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Streit in Chinas ParteiführungDas Dilemma des Xi Jinping

KP-Chef Xi ist der mächtigste Politiker Chinas seit Langem. Doch mit seinem Vorgehen gegen Korruption hat er sich viele Feinde gemacht.

Stabilität und Harmonie: Mao und Xi an einem Souvenirstand in Peking Foto: reuters

BERLIN taz | Derzeit vergeht kaum ein Tag, an dem Chinas Volkszeitung nicht die Errungenschaften des KP-Vorsitzenden Xi Jinping preist. Er eine die Kommunistische Partei, schreibt deren Zentralorgan, er sorge für Stabilität und bringe Harmonie in die Gesellschaft. Solche Huldigungen häuften sich bisher immer dann in den Staatsmedien, wenn es in der KP-Spitze ernste Probleme gab. Das scheint auch jetzt so zu sein. „Der Lobgesang auf seine Person deutet darauf, dass Xi nicht alles unter Kontrolle hat“, vermutet Zhang Lifan, ein früherer Historiker der Akademie der Sozialwissenschaften.

Über diese führungsinternen Konflikte erfährt die Öffentlichkeit kaum etwas. Die kontrollierten Medien berichten nur, dass an diesem Montag die „6. Plenartagung des 18. Zentralkomitees des Kommunistischen Parteikongresses“ begonnen hat. Dabei werde es um „Parteidisziplin“ gehen.

Fünf Jahre ist Xi nun im Amt. Seitdem bekämpft er mit harter Hand die Korruption im Land. Mehr als eine dreiviertel Million Chinesen wurden seit Beginn der Kampagne schon belangt. Tausende KP-Kader wurden verurteilt, darunter Minister und Gouverneure.

Xi begründet seine Härte damit, dass die Legitimität der Kommunistischen Partei auf dem Spiel steht. Tatsächlich erschüttert die Korruption der letzten Jahre die Partei bis in den innersten Zirkel. Es geht zum Teil um Hunderte Milliarden US-Dollar, die Spitzenkader in den Jahren zuvor veruntreut und ins Ausland gebracht haben. Entsprechend viele Feinde hat Xi. „Er hat Leute aus so ziemlich allen Fraktionen gegen sich aufgebracht“, sagt Zhang.

Huldigungen der Staatsmedien wie zur Zeit für Xi Jinping häuften sich früher immer dann, wenn es in der KP-Führung ernste interne Probleme gab

Derzeit geht Xi besonders hart gegen die Fraktion vor, die sich aus der Kommunistischen Jugendliga kennen, Chinas mit 80 Millionen Mitgliedern größter Jugendorganisation. Zahlreiche Funktionäre hat er schon abgesetzt. Zudem soll er höchstpersönlich veranlasst haben, der Liga die Gelder um die Hälfte zu kürzen. Doch auch die Parteieliten, die ihn an die Macht gebracht haben, sind unzufrieden mit ihm. „Es gibt eindeutig Widerstand innerhalb des Systems“, sagt Zhang.

Um seine Ämter muss Xi akut nicht bangen. Bis zum 20. Parteitag 2022 wird er laut den Parteigepflogenheiten Staats- und Parteichef bleiben. Doch bereits auf dem nächsten Parteitag 2017 werden viele Schlüsselpositionen neu besetzt, darunter altersbedingt mindestens fünf der sieben Posten im mächtigen Ständigen Ausschuss des Politbüros. Derzeit positioniert Xi seine Anhänger, damit sie in einem Jahr auf die vakanten Posten nachrücken.

So erfolgreich Xi bisher die Partei unter seine Kontrolle gebracht hat, hat er damit ein neues Problem geschaffen: Schon seit einiger Zeit lässt sich beobachten, dass sein zentralisierter Führungsstil den Staats- und Parteiapparat unbeweglich macht. Beamte und Parteisekretäre trauen sich nicht mehr, Entscheidungen zu fällen. Reformen bleiben auf der Strecke. Ein Dilemma. Denn das wiederum schwächt Xis Autorität.

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7 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Fortsetzung folgt:

     

    Klassenkampf in Chinas bourgeoissozialistischer Korruptions-, Staats- und Parteiführung!

     

    Chinas Xi Jinping geißelt Korruption und Verschwörung in der (antikommunistischen) Konvergenzpartei (KPCh)

     

    Es gäbe noch einige vordringliche Probleme zu lösen, darunter fragwürdige Loyalität mancher Parteimitglieder, einschließlich führender Parteikader. Dieser nicht namentlich benannten Gruppe warf Xi zahlreiche Vergehen vor, darunter Mangel an Disziplin, Volksferne, Willkür und Passivität, interne Querelen, Raffgier, Individualismus, Hedonismus und Extravaganz.

     

    Vetternwirtschaft und Wahlmanipulationen bestünden in der Partei fort und einige Parteikader betrieben ein Geschachere um Posten und Beförderungen. Machtmissbrauch, Korruption und Verstöße gegen Gesetze und Parteidisziplin hätten sich ausgebreitet.

     

    Insbesondere habe sich eine Handvoll leitender Parteifunktionäre, angetrieben von politischen Gelüsten und Machtgier, in Cliquen organisiert um selbstsüchtige und egoistische Ziele zu verfolgen.

     

    27 führende Institutionen, darunter Justizorgane, Regierungsbehörden, Staatsmedien, der oberste Gerichtshof, die oberste Staatsanwaltschaft, die Parteihochschule, das Staatsfernsehen und das chinesische Rote Kreuz müssten genauer untersucht werden.

     

    Quelle: CIIC, Beijing http://german.china.org.cn/txt/2016-11/03/content_39628272.htm

  • „Kein Prozess vor dem IStGH hätte jemals stattgefunden, wenn nicht das Herkunftsland des Angeklagten es gewünscht hätte“

     

    Genau das ist der Geburtsfehler des IStGH! Denn welcher regierende Völkermörder wird sich schon selbst nach den Haag verfrachten. Und um zu vermeiden, dass er je dort landet, begeht er weitere Verbrechen, um einen Machtwechsel in seinem Land zu verhindern!

     

    Bekanntlich kommt die Kritik „von denen, die ihn zu fürchten haben – nicht aber von den Opfern der Verbrechen. Für sie ist der Strafgerichtshof die einzige Hoffnung auf Gerechtigkeit.“ (Wikipedia)

     

    Die Liste derjenigen, die ihn fürchten (müssen), ist lang und bunt: Allen voran die USA, aber auch China, Indien, Irak, Iran, Israel, Kuba, Nordkorea, Pakistan, Russland, Syrien, … haben das Statut des IStGH nicht ratifiziert. Nun wird die Liste noch länger, weil einige glauben, sie können sich dadurch von Strafverfolgung frei machen!

  • Es fällt auf, dass die chinesischen Kommunisten viel von Bekämpfung der Korruption reden, aber die Ursachen der Korruption verschweigen. Und die bestehen eben darin, dass Parteikader viel bessere Möglichkeiten als die einfachen-Chinesen haben, eigene Interessen zu realisieren.

     

    Solange der Betreffende für die Führung von Nutzen ist, wird man ein Auge zudrücken. Fällt er aber aus irgendeinem Grund in Ungnade, ist es umso einfacher, ihn mit Hilfe von Korruptionsvorwürfen loszuwerden.

  • Chinas vergeblicher Kampf gegen die permanente Korruption der antikommunistischen Konvergenzpartei (KPCh).

     

    Am vorletzten Montag lief die Pilotfolge der Serie „Der permanente Kampf gegen die Korruption“ im chinesischen Fernsehen. Mit tränenreichen Geständnissen und einer Fülle an Details liefert der Blockbuster abschreckende Beispiele und ist zugleich ein Aufklärungsstück.

     

    Eine achtteilige Dokumentarfilmreihe, die im nationalen Fernsehen gesendet wird, vermittelt eine umfassende Sicht auf ihre Geschichten, einschließlich tränenreicher Momente der Reue und sogar Verwunderung über die eigenen Handlungen, welche ihnen ein piekfeines Leben auf Kosten der Öffentlichkeit ermöglichten.

     

    „Ich habe nie erwartet, dass ich so enden würde”, erzählt der 63-jährige ehemalige Spitzenbeamte Zhou Benshun aus der Provinz Hebei vor der Kamera. „Ich wuchs in einer armen Familie auf und durchlebte seit meiner Kindheit viele Härtezeiten. Seit meiner Jugend hasste ich korrupte Beamte, wurde aber schließlich selbst zu einem.” Im Oktober begannen die Ermittlungen gegen Zhou. //

     

    Der 70 Jahre alte Bai Enpei, ehemaliger Spitzenbeamter in der Provinz Yunnan, erhielt für ein Grundstück ein Jadearmband im Wert von 15 Millionen Yuan (2 Millionen Euro). //

     

    In der zweiten Episode, die am Dienstag gesendet wird, werden die Geschichten von Wan Qingliang, ehemaliger Parteisekretär von Guangzhou, Hauptstadt der Provinz Guangdong, und Gu Chunli, ehemaliger Vizegouverneur der Provinz Jilin, erzählt.

     

    Quelle: China Internet Information Center (CIIC, Beijing), people.cn,

    • @Reinhold Schramm:

      Nachtrag.

       

      „Panama Papers“ geben Hinweise auf Verflechtungen

      hochrangiger chinesischer Politiker

       

      Im ungeschminkten Wortlaut.

       

      >Konkret geht es demnach in den Panama Papers neben dem Schwager von Xi Jinping, der bereits 2012 für Schlagzeilen sorgte, auch um die Tochter des ehemaligen Premierministers Li Peng, die Enkelin von Jia Qinglin, der bis 2012 im Ständigen Ausschuss des Politbüros saß und Vorsitzender der Politischen Konsultativkonferenz war, sowie um Bo Xilai, den ehemaligen Parteichef von Chongqing, der 2013 zu lebenslanger Haft verurteilt wurde – ebenso wie seine Ehefrau Gu Kailai. Ihr wird vorgeworfen, den Briten Neil Heywood ermordet zu haben, der

      über ihre Briefkastenfirmen umfassend informiert gewesen sei. Nach seinem Tod versuchte Gu, - so belegen aus Sicht der Süddeutschen Zeitung die Panama Papers - ihn zum alleinigen Geschäftsführer und Anteilseigner der Briefkastenfirma zu machen.

       

      Im Falle von Li Pengs Tochter Li Xiaolin falle besonders auf, dass sie bereits 1994 riesige Summen Geld auf die Britischen Jungferninseln verschoben habe, als ihr Vater noch Premier war.

       

      [Ein Auszug.]

       

      China Update Nr. 7/2016 (25. März – 7. April 2016) http://www.merics.org ...

      • @Reinhold Schramm:

        Nachschlag,

        zum Bourgeois-"Sozialismus chinesischer Prägung".

         

        Kein Witz: 30 Minuten „frische Luft“ plus Atemmaske für 7,90 Euro

         

        »Eine Firma, die Luft aus einem Urwald in Nordchina in Flaschen verkauft, verzeichnet nach

        der Verschlechterung der Luftqualität in China ein Umsatzhoch.«

         

        Quelle: China Internet Information Center (CIIC, Beijing), german.china.org.cn am 26.10.2016. Verkauf abgefüllter Luft erfährt in

        China Umsatzhoch.

         

        Siehe ungeschminkt: http://german.china.org.cn/txt/2016-10/26/content_39572068.htm

  • Eine Volksdemokratie mit nur einer Partei - eine kommunistische Partei die den Kapitalismus predigt in einem Land in dem es so wichtig ist das Gesicht zu wahren..

    An China sieht man das wir alle tief in historisch bedingten Zusammenhängen stecken und noch einen langen Marsch vor uns haben.