 27-jährigen Landtagskandidaten Dennis Lander durchgesetzt, nach schmutziger Personaldebatte.

Der Landesversammlung in Neunkirchen vorangegangen war bereits ein heftiger Schlagabtausch zwischen den verfeindeten Lagern um Lafontaine und der von ihm geführten Landtagsfraktion auf der einen und dem Landesvorstand unter Lutzes Vorsitz auf der anderen Seite. Lafontaine hatte Lutze aufgefordert, auf eine Kandidatur zu verzichten, weil die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen Manipulationsvorwürfen ermittle. Lutze und der Landesvorstand wiederum hatten Lafontaine den Parteiaustritt und den Verzicht auf sein Landtagsmandat nahegelegt.

Mit Lutzes Wahl am Wochenende habe sich erneut „das Betrugssystem wie bei den zurückliegenden Aufstellungsversammlungen durchgesetzt“, argumentiert Lafontaine nach dem Showdown, dem er selbst ferngeblieben war. Lafontaine spricht erneut von „betrügerischen Machenschaften“. Gegenüber der taz habe Lutze 2018 zugegeben, „für fünf bis sechs Mitglieder eine Patenschaft übernommen“ zu haben. „Heute ‚hilft‘ er vermutlich eher 50 bis 60 Mitgliedern bei der Beitragszahlung und einige seiner Unterstützer ‚helfen‘ bei der Rekrutierung fingierter Mitglieder ebenfalls. Das erklärt das Wahlergebnis in Neunkirchen“, so Lafontaine.

Lutze ist sich keiner Schuld bewusst

Nach einer Strafanzeige der früheren Landesvorsitzenden Astrid Schramm ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Urkundenfälschung. Es geht um eine Liste von Beitragszahlungen in Höhe von insgesamt 1.286 Euro, die der frühere Lutze-Mitarbeiter Mekan Kolasinac im Auftrag und aus dem Budget Lutzes bei der Landesgeschäftsstelle mit fingierten Beitragsquittungen eingezahlt haben will, um deren Stimmberechtigung zu sichern.

Außerdem habe er bei der letzten Kandidatenaufstellung gesehen, wie MitarbeiterInnen Lutzes „braune Umschläge mit 50 Euro“ verteilt hätten, als Belohnung für die Stimmabgabe. Lutze weist die Vorwürfe zurück.

Kolasinac behauptet inzwischen zudem, er sei von Lutze aus Mitteln der Bundestags für Parteiarbeiten bezahlt worden. Auch das dementiert der Bundestagsabgeordnete: „Ich trenne Parteiarbeit und Arbeit als Mandatsträger bestmöglich!“, so Lutze zur taz. Auch diese neuen Vorwürfe prüft inzwischen die Staatsanwaltschaft. Ein Ende der Vorprüfung sei noch nicht abzusehen, erklärte die Behörde am Dienstag auf taz-Anfrage.

Der Streit ist nunmehr auch in der Bundespartei angekommen: „Ich finde es falsch, dazu aufzurufen, die Linke nicht zu wählen“, sagte Dietmar Bartsch, Linke-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch der ehemalige Linken-Bundesvorsitzende Bernd Riexinger erklärte dem RND seinen Unmut: „Man kann nicht als Fraktionsvorsitzender dazu aufrufen, die eigene Partei nicht zu wählen“. Und weiter: „Wenn einem der Kandidat nicht gefällt, dann muss man sich eben bemühen, Mehrheiten für einen anderen Kandidaten zu gewinnen,“ so Riexinger.

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11 Kommentare

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  • Auch ohne den Sündenbock Lafontaine, der ja absolut schuldig ist, dass die SPD n i e m a l s mit der Linken zusammenarbeiten will und er nun auch noch die Linke seziert, wie weiland die SPD; die Linke, als Berliner hipster-Partei mit grünveganen Ambitionen, schafft es spielend allein sich selbst zu versenken. Saßen diese "Profipolitiker" damals noch allein auf der Couch für die Sofa-Sozialisten, so ist jetzt kein Platz mehr frei. Wenn die Grünen aufstehen um als die verlorenen Söhne und Töchter mit der gescholtenen Elternpartei CDU/CSU elitäre Politik für "Leistungsträger" zu machen, dann sind die frei werdenden Plätze auf dem Sofa sofort von Kevin Kühnert und seiner Entourage schon belegt worden.

    Theo W. Adorno und sein Satz: "...es gibt kein richtiges Leben im falschen..." gilt noch immer, es wäre ja ein Paradoxon gäbe es eine sozialistische Gesellschaft im Kapitalismus. Doch auch bei der Linken stirbt die Hoffnung als letztes - und das schon seit fast 20 Jahren.

  • Was ein gescheiterter Verein. Fingierte Beitragszahlungen aus dem Budget Lutzes zu begleichen, ist nicht der Hit. Und 50€ Scheine in braunen Umschlägen, hätten es nicht wenigstens rote Umschläge sein können. Wir hoffen bald zu wissen, was der Sachstand ist.

    • @Picard:

      Gefällt mir !



      Gut gebrüllt Löwe... äh @Piocard

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Oskar hat recht und Sahra ist die einzige Linke, der man im TV noch zuhören kann.

    • @05838 (Profil gelöscht):

      Querfront, Links ist etwas anderes.

  • Aufschlussreich, dass Herr Riexinger einem Dauer-MdB im Visier der Staatsanwaltschaft beispringt...

  • Die Linke hat eine Laus im Pelz - na und, es sind nicht die Presse oder die Schandmäuler aus den anderen Parteien, die das Dilemma aufgedeckt und die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen haben.



    Es war die Linke selbst. Kann man sich das von den anderen Parteien vorstellen? Eindeutig nein! Da gäbe es die übliche Mischung aus verdrehen, verschweigen und lügen.

  • Ich schwanke, als nicht Linksanhänger ob ich mich in den Zynismus, Schadenfreude treiben lasse oder mit dieser speziellen Materie beschäftigen sollte.



    Sahra haut mich da wieder raus. In der Talkshow A.W., ihre Reaktion auf diesen ekelhaften Beitrag, Bild auf Pizza-Karton(Anne Frank). Das Verstummen des verblödeten Tino Chrupalla, hält mich was Sahra anbelangt, noch etwas linkisch.



    a little bit

  • "Außerdem habe er bei der letzten Kandidatenaufstellung gesehen, wie MitarbeiterInnen Lutzes „braune Umschläge mit 50 Euro“ verteilt hätten, als Belohnung für die Stimmabgabe. Lutze weist die Vorwürfe zurück."

    Alter Verwalter, immer weiter so. In welcher Geschwindigkeit, die sich zerlegen, das ist schon atemberaubend. Keine Ahnung, ob das ein Verlust ist.

    • @Jim Hawkins:

      🥚jòò 🥚jòò - Dr. 🪖 🥬 hat - mein Ehrenwort - wieder mal recht:

      “Die Pälzer inne Palz!



      Die Saarländer inne Saar!“



      Zum Löschen - Honis Schalmeien-Chor -



      (not availble) => Die Milkauer Schalmeien beim Feuerwehrfest in Mitterteich - danach erst - inne Saar - ok



      m.youtube.com/watch?v=FLzMCPGno98



      (Fehlt nur Udos Jacke !;)

      • @Lowandorder:

        Das ist ja fast schon Guggenmusik!

        www.youtube.com/watch?v=o3-ZnIX19AM

        Da kochen in Oberschwaben in der Fasnet die Hallen.

        Und kein "Lafo" (BILD) weit und breit. Ich möchte den und seine Holde ja mal, aber seit einer ganzen Weile....

        No way, lieber Mutti forever.